Was, wenn Eltern für die Kinderbetreuung gerne Unterstützung der eigenen Eltern hätten, diese aber nicht wollen, können oder schlicht nicht da sind? Und was, wenn Rentnerinnen eigentlich gerne Oma werden möchten, ihre Kinder aber keinen Kinderwunsch hegen? Mit diesen Fragen sah sich einst Rena Snoy (60) konfrontiert. Die Zugerin hatte nie eigene Kinder. Ihre Mutter wäre gerne Grosi geworden.
Aus dieser Situation entstand die Idee, eine Plattform zu gründen, die Rentnerinnen, die gerne Zeit mit Kindern verbringen möchten, mit Familien auf der Suche nach einer liebevollen und persönlichen Kinderbetreuung zusammenbringt. Geboren war die Idee «MisGrosi» – eine Onlineplattform zum generationenübergreifenden Matchmaking. Inzwischen zählt die Seite rund 3600 Mitglieder und hat bereits zahlreiche Wunsch-Grosis und Familien glücklich gemacht. Und die Wahl-Grossmütter sind gefragt. Auf der Plattform gibt es mehr suchende Familien als Wunsch-Grosis. Das soll sich ändern, hofft Rena Snoy. Im Interview mit SI Family erklärt die Marketing-Spezialistin, warum sie MisGrosi ins Leben rief, wie die Matchmaking-Plattform funktioniert und wie sie damit Generationen verbinden will.
Wie funktioniert MisGrosi?
Rena Snoy: Eltern, die eine vertrauensvolle Betreuung für ihre Kinder suchen, können einfach online in ihrer Umgebung nach einem passenden Grosi suchen. Sobald sie ein Grosi gefunden haben, das passen könnte, können sie direkt über die Website Kontakt aufnehmen. Auf der anderen Seite sind viele Wunsch-Grosis auf der Suche nach einer sinnvollen Aufgabe. Auch sie können online nach Familien in ihrer Nähe suchen und ein Profil erstellen, in dem sie angeben, welche Art von Betreuung sie anbieten möchten, wann, wie oft und wo.
Für wen ist die Plattform gemacht?
MisGrosi ist für Familien mit kleinen Kindern, die sich eine vertrauensvolle Betreuung wünschen, die vielleicht keine Grosseltern in der Nähe haben und Unterstützung suchen. Aber auch für Alleinerziehende, die nach Entlastung und wertvollen Beziehungen für ihre Kinder suchen. Auf der anderen Seite sind Frauen ohne eigene Kinder oder Enkelkinder, die ihre Liebe und Fürsorge weitergeben möchten und eine sinnstiftende Aufgabe suchen und ihre Zeit mit einer neuen Generation verbringen möchten.
Ich hätte nie gedacht, dass ich im Alter noch einmal so viel Freude und Erfüllung finden würde. Durch MisGrosi habe ich meine Wunsch-Enkelkinder gefunden und mein Leben hat sich seitdem so wunderbar verändert. Die gemeinsame Zeit mit ihnen bringt mir so viel Wärme, Liebe und Lachen, wie ich es lange nicht mehr erlebt habe. Ob beim Kartenspielen, gemeinsamen Basteln oder einfach beim Erzählen – es ist, als hätte ich eine neue Familie.
Wunsch-Grosi Anna (84)
Was ist die Idee hinter dieser Matchmaking-Plattform?
MisGrosi soll den Austausch zwischen Jung und Alt fördern und wertvolle Beziehungen zwischen Kindern und Wunsch-Grosis schaffen. Familien können die Betreuung nach ihren individuellen Bedürfnissen gestalten und ein Wunsch-Grosi auswählen, das zu ihnen passt. Für die Wunsch-Grosis bietet MisGrosi die Möglichkeit, ihre Lebenserfahrung und Liebe zu Kindern weiterzugeben und gleichzeitig neue soziale Kontakte zu knüpfen.
Werden Wunsch-Grosis von den Familien bezahlt?
Die Betreuungskosten werden in gegenseitiger Übereinstimmung zwischen Eltern und Wunsch-Grosi ausgehandelt und sind abhängig davon, was das Wunsch-Grosi sich als Stundenlohn vorstellt und was die Familien bereit sind, zu zahlen oder zahlen können. Viele Wunsch-Grosis betreuen die Kinder ehrenamtlich. Auf der Plattform ist die Mitgliedschaft für Wunsch-Grosis gratis. Für Eltern, die eine Kinderbetreuung suchen, gibt es eine einmalige kostenlose Basis-Mitgliedschaft sowie ein Upgrade zur kostenpflichtigen Premium-Mitgliedschaft, die unbeschränkte Kontaktaufnahme mit Wunsch-Grosis ermöglicht.
Als wir aus Indien hierherzogen, war eine meiner grössten Sorgen, dass meine Kinder ohne ihre Grosseltern aufwachsen würden. Meine Kinder sind so glücklich, nun ihre «neue Oma» zu haben. Sie lernt und spielt mit ihnen und bringt die Art von Lebenserfahrung in unser Leben, die ich von meiner eigenen Mutter kenne. Es gibt mir so viel Frieden zu wissen, dass sie in jeder Situation für uns da ist – sei es ein Ratschlag für die Erziehung, eine helfende Hand oder einfach nur ein offenes Ohr.
Vidya (32)
Wie ist die Idee zu MisGrosi entstanden?
Die Idee zu MisGrosi entstand aus der Beobachtung eines wachsenden Bedarfs in unserer Gesellschaft, sowie aus persönlicher Erfahrung. Einerseits haben immer mehr Familien Schwierigkeiten, ihre Kinder durch Grosseltern betreuen zu lassen. Oft leben die eigenen Eltern weit entfernt, sind mit ihrem eigenen Leben beschäftigt oder wollen ihre Zeit nach der Pensionierung lieber mit Reisen und persönlichen Aktivitäten verbringen. Andererseits gibt es viele ältere Frauen, die sich einsam ohne Familie fühlen und sich nach einer sinnvollen Aufgabe im Alltag sehnen. Sie sind oft jung geblieben, voller Energie und offen für neue Erfahrungen. So war es auch bei meiner Mutter und mir. Bei meiner Mutter habe ich immer wieder den Wunsch nach Enkelkindern gespürt. Diesen Wunsch konnten ihr mein Mann und ich nicht erfüllen. Meine Mutter ergriff selbst die Initiative und engagierte sich in Kindergärten, las dort Geschichten vor und betreute Kinder in der Nachbarschaft. Letztendlich trug sie sich auch in meiner Plattform als Wunsch-Grosi ein.
Was ist der Zukunftswunsch für MisGrosi?
Mein grosser Wunsch ist es, dass jedes Kind, unabhängig von familiären Gegebenheiten, ein liebevolles Grosi an seiner Seite haben kann – und dass ältere Menschen, die sich nach Gesellschaft und einer aktiven Rolle im Leben der jüngeren Generation sehnen, diese erfüllende Aufgabe finden. Ich wünsche mir auch, dass MisGrosi sich weiterentwickelt und in noch mehr Regionen wächst, damit meine Idee möglichst viele Menschen erreicht. Darüber hinaus stelle ich mir vor, dass nicht nur Grossmütter, sondern auch «Wunsch-Oma und Opa» im Doppelpack über MisGrosi eine neue Wahlfamilie finden.