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Tiere in Kinderbüchern

Von mutigen Mäusen und ängstlichen Wölfen

Böser Wolf, ängstlicher Hase, schlauer Fuchs – in den meisten Kinderbüchern spielen Tiere die Hauptrollen. Warum das so ist, und warum auch mal die Maus die Mutige sein kann, erklärt Barbara Jakob vom Schweizerischen Institut für Kinder- und Jugendmedien SIKJM.

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Little Red Riding Hood meeting with the wolf, illustration for the European fairy tale Little Red Riding Hood, drawing.

Er kommt oft in Kinderbüchern vor, ist aber meistens der Böse: der Wolf, hier mit Rotkäppchen.

Getty Images

Barbara Jakob, warum sind meistens Tiere die Helden in Kinderbüchern?
Mit Tieren lässt sich eine Geschichte gut verständlich erzählen. Tiere werden bestimmte Rollen zugewiesen, mit denen sich kleine Kinder leicht damit identifizieren können. Zudem regt die Distanzierung durch ein Tier ihre Fantasie an: Kinder vergleichen, was Protagonisten wie Mäuse und Bären machen in einem zweiten Schritt mit ihren eigenen Erfahrungen. Auch Psychologen nehmen aus diesem Grund gerne Tiere als Beispiele, wenn sie mit Kindern arbeiten.

Etwas fies zum Beispiel für den Wolf, der ist immer der Böse.
Eine gewisse Verflachung und Klischierung müssen die Autorin oder der Autor durch die Konzentration auf eine bestimmte Eigenschaft in Kauf nehmen. Dies hilft Kindern aber, zum Beispiel mit Ängsten umzugehen. Sie können sich einer Angst eher stellen, wenn diese durch ein Krokodil anstatt durch ein anderes fünfjähriges Mädchen dargestellt wird. Und die Geschichten gehen in der Regel gut aus, das zeigt dem jungen Leser: Ich kanns ja doch aushalten. Spannend und häufig witzig sind auch unerwartete Rollenzuschreibungen.

Zum Beispiel?
Wenn etwa eine mutige Maus die Hauptrolle spielt. Oder wenn vielleicht mal ein Wolf, der sonst immer der Starke ist, einmal Angst hat. So sieht das Kind: Es ist ok, selber auch mal ängstlich zu sein.

Welche Tiere sind in den Kinderbüchern besonders beliebt?
Zum 50-Jahr-Jubiläum unseres Instituts haben wir im Chronos-Verlag den «Atlas der Schweizer Kinderliteratur» herausgegeben. Darin ist zu lesen, welche Tiere in Schweizer Kinderbüchern am meisten vorkommen: Es sind der Reihe nach Katzen, Vögel, Hunde, Mäuse, Hühner, Bären, Hasen, Löwen, Wölfe und Schweine. Interessant ist, dass es immer wieder «Wellen» gibt, gewisse Tiere zeitweise beliebt sind und dann wieder verschwinden. Vor ein paar Jahren waren zum Beispiel plötzlich Erdmännchen eine Zeit lang der Hit.

Grueffelo

Der Grueffelo und die mutige Maus

Auch die Maus kann einmal die mutige Heldin sein: zum Beispiel im Buch «Der Grüffelo».

Der Grüffelo © Julia Donaldson und Axel Scheffler 1999 - Macmillan Children's Books

Welche Tiere kommen in Schweizer Kinderbüchern am wenigsten vor?
Gemäss der Untersuchung für den «Atlas der Schweizer Kinderliteratur» sind dies Waschbären, Würmer und Tintenfische. In Ländern in anderen Gegenden der Welt könnte es aber durchaus sein, dass diese Tiere stärker vertreten sind, das hängt unter anderem von ihrem Vorkommen in der Natur ab. 

Ab welchem Alter der Kinder übernehmen schliesslich Menschen die Hauptrollen in den Büchern?
Tiere spielen von Anfang an eine wichtige Rolle, und das bleibt lange so. Nur etwa  zehn Prozent der Bilderbücher kommen ohne tierische Figuren aus. Je älter die Zielgruppe eines Buches ist, desto weniger Tierrollen kommen darin vor. Zu kippen beginnt das im Primarschulalter. Bei Pippi Langstrumpf etwa ist das Mädchen die Hauptperson, aber ihre Tiere sind wichtige Begleiter mit spezifischen Eigenschaften. Bücher für Lesende in der Pubertät drehen sich dann stärker um die menschliche Identität an sich, ohne zoologischen Zusammenhang. Zudem kommen hier Fantasy-Themen hinzu.

Sie kennen besonders viele Kinderbücher. Welches sind Ihre liebsten Tierhelden?
Das Kätzchen «Pitschi» sowie «Pu der Bär». Diese beiden Bücher habe ich in der Kindheit geliebt und sie später auch meinen Kindern vorgelesen.

Zur Person

Barbara Jakob ist Projektverantwortliche für Literale Förderung am Schweizerischen Institut für Kinder- und Jugendmedien SIKJM in Zürich.

Barbara Jakob
ZVG
Von Christa Hürlimann am 21. März 2019 - 16:07 Uhr