«Wenn Dhiviyaa Satkunanathan, eine der Protagonistinnen in meinem Film, früher in den Spiegel schaute, hegte sie stets den Wunsch, hellere Haut zu haben», erzählt Sofika Yogarasa. Sie ist 25 Jahre alt, Journalistin und Schweizerin. Mit tamilischen Wurzeln. Und genau deshalb kennt sie sich mit dem Problem ihrer Protagonistin bestens aus.
In ihrem Film «Hau(p)tsache hell: Das Geschäft mit dunkler Haut» berichtet Yogarasa über «Colorism», eine Form von Rassismus. Sie zeigt, wie sich junge People of Color Cremes mit Bleichmittel kaufen, um ihre Haut aufzuhellen. Dies aus dem Grund, dass in ihrer Verwandtschaft gesagt wird, dass helle Haut schöner aussehe, als dunkle. Je näher man an das weisse Erscheinungsbild rankommt, desto besser. Doch dahinter steckt weit mehr als nur ein Schönheitsideal. «Light skins», also hellere Schwarze, werden gegenüber «Dark skins», den dünkleren Schwarzen, bevorzugt. Und zwar nicht nur von Weissen, sondern auch innerhalb der Schwarzen Community und der eigenen Familie. Dies erzählt Dhiviyaa Satkunanathan auch im Interview mit TalkTäglich:
Historische Hintergründe prägen die Gesellschaft bis heute
Die Unsicherheiten gegenüber ihrer eigenen Hautfarbe wird in Familien von People of Color oft schon Kleinkindern eingetrichtert. «Die Eltern meinen das nicht böse oder rassistisch. Sie wollen einfach eine gute Zukunft für ihre Kinder und denken, dass sie mehr Erfolg haben werden, wenn sie etwas heller sind» erklärt Yogarasa.
Diese Einstellung hat laut Recherchen der Journalistin historische Hintergründe. Im Film erklärt die Rassismus-Forscherin Mirjam Eser Davolio, dass diese Art von Rassismus sich bereits im Kolonialismus abzeichnete: Sklav*innen mit hellerer Haut wären von den Händler*innen bevorzugt worden. «Auch im asiatischen Raum wird helle Haut als Statussymbol angesehen. Deswegen laufen viele Asiat*innen im Sommer mit einem schützenden Sonnenschirm herum», meint Sofika Yogarasa.
Kosmetikprodukte zur Aufhellung boomen
Dass viele People of Color ihren Kindern bereits in jungen Jahren mitgeben, dass das Hell-Sein besondere Schönheit auszeichnet, ermöglicht dem internationalen Werbe- und Kosmetikmarkt ein lukratives Geschäft. In diversen Werbefilmen wird inszeniert, wie erfolgreich man als hellere Frau sein könnte, wenn man gewisse Cremes und Bleichmittel verwendet. «Man sieht eine Frau, die dank einer Creme hellere Haut kriegt und zack – schon hat sie Erfolg und einen gut aussehenden Mann an der Seite», schildert Yogarasa. Auch sie selbst hat als 13-Jährige überlegt, eine aufhellende Creme zu benutzen. Da sie aber Light skin ist, seien diese Gedanken schnell wieder verflogen.
Anders ging es den Protagonistinnen im Film. Auf Empfehlung und Druck der Verwandtschaft kaufen sie teure Produkte, die eine hellere Haut versprechen – und das, obwohl sie meist nicht wissen, welchen schädlichen Inhaltsstoffen sie sich aussetzen. Oft sind Quecksilber und Hydrochinon enthalten, die auf Dauer krebserregend und schädlich für das Hautbild sein können. Vor allem die grossflächige Anwendung ist gefährlich. «Wenn man seine Haut bleichen will, dann reibt man sich ja mit einer ordentlichen Menge dieser Cremes ein», erklärt Sofika Yogarasa. «Aber teilweise sind die Cremes für Pigmentstörungen konzipiert, die nur kleine Flecken aufhellen sollten. Schmiert man die aufs ganze Gesicht, ist das gefährlich.» Und: Auch Produkte, die den ganzen Körper aufhellen sollen, werden nur selten ordentlich auf ihre Inhaltsstoffe geprüft.
Ist die Nachfrage da, bleibt das gefährliche Angebot
Die Problematik liegt in der international grossen Nachfrage. «Ein Ladenbesitzer eines Afroshops hat mir erzählt: Er wollte weniger Bleichcreme verkaufen, doch daraufhin seien seine Kundinnen wütend geworden», sagt Yogarasa. Die People of Color sind sich den schädlichen Folgen offenbar häufig gar nicht bewusst. «Eine Warnung, wie auf einem Zigi-Päckli, wäre wünschenswert» meint die Journalistin. «Dazu ist das Problem aber anscheinend noch zu wenig bekannt. Leider.»
Während ihrer Recherche hat sie bemerkt, dass «Colorism» oft als persönliche Unsicherheit oder familieninterne Diskussion angesehen wird. «Viele Frauen wissen nicht, dass es historische Hintergründe dafür gibt und es eine gesellschaftliche und keine individuelle Problematik ist.» Deshalb sei es besonders wichtig, dass Betroffene erfahren, dass sie mit den Gedanken um ihre Hautfarbe nicht allein sind. Viele junge Frauen sehen jetzt bei ihren Müttern, welchen Schaden die Bleichmittel anrichten können und würden erst jetzt die Hintergründe dieses vermeintlichen Schönheitsideals hinterfragen. «Die Gesellschaft muss auf die Thematik sensibilisiert werden – auch innerhalb der Community von People of Color», sagt Yogarasa. Denn: «Schwarze Leute sind schön.»
Den Film von Sofika Yogarasa findet ihr übrigens hier.
Falls ihr auch schon Erfahrungen mit «Colorism» gemacht habt, erzählt es uns gerne in den Kommentaren.