Vor knapp zwei Wochen ist ein winziger Welpe in mein Leben gestolpert. Er ist klitzeklein, ein absoluter Chaot und hat so ziemlich alles auf den Kopf gestellt. Meine Wohnung, meinen Schlafrhythmus, mein Sozialleben – und trotzdem kann ich mir schon jetzt ein Leben ohne Marty nicht mehr vorstellen.
Das Blöde ist nur, natürlich ist auch dieses kleine Wesen nicht unsterblich. Damit sollte ich mich jetzt, nach so kurzer Zeit, im besten Fall eh noch nicht beschäftigen müssen. Schuld daran, dass ich es trotzdem tue, ist Sängerin Lorde. Die hat nach nur einem gemeinsamen Jahr gerade ihren eigenen Hund verloren. Die 22-Jährige trauert um den adoptierten Pearl – und verschiebt deshalb die Fertigstellung ihres nächsten Albums:
«Ich bitte euch um Geduld, jetzt da 2020 vor der Tür steht und ihr auf das neue Album wartet. Ich habe meinen Freund verloren und brauche etwas Zeit, um wieder das Gute zu sehen, damit ich dieses Projekt für euch fertigstellen kann.»
Übertrieben? Nicht, wenn man mich fragt! Würde Marty sterben, ich würde auch nicht arbeiten können. Oder wollen. Er ist jetzt ein Familienmitglied. Zwar kein menschliches, das ist mir schon klar, aber ist Trauer deshalb nicht erlaubt? Der Verlust weniger schlimm? Ob ich mir aber «einfach so» einige Tage zur Verarbeitung dieser Gefühle nehmen dürfte, ist noch mal eine ganz andere Frage. Vermutlich nicht. Das Gesetz ist schon bei echten Familienmitgliedern, denen mit nur zwei Beinen und deutlich weniger Haaren, eher schwammig. Ein bis drei Tage stehen einem Hinterbliebenen da zu, das kommt ganz auf den Verwandtschaftsgrad und das Unternehmen an, in dem man arbeitet.
«Lieber Chef, mein Hund/Kater/Hamster/Goldfisch ist Sonntag gestorben, ich komme erst Mittwoch wieder zur Arbeit»?
Ist das legitim?
Ein Tier als vollwertiger Lebensgefährte
Der Grat ist ja irgendwie schmal. Wo fängt die Kulanz an, wo hört sie auf? Kann ich zu einem Fisch eine ähnlich tiefe Verbindung aufbauen wie zu einem Hund? Kann ich zu einem Hund eine ähnlich tiefe Verbindung aufbauen wie zu einer Schwester? Die Antwort lautet in beiden Fällen wahrscheinlich nein. Trotzdem finde ich: Wenn du jemanden verlierst, den du liebst, solltest du dir die Zeit nehmen dürfen, das zu verarbeiten. Punkt.