Lieber Thomay Neumeyer, was genau ist niudad.ch?
Eine Plattform, die sich ausdrücklich an werdende und frischgebackene Väter richtet. Ausgangspunkt ist eine ungeschminkte Bestandsaufnahme: der Test «Was für ein Vater willst du sein?». Wer die 28 Fragen beantwortet, erhält eine individuelle Rückmeldung, was man tun kann, um die eigene Vorstellung vom Vatersein Realität werden zu lassen. Ausserdem haben wir ein Wissens-Menü mit gut verständlichen und fachlich fundierten Informationen und Checklisten. Zu Themen wie: Vaterschaftsurlaub, Teilzeit-Argumente oder Erfahrungsberichten rund um die Geburt. Und dann Beratungsangebote wie die Vater-Crashkurse, (kostenlose) Erstberatungen oder Geburtsvorbereitungskurse für Paare mit speziellen Vätermodulen.
Wann und warum genau seid ihr von männer.ch auf die Idee gekommen, Niudad ins Leben zu rufen?
Väter wollen sich heute stärker in der Familie einbringen als früher. Wenn sie sich zu Themen rund um die Geburt und die Monate danach informieren wollen, finden sie aber kaum Angebote, die sich an sie richten. Man landet eigentlich immer bei swissmom. Das wollen wir ändern.
Ihr bietet einen Kurs für werdende Dads an. Erzähl mir mehr darüber.
Der Vater-Crashkurs bietet kompaktes Wissen und Austausch mit anderen Männern in der gleichen Lebenssituation an. Ein Fachmann und Vater leitet den Kurs und teilt seine Erfahrung rund um Geburt, Familiengründung oder Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Mehrzahl der Kurse werden online angeboten, einige aber auch vor Ort in Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen.
Wann soll der Kurs optimalerweise besucht werden?
Am besten nimmt man schon vor der Geburt teil, denn der Kurs vermittelt wertvolle Informationen, wie man die Weichen so stellen kann, dass man im gewünschten Familien- und Arbeitsmodell landet. Aber auch in den ersten Monaten nach der Geburt lohnt sich die Teilnahme, weil da der Austauschbedarf mit andern Niudads besonders gross ist. Der Kurs ist nur für Väter. Aber wir liefern viele Gedankenanstösse, um mit der Partnerin zu besprechen, wie man die Rollen teilen und zusammen Eltern sein will.
Du bist selber Vater eines Vierjährigen, was hättest du gerne vor der Geburt gewusst?
Ich hätte gerne mehr Möglichkeiten gehabt, mit andern Männern zu sprechen, die selber gerade Vater geworden sind und ihre Erfahrungen geteilt hätten. Man kann sich ja dann raus picken, welche Tipps einem was bringen und welche nicht. Ausserdem hätte ich gerne mehr gewusst über die Schwierigkeiten, die es rund ums Elternwerden geben kann. Paarkonflikte, Schlafmangel, postpartale Depression. Da hofft man einfach, dass es gut kommt, dabei wäre mehr Wissen Gold wert.
Wie hast du die erste Zeit als Vater erlebt?
Sehr schön und gleichzeitig sehr anstrengend. Ich konnte mir die ersten zwei Monate unbezahlten Urlaub nehmen und viel Zeit mit meinem Sohn haben. Und als meine Partnerin wieder arbeiten ging, blieb ich nochmals zwei Monate zuhause. Das hat mir enorm viel gegeben. Richtig streng wurde es, als wir dann wieder im «normalen» Arbeitsrhythmus funktionieren mussten.
Wie teilen sich deine Partnerin und du die Betreuung auf?
Aktuell arbeitet sie übergangsweise 100 Prozent, ich 60. Zum Glück nur zwei Monate. Das schlaucht grad enorm. Bisher haben wir beide 60 Prozent gearbeitet und uns zu gleichen Teilen um die Kinderbetreuung gekümmert
Wie sehr hat dich die Vaterschaft verändert?
Vater zu sein ist jetzt eines der wichtigsten Dinge in meinem Leben. Eine ganz neue Rolle, Perspektive und Verantwortung. Das bereichert mich enorm. Ein Kind dabei zu begleiten, wie es sich in rasendem Tempo entwickelt und die Welt entdeckt, ist wirklich sehr spannend. Manchmal ist es aber auch anstrengend und langweilig. Stundenlang mit Autöli spielen oder am Sandkasten zu sitzen finde ich nicht so prickelnd. Mein Sohn lässt mich nicht mitbauen. Ich mache alles falsch, sagt er. Da vermisse ich Erwachsenengespräche ohne Unterbrechung. Und auch Partys und Konzerte ab und zu.
Was findest du am Elternsein besonders herausfordernd?
Den totalen Verlust der zeitlichen Autonomie. Ein Baby diktiert den Zeitplan komplett. Und seine Bedürfnisse lassen sich nicht aufschieben. Wenn es Hunger hat, muss man schöppelen, wenn es weint, muss man trösten. Seine Zeit frei einzuplanen, ist ein Privileg, das man erst richtig zu schätzen lernt, wenn man es als Eltern verliert.
Was ist das Schöne am Kinderhaben?
Zu dritt kuscheln im Bett. Die lustigen, süssen und schlauen Gedanken unseres Sohns. In die Kinderwelt einzutauchen, wo es keinen Zeitdruck und to dos gibt. Als Elternteam versuchen, ein Zuhause zu erschaffen, in dem das Kind glücklich, sicher und doch selbstbestimmt aufwachsen kann.
Welche 3 Tipps sollte jede/r wissen, der Kinder kriegt?
Erstens, ein Baby macht Arbeit. Wie ein zusätzlicher Vollzeitjob. Man muss sein altes Leben nicht aufgeben, aber priorisieren, was man weiterhin machen will und wo man reduziert. Zweitens, ein Unterstützungsnetzwerk bauen. Grosseltern, Freunde, die eigenen Geschwister. Und traut euch zu sie fragen, ob sie mal das Babyphon hüten kommen. Man braucht als Paar Inseln. Zwei Stunden zu zweit im Café an der Ecke können Wunder wirken. Drittens, sich darüber Gedanken machen, was für ein Vater man sein willst. Und besprich mit deiner Partnerin, wie ihr euch Erwerbs- und Carearbeit aufteilen wollt – und zwar vor der Geburt! Wer sich keine Gedanken macht, landet traditioneller als er sich das wünscht. Dafür sorgen die Strukturen.