In der Schweiz erkranken pro Tag 17 Frauen an Brustkrebs – was sind die Risikofaktoren?
PD Dr. Nik Hauser: Es gibt beeinflussbare und nicht beeinflussbare Faktoren. Die nicht beeinflussbaren sind genetisch bedingt. Sprich: Sie werden mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vererbt. Die bekanntesten vererbbaren Mutationen sind die sogenannten BRCA-Genmutationen. Die restlichen Brustkrebserkrankungen sind spontan. Das heisst, die Brustzellen verändern sich und werden vom eigenen Immunsystem nicht als solche erkannt und vernichtet. Stattdessen entwickeln sie sich zu Krebszellen. Mögliche Risikofaktoren sind: Übergewicht, Bewegungsmangel, Nikotin- und Alkoholkonsum, eine langjährige Hormoneinnahme nach den Wechseljahren sowie viele hormonelle Zyklen im Laufe des Lebens. Wir beobachten über die letzten Jahre eine stetige Zunahme an Brustkrebserkrankungen. Das ist leider eine schlechte Nachricht.
Gibt es auch eine gute?
Die Früherkennung und die Therapiemöglichkeiten mit einem gezielten individuellen Einsatz sind fortschrittlicher geworden. Dadurch lässt sich diese Krankheit trotz des vermehrten Auftretens deutlich besser behandeln. Die Heilungsrate liegt heute bei über 90 Prozent, wenn der Brustkrebs früh erkannt wird.
Dann ist Früherkennung also der Schlüssel?
Ja, eine Krebserkrankung, die früh erkannt und behandelt wird, hat tendenziell eine bessere Prognose. Das gilt jedoch nicht für jede Krebsart. Dennoch ist die Früherkennung entscheidend. Darum sind regelmässige Vorsorge- und Selbstuntersuchungen auch so wichtig.
Wie oft sollten Frauen ihre Brüste abtasten?
Wer seine Brüste gut kennt, kann eine Veränderung an oder in der Brust besser und früher feststellen. Die meisten Brustkrebserkrankungen werden selbst entdeckt. Ich empfehle Patientinnen, ihre Brüste einmal pro Monat abzutasten. Frauen, die einen Zyklus haben, sollten das jeweils nach der Menstruation tun, weil dann am wenigsten zusätzliche Flüssigkeitseinlagerungen im Drüsengewebe vorhanden sind. Wichtig ist, die Brust komplett in allen Bereichen und auch die Achselhöhlen abzutasten.
Können neben Knoten auch weitere Symptome auf Brustkrebs hindeuten?
Ja, das Bild einer Brustkrebserkrankung kann sehr unterschiedlich sein. Andere Veränderungen wie Hauteinziehungen, generelle Veränderungen an der Haut oder Brustwarze oder ein Auftreten einer Flüssigkeitssekretion aus den Warzen können ein Zeichen für die Entwicklung einer Brustkrebserkrankung sein.
Gibt es weitere Vorsorgemöglichkeiten?
Jährliche Kontrollen durch eine Gynäkologin oder einen Gynäkologen sind ein Muss. Neben dem Abtasten haben wir verschiedene bildgebende Methoden für die erweiterte Brustuntersuchung zur Verfügung. Die Ultraschalluntersuchung ist bei Vorhandensein eines neuen Befunds meistens die erste Untersuchungstechnik, die eingesetzt wird. Damit können wir sehr gut zwischen gutartigen und verdächtigen Befunden unterscheiden.
Apropos Untersuchungstechnik – wie ist der Stand der Brustkrebsforschung?
Zu den Hauptzielen gehören die Möglichkeiten der «Deeskalationen» in allen Bereichen der Brustkrebsbehandlung. Wir haben gelernt, Therapien individuell angepasst einzusetzen, ohne an Wirkung und Behandlungserfolg zu verlieren. Wir operieren heute beispielsweise zurückhaltender und entsprechend schonender, die Radiotherapie kann in verkürzter Behandlungszeit durchgeführt werden, und bei einigen Patientinnen können wir durch den Einsatz neu entwickelter Testverfahren auf eine Chemotherapie verzichten.
Check:
Das Rückfallrisiko hängt von der Art der Brustkrebszellen und deren Aggressivität ab. Prinzipiell wird zwischen zwei Rückfallsarten unterschieden:
- In der Brust: Bei einem Wiederauftreten der Brustkrebszellen in der Brust oder in den Lymphknoten der Achselhöhlen sind weitere Therapien notwendig. Das Ziel dieser Therapien ist eine erneute Heilung der Krankheit.
- In anderen Organen: Tauchen Brustkrebszellen in anderen Organen des Körpers wie der Lunge, der Leber oder in den Knochen wieder auf, ist meistens keine Heilung der Krebserkrankung möglich. Mit den heute zur Verfügung stehenden Therapiemöglichkeiten ist der Krebs jedoch meistens lange kontrollierbar, um die Lebensqualität der Patientin aufrechtzuerhalten.