Flug SQ345, Zürich–Singapur. Der Gentleman in Reihe 16 wirkt etwas angespannt. Eigentlich fliegt Heiko Nieder (51) mit seiner Frau Daniela und seinen Töchtern Amelie und Lisa in die Ferien, nach Singapur und weiter nach Vietnam. Aber da ist noch die Sache mit dem Essen an Bord: Der «Dolder Grand»-Chef schreibt seit drei Jahren für Singapore Airlines die Karte für die Passagiere der First und der Businessclass. Und kriegt in wenigen Minuten erstmals vorgesetzt, was er selber entworfen, aber nicht selber gekocht hat.
Die Ansprüche des 19-Punkte-Chefs sind hoch: «Die Gerichte sollen den gleichen Geschmack wiedergeben, den man aus ‹The Restaurant› kennt, auch wenn man auf einem Flug mit weniger oder anderen Komponenten auskommen muss.» Also heisst es testen, testen, testen: Chef Heiki fährt regelmässig bei Gate Gourmet in Zürich Kloten vor, um die Qualität zu prüfen.
Aufregung in der Galley
Bei der Qualitätskontrolle über den Wolken geht zunächst alles gut. Flight-Attendant Tracy Trang, in einem von Couturier Pierre Balmain designten, auf den Leib geschneiderten «Sarong Kebaya» unterwegs, serviert in der Businessclass Kalb mit Gurke, Avocado und Wasabi. Heiko Nieder probiert – und ist happy: «Super gut gemacht. Der Geschmack ist da, das ist das Wichtigste. Und genügend Sauce gibt es auch.
Genau so haben wir es vorgegeben, besprochen, getestet.» Perfektionist Heiko lässt sich auch noch seinen Paradegang aus der First Class servieren: Lobster with Avocado Wasabi Cream. «Eigentlich narrensicher und einfach umzusetzen», sagt der Chef. Oder etwa doch nicht? Der Hummer liegt auf dem Teller, Kräuter, Zitronenöl und Salz fehlen. Aufregung in der Galley: Die «Singapore Girls» (so heissen die Flight-Attendants hier immer noch) checken nochmals die Gebrauchsanweisungen, studieren die Fotos – und liefern dann die fehlenden Komponenten mit einem strahlenden Lächeln nach.
Heiko Nieder mutiert auf seinem bequemen Business-Sitz vom Passagier zum Koch, richtet unter den Augen der staunenden Crew flink an und ist dann wieder ganz beruhigt: «Eine kleine Panne, kein wirkliches Problem. Singapore Airlines macht einen guten Job, hat mich auch auf dem Weiterflug nach Vietnam sehr beeindruckt. Ich habe das Angebot ‹Book the Cook› studiert und vor dem Abflug einige asiatische Spezialitäten bestellt. Prima.»
Spektakel in den Baumkronen
Qualitätscheck abgeschlossen, die Familienferien können beginnen. Heiko Nieder kümmert sich gut um seine drei Frauen, hat eine Familiensuite im berühmten «Marina Bay Sands» gebucht. Der Empfang ist herzlich («Welcome Family Nieder») und das Hotel, das längst zum Wahrzeichen der Stadt geworden ist, eine kleine Sensation. Gardens by the Bay, Observatory Desk, Wasserspiele, die grosse Lichter- und Musikshow «Journey through Asia».
Viele Bewohner der Stadt liegen auf Decken am Boden, wollen sich das Spektakel in den Baumkronen nicht entgehen lassen. Auch Familie Nieder ist begeistert. Selbst Heiko zückt sein iPhone, filmt die Show. Die Girls haben schnell herausgefunden, wo es im Hotel am schönsten ist: auf dem Dach, das die drei Hochhäuser elegant verbindet. Im Infinitypool. 146 Meter lang. 191 Meter über der Strasse. Der nächste Fotospot.
Was macht ein berühmter Chef in einer neuen, ihm noch unbekannten Stadt? Essen natürlich! «Zum Glück sind meine Frau und meine Töchter für ein paar kulinarische Experimente zu haben», lacht Heiko Nieder und führt die Familie aus. Zunächst nicht ins Luxusrestaurant, lieber zu Streetfood in die Hawker Centres und nach Chinatown. Im Lau Pa Sat reiht sich Foodstand an Foodstand.
Heiko bestellt Roasted Chicken, Laksa und testet den Hainanese Chicken Rice. Amelie ist ein grosser K-Pop-Fan, entscheidet sich für Korean Food und hat schon eine Idee, wo die nächsten Familienferien stattfinden könnten: «Wir fliegen wieder nach Singapur. Und dann weiter nach Korea.»
Heiko liebt seine beiden Töchter. Und wird kapitulieren. Etwas Luxusküche muss dann doch noch sein: Seafood & Sushi bei Weltstar Tetsuya Wakuda, praktisch vor der Hoteltür. Heiko Nieder st beeindruckt: «Drei-Sterne-Küche.»
«Lampionstadt», Nha Trang Beach
Korea muss warten. Die Ferienreise geht weiter, nach Vietnam. Sightseeing und Streetfood in der «Lampionstadt» Hoi An. Strandferien am Nha Trang Beach. «Füsse hochlagern» ist eigentlich angesagt, aber die Füsse still halten ist nicht so Heikos Ding. Er bucht im Hotel wie ein ganz normaler Tourist einen vietnamesischen Kochkurs, lernt, wie man Vegi-Handrolls zubereitet, eine vietnamesische Pho ansetzt oder einen Red Snapper im Clay Pot (Lehmtopf) gart.
Heiko: «Bei mir gings etwas flüssiger als bei den anderen Gästen.» Der Hotelkoch war ziemlich verwundert. «Singapore Airlines macht einen guten Job. Die Gerichte haben Geschmack. Darum gehts.»