Herr Kempf, als Chlaus-Experte und Betreiber des Chlausenverzeichnis chlaus.ch haben Sie sicher viele Anfragen von besorgten Eltern: Der Samichlaus geht wegen Covid-19 nicht in allen Regionen auf Hausbesuch. Wie waren die Reaktionen?
Die meisten Verbände haben noch nicht gross entschieden, aber klar ist, dass es wohl keine grossen Anlässe wie Chlausumzüge geben wird, da die Umsetzung vom Aufwand her sehr schwierig ist. Was aber die Familienbesuche betrifft, gehen wir mit den heutigen Vorschriften davon aus, dass sie grösstenteils durchgeführt werden können. Es ist ein Brauch, den wir aufrecht erhalten möchten. Die meisten Samichläuse würden es schade finden, wenn sie auf diese Erlebnisse verzichten müssten.
Wovon hängt denn der Familienbesuch ab?
Davon, dass elementare Sachen von Seiten der Chlausgesellschaften, wie auch von Seiten der Familien eingehalten werden.
Die wären?
Wichtig ist, dass möglichst wenig Personen auf Besuch kommen, sprich ein Samichlaus mit einem Diener oder Schmutzli. Die Erwachsenen in der Familie müssen Masken tragen – ausgenommen sind die Kinder. Auch der Samichlaus und sein Diener werden keine Maske tragen, daher ist es wichtig, dass die Abstandsregel von eineinhalb Metern eingehalten wird. Natürlich läuft der Samichlaus nicht gleich davon, wenn ein Kind ihm zu nahe kommt, aber die Abstandsregel ist doch elementar.
Das heisst, Grosseltern oder Götti und Gotti können nicht dabei sein?
Wenn es der Platz hergibt und die Person auch Maske trägt, dann schon – zumindest bei uns im Kanton Zug ist es Stand heute so möglich. Natürlich kann der Besuch auch draussen im Freien stattfinden, wie es bei uns schon ab und zu der Fall ist.
Wie sieht es mit dem Samichlaus-Säckli und Geschenken aus? Darf der Samichlaus solche überhaupt verteilen?
Der Samichlaus trägt glücklicherweise Handschuhe und kann den Kindern weiterhin die Säckli übergeben. Wobei diese eingepackt sein müssen. Einzelne Äpfel zu verteilen, liegt dieses Jahr nicht drin, denn diese müssten ebenfalls speziell abgepackt sein.
Was, wenn kurzfristig jemand in der Familie den Schnupfen kriegt?
Für uns ist es wichtig, dass Familien, die einen Chlausbesuch wollen, diesen auch jederzeit absagen können. Es macht in der heutigen Situation keinen Sinn, den Besuch zu erzwingen, schon gar nicht, wenn ein Krankheitsfall vorliegt.
Wie können die Familie dennoch den 6. Dezember feiern?
Das kommt auf die Familie an. Grundsätzlich geht es bei diesem Brauch nicht um den Samichlaus selbst, sondern darum, die spezielle Zeit einzuläuten. Das kann jede Familie auch selber tun, in dem sie zusammensitzt, Gespräche hat und sich gemeinsam darauf einstimmt. Die Eltern können ihren Kindern auch vermitteln, was gut oder schlecht war. Dafür muss man nicht immer – jetzt plakativ gesagt – den Samichlaus benutzen.
Gewissen Gesellschaften wollen den Besuch digital stattfinden lassen. Ist dies eine gute Alternative?
Auch wenn ich der erste war, der den Chlaus mit chlaus.ch ins Internet brachte und dann überrannt wurde mit Anfragen, stehe ich der digitalen Durchführung eher skeptisch gegenüber. Grundsätzlich kann man natürlich alles machen. Die Frage ist, ob es dann wirklich noch dem traditionellen Brauchtum entspricht, wenn es digital durchgeführt wird. Aber ich möchte weder das eine, noch das andere ausschliessen.
Hat der Samichlaus am Nordpol denn guten Internet-Empfang?
Ja, das ist das kleinste Problem! Er ist gut vernetzt.
Sie erwähnten zuvor, dass es auch auf die Chlausgesellschaften ankommt. Welchen Schwierigkeiten stehen diese explizit gegenüber?
Das Problem fängt bei der Chlausgesellschaft bereits beim Schminken der Chläuse an, die sich am gleichen Ort für die Besuche bereit machen. Dort muss natürlich auch die Abstandsregel eingehalten werden. Und die schminkende Person muss wie jeder Coiffeur oder jede Kosmetikerin eine Maske tragen und die entsprechenden Hygienevorschriften einhalten. Der Schmutzli schminkt sich selber, daher geht das gut. Notfalls findet das Bereitmachen gestaffelt statt.
Infos zu «Der Chlaus in Zeiten von Covid-19» unter chlaus.ch