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Zu viel Alkohol

Macht die Pandemie süchtig? Ja, sagt der Experte

Covid-19 fördert den Alkoholmissbrauch. Dr. Toni Berthel, Psychiater und Suchtexperte in Winterthur, sagt, wie Angehörige helfen können und auf welche Anzeichen man achten muss.

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Closeup side view of a beautiful mid 20's woman working from home on her laptop. home office means some wine is allowed at work.

Fast jede dritte Person berichtet von Alkoholexzessen während der Pandemie. 

Getty Images

Je länger Menschen im Lockdown sind, desto höher wird ihr Alkoholkonsum. Fast jede dritte Person berichtet von Alkoholexzessen während der Pandemie. Als Alkoholexzess gilt ein Konsum von fünf oder mehr Getränken für Männer und vier und mehr für Frauen innerhalb von zwei Stunden. Komasäufer trinken während der Pandemie durchschnittlich vier Getränke pro Gelegenheit, und sie kommen auf bis zu sieben Drinks in zwei Stunden.

In der Schweiz spricht man kaum über psychisches Befinden. Die meisten Menschen haben Angst vor negativen Reaktionen, wenn das Umfeld erfahren würde, dass es ihnen nicht gut geht. Lieber ziehen sie sich zurück und werden von Scham- und Schuldgefühlen geplagt, statt sich Unterstützung zu holen. 300 000 Personen sind in der Schweiz von Alkoholabhängigkeit betroffen. Gut 500 000 haben mindestens eine Person in der engeren Familie mit einem Alkoholproblem. Dazu kommen etwa 100 000 Kinder aus alkoholbelasteten Familien. Viele Genusstrinker stehen vor der Abhängigkeit. Alkohol wirkt direkt auf das zentrale Nervensystem und kann hochgradig abhängig machen.

Die Grenze zwischen Genuss und Sucht ist schmal und rasch überschritten. Der echte Genusstrinker, der nicht wegen der stimmungs- und verhaltensverändernden Wirkung des Alkohols trinkt, ist seltener als angenommen. Viele bezeichnen sich als Genusstrinker, stehen aber tatsächlich vor der Abhängigkeit. Typisch beim Übergang zur Abhängigkeit sind Bagatellisieren und Verheimlichen. Oder wenn man sich zu rechtfertigen beginnt.

Der Alkohol als legale, gesellschaftlich akzeptierte und überall erhältliche Droge bietet sich geradezu an, Ärger zu vergessen, Stress abzubauen, Langeweile zu überbrücken, überhaupt das Leben erträglicher zu machen. Das Gehirn speichert die wohltuende Wirkung und erinnert sich in vergleichbaren Situationen daran – so verlernt man mehr und mehr, Schwierigkeiten nüchtern zu bewältigen. Besonders anfällig ist man bei Einschnitten in der Lebensgeschichte, beim Einstieg in den Beruf, in der Midlife-Crisis, bei der Pensionierung, aber auch bei Brüchen wie Arbeitslosigkeit, Scheidung, dem Auszug der Kinder oder beim Tod von Angehörigen – oder eben im Lockdown.

Wenn Sie sich Sorgen machen um eine nahestehende Person, dann wagen Sie den ersten Schritt, und suchen Sie das Gespräch. Zeigen Sie, dass Sie helfen möchten. Vermeiden Sie jegliche Vorwürfe und Belehrungen.

Das sind Anzeichen für ein gravierendes Alkoholproblem:

  • Jemand ist nicht in der Lage zu kontrollieren, wie viel und wann er oder sie trinkt.
  • Sie oder er fühlt sich gezwungen, Alkohol zu konsumieren, und empfindet unkontrollierbares Verlangen.
  • Die Person muss trinken, um sich normal oder gut zu fühlen.
  • Es müssen immer grössere Mengen konsumiert werden, um die gleiche Wirkung zu erzielen.
  • Aufbewahren von Alkohol an versteckten Orten, etwa bei der Arbeit, im Auto oder im Haus. 
  • Der- oder diejenige trinkt allein oder heimlich.
  • Die Person wird reizbar, wenn sie aus irgendeinem Grund nicht trinken kann.
  • Trotz negativen Folgen im persönlichen oder beruflichen Leben trinkt der oder die Betroffene weiter.
  • Lieber trinken, als sich anderen Dingen zu widmen oder Zeit mit der Familie zu verbringen.
  • Die Person erinnert sich nicht daran, was sie gemacht hat oder wo sie gewesen ist.

Und hier gibts Tipps, wie man es schafft, weniger Alkohol zu trinken. 

Von lm am 6. Juni 2021 - 16:09 Uhr