Die, die nie kann
«Pooping Anxiety» is real! Mit meinen zarten Mitte Zwanzig habe ich wegen meiner Angst, meinen Darm zu entleeren, schon so einiges durchstehen müssen. Bin ich allein in meiner Wohnung oder bei meiner Familie daheim, habe ich absolut kein Problem damit, mich aufs WC zu verziehen. Doch befinde ich mich an Orten, an denen andere nur ansatzweise erahnen könnten, was ich auf der Toilette so treibe, zieht sich in mir automatisch alles zusammen. Die Folge: Mein Körper weigert sich, das zu machen, was er müsste. Klingt vielleicht lustig, ist aber tatsächlich ein verdammt «beschissenes» Problem. Denn das Resultat meiner unterbewussten Gedanken sind fiese, schmerzhafte Verstopfungen. So ist es etwa schon passiert, dass ich in den zweiwöchigen Ferien mit meinem damaligen Boyfriend (in Gegenwart von Männern ist die Angst übrigens besonders gross) nicht ein einziges Mal das stille Örtchen aufsuchen musste/konnte/wollte.
Schon klar, man denkt jetzt, ich sei unheimlich verklemmt. In Wirklichkeit kann ich aber ganz offen über mein Problem reden. Leider hilft das überhaupt nicht. Und so lebe ich heute mit meinem Freund zusammen und kann nur dann entspannt aufs WC, wenn der ausser Haus ist ODER ganz laut Musik anschmeisst. Ja, er weiss natürlich von meiner blöden Anxiety und zur Verteidigung, die Wände unseres Badezimmers sind echt dünn. Was ich noch machen kann, damit das alles in Zukunft besser wird? Keine Ahnung. Aber der Fakt, dass ich schon ein-, zweimal auf die Toilette gehen konnte, während mein Freund in unserer 70 Quadratmeter Wohnung rumturnte, ist ein riesiger Erfolg für mich.
Die, die immer muss
Nicht aufs Klo gehen zu können, das ist alles andere als angenehm und irgendwann auch nicht mehr gesund, ich weiss. Für mich aber «Pooping Anxiety»-Goals. Mein Körper hatte sich das Phänomen eine Zeit lang nämlich genau umgekehrt zu eigen gemacht. Heisst: Ich hatte in Situationen wie während Autofahrten, beim Spazieren- oder Badengehen eine solche Panik aufs WC zu müssen, dass ich ironischerweise gerade dann mit absoluter Sicherheit urplötzlich (und echt dringend) musste. Recht herzlichen Dank.
Was das im Real Life genau bedeutet? Ich konnte Mitfahrgelegenheiten nicht nutzen, obwohl das für jemanden, der zwischen zwei Städten pendelte, echt praktisch und günstig gewesen wäre, ich habe niemals unterwegs etwas gegessen, hellhörige Hotelzimmer oder Wohnungen waren mein Erzfeind. Es hat mich sogar in Stress versetzt, wenn aus dem Flugzeug nicht gleich in den Terminal gehopst werden konnte, sondern man erst (für mich eine gefühlte Ewigkeit) im Shuttlebus eingesperrt war. In den Ferien wollte man(n) mal mit mir einen Bootsausflug auf eine idyllische Insel machen, «richtig schön und ganz einsam und leer». Klingt für viele vermutlich traumhaft – für mich nach «weit und breit kein WC», also dem blanken Horror.
Im wahrsten Sinne des Wortes ’ne Scheiss-Angewohnheit, die mein Körper da entwickelte hatte. Inzwischen hab ich meine «Reverse Pooping Anxiety» zum Glück überwunden – meiner Hausärztin sei Dank. Die empfahl mir irgendwann ein homöopathisches Mittel gegen psychisch bedingte nervöse Störungen. Und siehe da, exakt das wars wohl einfach. Nicht mehr und nicht weniger.