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Gute Nacht

Was tun gegen Schlaflosigkeit?

Wer kennt es nicht: Nachts liegt man hellwach im Bett – und schleppt sich hundemüde durch den nächsten Tag. Schlafstörungen sind ein Problem unserer Zeit. Spezialist Arto Nirkko erklärt die Ursachen und sagt, was gegen Schlaflosigkeit hilft.

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Oft haben wir falsche Vorstellungen davon, wie Schlaf sein müsste. Zum Beispiel nimmt der Schlafbedarf ab, je älter wir werden. Durchschlafen ist keine Notwendigkeit.  

PantherMedia / Mitar gavric

Style: Professor Nirkko, Schlafstörungen sind ein häufiges Phänomen. Sind wir ein Volk von Schlaflosen?
Arto Nirkko: Ich würde das nicht so sagen. Viele Leute schlafen zu viel, andere zu wenig. Das ist von Person zu Person verschieden. Es gibt allerdings die Tendenz, dass die Leute heute vermehrt unter einem Schlafmanko leiden, weil sie am Schlaf sparen – zugunsten von Freizeit und Beruf.

Ist es ein Problem unserer Zeit?
Das Schlafmanko wird von uns selbst verursacht – das ist das Problem unserer Zeit: Vor dem elektrischen Licht konnte man nicht bis morgens um zwei Uhr fernsehen, lesen oder am Computer spielen. Das Manko hat eindeutig zugenommen.

Haben wir denn falsche Vorstellungen davon, wie Schlaf sein müsste?
Häufig ja. Neugeborene Babys beginnen mit etwa 15 Stunden Schlaf, wobei auch das variieren kann. Bei manchen sind es 20 Stunden, bei anderen zehn. Je älter wir werden, desto mehr nimmt der Schlafbedarf ab. Bei 20-Jährigen liegt er bei den bekannten sieben bis acht Stunden im Schnitt. Der Schlafbedarf ist individuell unterschiedlich. Es gibt auch Langschläfer, die nicht dem Durchschnitt entsprechen. Oder Kurzschläfer, die nur fünf bis sechs Stunden Schlaf brauchen. Bis zum Pensionsalter nimmt der Schlafbedarf nochmals um ein bis zwei Stunden ab. Im höheren Alter brauchen wir noch weniger Schlaf. Durchschlafen ist keine Notwendigkeit. Wichtig ist, so lange im Bett zu liegen, dass der individuelle Schlafbedarf gedeckt ist – nicht kürzer, aber auch nicht länger.

Was hat sich gegenüber früher geändert?
Der ganze Lebensstil! Die nächtlichen Beschäftigungen mit allem Möglichen, der Unterschied zwischen der Arbeitswoche und dem Wochenende. Der Schlaf-wach-Rhythmus bei der Schichtarbeit, die viele Leute betrifft. Ein ähnliches Phänomen der heutigen Zeit ist der Jetlag. Wenn wir mit dem Flugzeug in wenigen Stunden in völlig andere Zeitzonen fliegen, wirkt sich das auch auf unseren Schlaf-wach-Rhythmus aus.

Wann sprechen Sie von einer Schlafstörung?
Es gibt verschiedene Schlafstörungen. Schlaflosigkeit ist, wenn wir nicht schlafen können, wenn wir wollen. Eine andere Störung ist die Tagesschläfrigkeit. Man schläft tagsüber ein, obwohl man wach bleiben möchte. Für beides gibt es viele Ursachen, die verschieden behandelt werden müssen.

Wann sollen Betroffene zum Arzt?
Das hängt vom Leidensdruck ab. Wer lediglich eine leichte Störung hat, zum Beispiel nur eine halbe Stunde vor dem Einschlafen wach liegt, kann häufig über Jahre damit zurechtkommen. Bei einer starken Schlafstörung, bei der man gefühlt praktisch die ganze Nacht wach liegt und es keine Tendenz zur Besserung gibt, sollte man nach wenigen Wochen zum Arzt. Wenn man am Tag schläfrig ist, obwohl man in der Nacht genug geschlafen hat, oder wenn man Autounfälle baut wegen der Tagesschläfrigkeit, ist eine Abklärung sicher angebracht.

Wie kommen Sie zur Diagnose?
Das hängt von der Situation ab. Wenn eine Frau nicht schlafen kann, weil der Mann schnarcht oder sogar Apnoen mit Atemstillständen hat, wird er im Schlaflabor abgeklärt. Bei leichtgradiger Apnoe kann eine Kieferschiene, häufiger eine Atemmaske zur Behandlung eingesetzt werden. Erträgt man die Maske nicht, gibt es neue, hochtechnische Methoden. Bei Schlaflosigkeit mit längerem Wachliegen in der Nacht kommt ein Armbanduhr-artiger Bewegungssensor zum Einsatz, der Mikrobewegungen aufzeichnet. Damit können wir mehrere Wochen lang den Schlaf-wach-Rhythmus messen.

Hilft ein Powernap tagsüber?
Für die einen ist er nützlich, für andere Gift. Den Powernap soll man machen, wenn man in der Nacht zu wenig geschlafen hat, um den Tag zu überdauern. Er hat eine erholsame Wirkung, wenn er nur 20 Minuten dauert. Powernapping hilft, den Schlafbedarf in der Nacht zu reduzieren, sei es, weil man durch Apnoen nicht in den Tiefschlaf kommt oder wegen einer anderen Erkrankung. Schädlich ist der Powernap für Menschen, die nachts nicht schlafen können. Mit dem Tagesschlaf wird der Bedarf in der Nacht noch geringer und dadurch die Schlafstörung verschlimmert. 

Dr. Arto Nirkko, Facharzt Neurologie, 2022

Prof. Dr. Arto Nirkko, Facharzt FMH für Neurologie und Spezialist für Schlafmedizin, Neurozentrum Luzern / Schlafmedizin Zentralschweiz. 

ZVG
Von Verena Thurner am 26. Februar 2022 - 11:00 Uhr