Zwei Augenpaare schauen neugierig durch die Türscheibe, eine kleine Hand patscht ans Glas. Cédric und Charly wollen genau wissen, wer da zu Besuch kommt. Die beiden Buben sind zweieiige Zwillinge, zwei Jahre und drei Monate alt. Stefan Duve (62), ihr «Papu», öffnet die Tür und führt auf die grosse Terrasse mit Garten, die den Blick auf den Zürichsee freigibt. Dort wartet Ehemann Clédyson, der «Papai» der Kleinen. «Papai und Papu ist Portugiesisch und bedeutet Papa», erklärt Clédyson.
Seit knapp einem Jahr wohnt das deutsch-brasilianische Ehepaar in Kilchberg ZH in einer Mietwohnung. Seine Heimat München hat das Gespann hinter sich gelassen. Stefan Duve praktiziert zwar noch zwei Tage pro Woche im Haut- und Laserzentrum in der bayrischen Hauptstadt («in der Praxis dort geht es zu wie in einem Taubenschlag»), aber sein Lebensmittelpunkt befindet sich in der Schweiz. Als Partner in der Clinic Utoquai in Zürich («Schweizerinnen und Schweizer wollen im Vergleich zu den Deutschen mehr reden und sich informieren»). «Ich brauchte eine neue Herausforderung», erklärt der 62-Jährige.
Erste Patientin war seine Mutter
Der Dermatologe war einer der Ersten, die ästhetische Medizin in Europa anwendeten. In Deutschland verdiente er sich damit den Ruf des Arztes, dem die Schönen und Reichen ihr jugendliches Aussehen anvertrauen. Dabei sei die Spezialisierung auf Beautybehandlungen eigentlich Zufall gewesen, erzählt er. «Nach dem Examen wollte ich unbedingt nach New York, bewarb mich bei unzähligen Ärzten jeder Fachrichtung. Schliesslich engagierte mich A. B. Ackerman, ein Dermatologie-Pathologe mit Weltruf.» So beschäftigt sich der junge Duve erst mal intensiv mit Krankheiten der Haut. «In den freien Stunden hospitierte ich jeweils einen Stock tiefer bei den Kollegen, die neuartige Lasertechnik zur Faltenreduzierung anwendeten.» Zurück in Deutschland, gehts zuerst an eine Uniklinik, bevor er als Facharzt für Dermatologie und Allergologie 1995 in München seine Praxis eröffnet.
Zu jener Zeit sieht Duve die Chancen der Lasertherapie im Kampf gegen das Alter – hat aber keine Patienten, da die Anwendung in Europa weitgehend unbekannt ist. Duve fragt seine Mutter, damals etwas über 60, ob er ihr die Falten weglasern dürfe. «Aus heutiger Sicht muss ich sagen, dass ich einen Kunstfehler produzierte. Der Laser war viel zu stark, die Haut meiner Mutter brauchte fast ein halbes Jahr, um zu heilen.» Man sieht ihm an, dass ihm das heute noch leid tut. Doch seine Mutter erkennt, dass ihr Sohn Grosses vorhat. Mit faltenfreier Haut posiert sie nach der Genesung für die Frauenzeitschrift «Brigitte», die Duve angeschrieben und über die neue Technik informiert hatte. Das war der Startschuss zur Karriere des Dr. Duve.
Laser ist heute nur mehr eine Methode, um die Haut prall und frisch zu erhalten. Botox, Hyaluronfiller und Fadenlifting sind in den letzten Jahrzehnten dazugekommen. Sorgen bereitet dem Arzt, dass diese Behandlungen unerlaubterweise auch von Nichtmedizinern angeboten werden. «Ich würde in jedem Fall nur zu medizinisch ausgebildetem Personal gehen», warnt er. Botox werde immer noch häufig nachgefragt, ebenso Filler. Im Trend sei, natürliche Jugendlichkeit zu erhalten. Wird man süchtig, wenn man mal damit begonnen hat? «Ich sage meinen Patientinnen und Patienten stets, wenn es ihnen gefällt, werden sie es immer wieder machen wollen. Eigentlich logisch, wenn man sich nach einer Behandlung schöner und besser fühlt.»
Grosse Liebe gefunden
Selber benutzt der Schönheitsdoktor Botox und Filler, die er sich vor dem Spiegel spritzt. Unters Messer hat er sich auch schon gelegt, «zur Korrektur der schlaffen Ober- und Unterlider». Dafür ist er nach Brasilien gereist, wo Ivo Pitanguy, Pionier der Schönheitschirurgie, einst praktizierte. Dessen Enkel führt das Erbe weiter.
Brasilien ist für Duve auch Sehnsuchtsort. Doch es dauert sieben Jahre, bis er Clédyson endlich begegnet. Der Absolvent der Hotelfachschule lacht, als er erzählt, dass es für ihn Liebe auf den ersten Blick gewesen sei. Stefan zögert, schmunzelt und sagt: «Bei mir auf den zweiten Blick.» Das war 2004.
2007 haben sie geheiratet, seit etwas über zwei Jahren sind sie Eltern. «In Brasilien wird Leihmutterschaft liberaler geregelt und hat grosse Akzeptanz», erklärt Clédyson. Auch mit Hilfsmitteln zur Verschönerung werde lockerer umgegangen: «Man gratuliert sich gegenseitig, wenn jemand was macht. Nichts da von Verstecken oder Verschweigen.» Das hänge wohl auch mit dem Klima zusammen, damit, dass in der Wärme mehr Körper gezeigt werde, erläutert der Brasilianer.
Die beiden Buben haben sich unterdessen in die Brombeersträucher verzogen, wo sie die prallen Beeren pflücken. Clédyson übernimmt die Aufgabe als Hausmann. Mit den Kleinen, die mit Deutsch, brasilianischem Portugiesisch und Schweizer Mundart aufwachsen, macht er Ausflüge und erkundet die Gegend. «Cédric wird mal ein grosser Leser», sagt Stefan Duve, «er blättert dauernd in Büchern.» Charly sei eher «hands-on», spiele und werkle.
Noch ein paar Tage, dann geht es in die Ferien nach Sylt. «Wir werden mit meiner Mutter Urlaub machen», freut sich Stefan Duve. Auf dem Nordsee-Eiland wird der Beauty-Doc sicher Bekannte treffen. Und sich nichts anmerken lassen – die ärztliche Schweigepflicht ist ihm heilig. Überhaupt: Ein Partytiger ist Stefan Duve nicht. Sein Geschäft ist diskret. Genauso wie er.