Annina, dein Sohn ist schon bald drei Monate alt. Die Zeit, wo du den Säugling irgendwo hinlegen konntest und er sich nicht drehte, ist vorbei. Wie läufts so auf dem Wickeltisch?
Prima, er liebt Wickeln. Wir haben ein Mobile aufgehängt und das fasziniert ihn total. Aber ja, ihn auf seiner Krabbeldecke am Boden hinlegen und weglaufen geht nicht.
Und mit schlafen? Habt ihr schon einen Rhythmus entwickelt?
Am Anfang habe ich das mit dem Rhythmus überhaupt nicht verstanden. Als Selbständige bin ich einen unsteten und eher sprunghaften Tagesablauf gewöhnt. Ich habe keinen fixen Rhythmus wie etwa um neun Uhr im Büro und um fünf Uhr Feierabend. Ich fragte mich also: Was meinen die mit Rhythmus?
Kannst du in der Zwischenzeit etwas damit anfangen?
Ich schaute einfach vorzu, was mein Baby so braucht und habe mich dem angepasst. Und dabei etwas Lustiges festgestellt.
Erzähl.
Ich gehe meist spät ins Bett, im Schnitt nach Mitternacht, wache um vier Uhr auf und nochmals um sieben, wenn mein Partner aufsteht. Genau zu diesen Zeiten kommt unser Sohn. Er hat sich also meinem Rhythmus angepasst und nicht umgekehrt.
Ein flottes Kerlchen.
Meist (lacht). Er kann auch anders. Und es gibt auch bei uns die Tage, wo ich denke, wird das irgendwann einfacher?
Sag mal, verräts du uns jetzt seinen Namen?
(lacht) Er heisst Paul Frey.
Toll, danke fürs Teilen! Das mit dem Namen finden, ist ja manchmal so eine Sache. Ging es schnell bei euch?
Oh, nein, das war wirklich ein Cabaret, bis wir uns einig waren. Die ersten drei Tage nach der Geburt war unser Sohn tatsächlich namenlos.
Vor Kurzem hast du in St. Moritz als DJane dreieinhalb Stunden lang Musik aufgelegt. Wie hast du das mit der Milch geregelt?
Ich habe unmittelbar davor abgepumpt. Das reichte für die Zeit.
Und wie fühlte sich dieser Auftritt an?
Es war mega! Ich war während der ganzen Schwangerschaft häufig im Studio am Musik produzieren. Und auch zu Hause viel am Musik hören. Ich habe mich extrem gefreut, wieder aufzulegen. Irgendwann hat man genug herumgepröbelt und will raus und schauen, ob es funktioniert.
War es das erste Mal, dass du Paul eine längere Zeit nicht bei dir hattest?
Ja, die Nonna hat aufgepasst.
Fiel dir der Abschied von deinem Sohn schwer?
Ich hatte jetzt nicht total Mühe damit, weil ich ja wusste, dass Paul gut aufgehoben ist. Aber komisch war es schon und klar denkt man im Hinterkopf immer, ob alles gut läuft. Gegen Ende sehnte ich mich dann auch sehr nach meinem Kind. Normalerweise bleibe ich noch einen Moment und trinke etwas, doch diesmal zog es mich sofort nach Hause.
«Milchpumpe sei dank! Sie schenkt uns Gestaltungsfreiräume und ist im Moment meine beste Freundin.»
Annina Frey
Wie teilen dein Partner und du euch Job und Familie auf?
Während des Mutterschaftsurlaubs kümmere ich mich hauptsächlich um den Kleinen. Armon schaut aber so oft es geht. Wenn ich mal für ein, zwei Stunden ins Gym will oder in die Stadt, springt er ein. Ich habe ihm unseren Sohn auch schon über Mittag in die Bude gebracht. Es ist uns beiden wichtig, dass er als Vater von Anfang an voll integriert ist und Eigenverantwortung übernimmt. Also auch Betreuungszeit allein mit unserem Sohn verbringt, die er nach seinem Gutdünken gestalten kann, ohne dass ich ihm ständig über die Schulter schaue.
Das tönt nach einem eingespielten Team.
Das ist meistens so und ich bin superhappy, dass es so fliessend läuft. Milchpumpe sei dank! Sie schenkt uns diese Gestaltungsfreiräume und ist im Moment meine beste Freundin (lacht).
Ab wann wirst du wieder voll arbeiten?
Nach den drei Monaten Mutterschaftsurlaub werde ich wieder einsteigen.
Was heisst das konkret?
Ich muss erst alles wieder ins Rollen bringen. Als Selbständige ein Kind zu haben, fordert dich speziell heraus.
Werdet ihr Paul dann in die Kita geben?
Ja, wahrscheinlich ein bis maximal zwei Tage pro Woche. Aber erst nach dem Sommer, wenn er älter ist. Bis dahin werden wir im Notfall auf Gotti, Götti oder Freunde ausweichen. Grosseltern, die in der Nähe wohnen und kurzfristig einspringen können, haben wir leider keine.
Du bist seit drei Monaten Mama. Was fällt dir eher schwer in dieser neuen Rolle?
«Ich gehe schnell» oder «ich mache schnell» funktioniert nicht mehr. Vorher war ich Multitask im Reinformat, zack das, zack dieses erledigt. Erste Prio hat nun immer der Kleine. Mein Sohn gibt den Takt an.
Er lehrt dich geduldig zu sein.
Letzten Endes ja. Ich hätte nicht gedacht, dass ich diese Geduld überhaupt habe. Paul reizt sie manchmal wirklich voll aus, doch ich habe sie.
«Für mich stimmt es genau, dass ich erst mit 39 Jahren Mutter geworden bin. Ich hätte die notwendige Gelassenheit dazu in jungen Jahren nicht gehabt.»
Und was fällt dir leicht?
Ich hatte nie eine fixe Vorstellung davon, wie ich als Mutter sein sollte. Das hilft mir enorm. Ich quäle mich auch nicht gross mit dem Warum oder Wieso. Es gibt Tage, da klappt einfach nichts und wo du denkst, geht das jetzt wirklich immer so weiter? Dann ist das halt so.
Wie reagierst du in solchen Momenten?
Ich nehme auch diese Tage an, im Wissen, dass sie wieder vorbei gehen. Umso schöner sind die Tage, an denen wieder alles rund läuft.
Was hat dich am meisten überrascht?
Ich glaube schon diese enorm starken Muttergefühle. Meine Prioritäten haben sich komplett verschoben.
Zum Schluss noch eine Erkenntnis, die dir Mut macht.
Für mich stimmt es genau, dass ich erst mit 39 Jahren Mutter geworden bin. Ich hätte die notwendige Gelassenheit dazu in jungen Jahren nicht gehabt.