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Künstliche Intelligenz wird das Gesundheitswesen erheblich verändern – aber kann sie auch Ärztinnen und Ärzte ersetzen?
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Ist künstliche Intelligenz die bessere Ärztin?

Künstliche Intelligenz übernimmt im Gesundheitswesen bereits wichtige Aufgaben in der Prävention, Diagnosestellung und Pflege. Doch kann die Technologie Ärztinnen und Ärzte aus Fleisch und Blut ersetzen? Ein Experte und eine Expertin geben Auskunft über Chancen und Risiken.

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Künstliche Intelligenz, Medizin, Ärztin
Getty Images

Dr. Google hat ausgedient. Neu wird seine Rolle immer öfter von Chatbots wie ChatGPT übernommen, die künstliche Intelligenz einsetzen, um die Fragen ihrer Nutzer zu beantworten. Musste man sich früher anhand von Google-Vorschlägen durch unzählige mehr oder weniger seriöse Websites kämpfen, um dann meist bei einer beunruhigenden Diagnose zu landen, erhält man heute von ChatGPT mit einem Klick eine Antwort, die anhand diverser Informationen aus dem Internet zusammengestellt wurde. 

Hier zwei Beispiele:

ChatGPT

ChatGPT zu Symptomen, die das Auge betreffen.

Printscreen
ChatGPT

ChatGPT zu unspezifischen Symptomen.

Printscreen

Im ersten Fall handelt es sich um Symptome, die unter anderem bei einer Bindehautentzündung auftreten, beim zweiten um unspezifische Symptome, die auf einen Herzinfarkt hindeuten können, aber eben auch auf andere gesundheitliche Beschwerden. ChatGPT gibt in beiden Fällen – zurecht – keine genaue Diagnose ab, rät jedoch, eine Fachperson aufzusuchen. Je exakter die Fragen gestellt werden, desto besser kann ChatGPT antworten. In diesen fiktiven Fällen hätte es diverse weitere Eingaben benötigt.

Obwohl ChatGPT bei richtiger Anwendung schon sehr gut ist, wird deutlich, dass die App momentan zwar Dr. Google schlägt, Fachpersonen aber noch keine Konkurrenz macht, wenn sie von Laien genutzt wird. Userinnen und User sollten sich bewusst sein, dass nicht alle Antworten von ChatGPT korrekt sind. In Zukunft könnten aber zertifizierte Symptom-Tracker Apps beispielsweise Notfallstationen entlasten, indem sie ihre Anwender darüber informieren, ob es sich bei den Beschwerden um einen Notfall handelt oder nicht.

KI ist bereits im Gesundheitswesen angekommen

ChatGPT ist jedoch nur eines von unzähligen Tools, das mit künstlicher Intelligenz arbeitet. Die Technologie hat bereits in verschiedenen Formen und Bereichen Einzug in die Medizin gehalten und wird sich künftig laut Expertinnen und Experten noch viel stärker ausbreiten. 

Alfred Angerer, Gesundheitsökonom und Co-Direktor des Digital Health Labs der ZHAW, sagt: «Künstliche Intelligenz ist da und wird grösser werden.» Er ist davon überzeugt: «Es ist das Beste, das dem Gesundheitswesen passieren kann, dass sich KI immer mehr durchsetzt.» Sie biete die Chance, die Qualität zu erhöhen und das Personal zu entlasten. Auch Claudia Witt, Co-Direktorin der Digital Society Initiative der Universität Zürich sowie Ärztin und Epidemiologin, sieht grosses Potenzial. Momentan werde künstliche Intelligenz in der Praxis am meisten im Bereich der Analyse medizinischer Bilder eingesetzt: «KI kann Ärztinnen und Ärzte dabei unterstützen, Röntgenaufnahmen, MRT- und CT-Scans auszuwerten.» Dies könne die Effizienz der Diagnose verbessern und die Genauigkeit erhöhen.

Claudia Witt

Claudia Witt ist Co-Direktorin der Digital Society Initiative der Universität Zürich sowie Ärztin und Epidemiologin.

ZVG

Weiteres Potenzial sieht Claudia Witt in der Prävention von Krankheiten. Dies etwa, indem KI grosse Mengen von Gesundheitsdaten analysiert, Muster und Anomalien entdeckt und so hilft, Krankheiten in einem frühen Stadium zu erkennen. «Ausserdem kann KI Fachpersonen dabei unterstützen, das Risiko von Krankheiten bei einzelnen Personen einzuschätzen, indem sie Daten wie Krankenvorgeschichte, Lebensstilfaktoren und tägliche Aktivitäten wie zum Beispiel Bewegung analysiert», sagt Claudia Witt. Auf dieser Grundlage könnten personalisierte Präventionsstrategien entwickelt werden.

Welche Chancen KI im Bereich der Prävention bietet, zeigt etwa eine Studie der Universität Lund in Schweden. Diese kam zum Schluss, dass durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz 20 Prozent mehr Brustkrebsfälle entdeckt wurden als bei einem Standard-Screening. Ein anderes Beispiel: In Kopenhagen wird KI bei Anrufen in die Notfallstation genutzt. Die Anrufenden sprechen zwar mit einem Menschen, «die Maschine hört aber mit», erzählt Alfred Angerer. Sie schlage der Fachperson Fragen vor, nehme die Antworten auf und berechne die Wahrscheinlichkeit eines Herzstillstandes. So könne lebenswichtige Zeit gespart werden.

Alfred Angerer

Alfred Angerer ist Gesundheitsökonom und Co-Direktor des Digital Health Labs der ZHAW.

ZVG

Auch im Bereich von Betriebsabläufen sehen Alfred Angerer und Claudia Witt vielfältige Möglichkeiten. Claudia Witt sagt: «KI kann Krankenhäuser und andere Gesundheitseinrichtungen unterstützen, indem sie beispielsweise die Ressourcennutzung optimiert, Wartelisten verwaltet und Vorhersagen zu Patientenaufkommen trifft.» Im Kantonsspital Luzern wird etwa seit kurzem der Dienstplan mit künstlicher Intelligenz erstellt. «Das klingt banal, spart dem Führungspersonal aber zwei bis drei Tage pro Monat», sagt Alfred Angerer. Auch Pflegende könnten massiv von KI-Tools profitieren. Am Felix-Platter-Spital in Basel läuft aktuell ein Experiment, bei dem Pflegefachpersonen das Tablett mit dem Menü eines Patienten vor und nach der Mahlzeit fotografieren. Die KI berechnet dann, wie viele Nährstoffe aufgenommen wurden.

Alfred Angerer sieht zudem Chancen im Bereich der Forschung: «Die Entwicklung eines neuen Medikamentes dauert oft zirka zehn Jahre und kostet rund eine Milliarde Franken», sagt er. Könnte nun KI einen Grossteil von Daten auswerten und darauf hinweisen, auf welches Molekül oder Eiweiss man sich bei der Entwicklung fokussieren soll, würde das wichtige Zeit und viel Geld sparen.

Künstliche Intelligenz stösst auch an Grenzen

Doch bei all diesen Möglichkeiten: Wo liegen die Grenzen von künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen? Claudia Witt sagt dazu: «Die primären Grenzen von KI in der Medizin sind aktuell durch die Verfügbarkeit und Nutzungsrechte von Daten gegeben.» Damit KI gut funktioniert, ist sie auf möglichst viele Daten angewiesen. Diese müssen aber auch geschützt werden. Alfred Angerer sieht den Datenschutz als regulatorische Hürde, die überwindbar ist, indem klar definiert wird, was erlaubt ist und wie die Daten anonymisiert werden. Damit KI künftig ihr volles Potenzial ausschöpfen kann, müssten zudem Daten, die bereits an unterschiedlichen Stellen vorliegen, miteinander verknüpft werden. Er gibt zu bedenken: «Im Grunde geht es nicht darum, Daten, sondern Menschen zu schützen.» Weiter findet er: «Lassen wir aus Angst davor, was mit den Daten passieren könnte, keine Innovationen zu, verhindern wir einen grossen Nutzen.»

Das Body & Health Lab

Im Body & Health Lab beschäftigen wir uns mit aktuellen Themen aus den Bereichen Mental Health, Body Science sowie Innovation und Digitalisierung. Welche Technologien, Trends und Therapien sind richtungsweisend? Was tut sich gerade in der Forschung? Und wer sind die Menschen dahinter? Fundiert recherchierte Artikel geben Auskunft. Unterstützt werden wir dabei von unserem langjährigen Partner Toyota. Auch Toyota ist stets bestrebt, neue Lösungen zu finden und Innovationen voranzutreiben mit dem Ziel, unser Leben und unsere Zukunft besser und nachhaltiger zu machen.

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Was KI auch in fernerer Zukunft nicht können wird, ist menschliche Empathie. Claudia Witt und Alfred Angerer gehen darum nicht davon aus, dass künstliche Intelligenz irgendwann Fachpersonen aus Fleisch und Blut ersetzt. Claudia Witt sagt: «Die Fähigkeit, den Patientinnen und Patienten emotionale Unterstützung zu bieten, sowie menschliche Intuition und Berührungen, sind wichtige Bestandteile der medizinischen Versorgung.» Sie ist der Meinung: «Ärztinnen und Ärzte werden nach wie vor eine wichtige Rolle spielen, aber ich gehe davon aus, dass sich unser Beruf durch KI sehr verändern wird.» Dazu zähle etwa, dass medizinisches Personal viel mehr digitale Kompetenzen benötigt, um KI anwenden zu können und um den Patientinnen und Patienten zu erklären, was KI genau macht.

Alfred Angerer sagt dazu: «Künstliche Intelligenz wird nicht den Job von Ärztinnen, Ärzten und Pflegenden übernehmen, aber vielleicht ein Mensch, der gut mit KI umgehen kann.» Auch er erwartet, dass sich die Berufe im Gesundheitswesen stark verändern, aber es werde immer jemanden brauchen, der die Gesamtverantwortung trägt: «Wir wollen nicht von einer Maschine hören, dass wir an einer tödlichen Krankheit leiden.»

ChatGPT ist mit Fachpersonen einig

Und was meint ChatGPT dazu, ob künstliche Intelligenz künftig Ärztinnen und Ärzte ersetzen kann? Die Antwort fällt ähnlich aus, wie jene der Fachpersonen Claudia Witt und Alfred Angerer.

ChatGPT schreibt:

ChatGPT

ChatGPT sieht sich nicht als Konkurrenz für Fachpersonen.

Printscreen

Weiter meint ChatGPT: «Es wird erwartet, dass künstliche Intelligenz und Ärzte in Zukunft eng zusammenarbeiten, um die Patientenversorgung zu verbessern und die Gesundheitsbranche zu entwickeln.»

Von fei am 26. Mai 2024 - 22:04 Uhr