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Einschulung

Sarah van Berkel: «Das Loslassen fällt mir leicht»

Ein Meilenstein steht an! Tim, der Sohn von Eislaufstar Sarah van Berkel, kommt in den Kinder­garten. Auf dem Weg dorthin beschreitet er einen neuen und wichtigen Lern- und Entwicklungsraum: seinen Kindergartenweg.

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Sarah van Berkel, ehemalige Schweizer Eiskunstläuferin mit Sohn Tim und Noè (im Kinderwagen), Schule-Extra Heft,  laufen den Kindergartenweg ab, Dottikon AG, 4. Juli 2024

Sarah van Berkel ist ehemalige Eiskunstläuferin und zweifache Mutter. 

Fabienne Buehler/SI

Die Enttäuschung steht Tim ins Gesicht geschrieben. «Wieso gehen wir nicht rein?», fragt der Vierjährige seine Mutter, Sarah van Berkel (40) und ihr Sohn stehen vor der verschlossenen Tür des Kindergartens. Dahinter wartet eine ganze Welt auf Tim – doch bis er sie betreten darf, muss er sich noch etwas gedulden. «Wir üben nur den Weg, Tim», erklärt die ehemalige Eiskunstläuferin. «Damit du weisst, wo du langgehen musst, wenns losgeht.» Los geht es zu Beginn des neuen Schuljahrs in wenigen Tagen: Dann ist Tim offiziell eingeschult und geht jeden Vormittag mit Lüchtsgi und Rucksack aus dem Haus.

Der Kindergarten liegt rund 500 Meter vom Haus der Familie van Berkel entfernt. Tim braucht für dieses Strecke locker 30 Minuten. Er knabbert ein frühreifes «Brumm-Beeri» (Brombeere) und sammelt wilde Erdbeeren für seinen Bruder Noè, 2, im Kinderwagen. Tim pflückt Blumen, schaut einem Milan hinterher, und als der Rucksack schwer wird, erfindet er ein Kunststück: durch virtuoses Geturne schlüpft er aus den Tragegurten, ohne die Brustschnalle zu lösen. «Am Tempo können wir noch arbeiten», bemerkt Sarah van Berkel schmunzelnd. «Wir werden öfter mit dem Zmittag auf ihn warten müssen.»

Darum ist der Kindergartenweg wichtig für die Entwicklung

Das lohnt sich. Die Strecke zwischen daheim und dem Kindergarten ist aus entwicklungspsychologischer Sicht eines der wichtigsten Lern- und Entwicklungsfelder einer Kindheit. Motorische Fähigkeiten und alle Sinne kommen zum Einsatz, soziale Skills werden geschult und die Gesundheit gefördert, wenn Kinder unterwegs ihre Umgebung entdecken, Geheimwege erkunden und Freundschaften pflegen.

Jedoch macht sich Sarah van Berkel auch um die Risiken Gedanken, denen Tim unterwegs ausgesetzt ist. Ihr Sohn könnte zwei unterschiedliche Wege nehmen: der befahrenen Dorfstrasse entlang oder durch den Rebberg, wo es zwar kaum Autos gibt, dafür auch keine Hilfe, wenn mal etwas passiert. «Mein Mann Jan und ich haben nun entschieden, dass wir uns nach unseren Nachbarn richten, deren Kinder bereits eingeschult sind. Die gehen gemeinsam der Dorfstrasse entlang.» Die Strasse ist zwar wenig befahren, hat jedoch keinen Gehsteig. «Schau, hier musst du rechts gehen, damit die Autos dich sehen», ermahnt Sarah van Berkel ihren Sohn. An der Kreuzung steht er schon von ganz alleine still und guckt in alle Richtungen.

Ein sicheres Verkehrsverhalten lernen Kinder nach und nach, und zwar bereits lange vor dem ersten Kindergartentag. «Übung macht den Meister, das gilt auch in der Verkehrssicherheit. Je mehr Routine ein Kind früh in Begleitung Erwachsener aufbauen darf, desto sicherer verhält es sich später auf dem Kindergarten- und Schulweg», sagt Barbara Rehmann, Projektleiterin Schulwegsicherheit beim Verkehrs-Club der Schweiz VCS. Sie empfiehlt Eltern, einen Begleitdienst zu organisieren, bis die Kinder sicher von A nach B kommen. Keinesfalls sollte man sie mit dem Auto zur Schule fahren, wenn es sich vermeiden lässt. «Das sogenannte Elterntaxi führt zu einem Teufelskreis: Je mehr Eltern ihre Kinder fahren, desto gefährlicher wird die Verkehrssituation rund ums Schulhaus für Kinder, die zu Fuss gehen. Dadurch bringen wiederum mehr Eltern ihre Kinder mit dem Auto, was am Ende vielen Kindern einen wichtigen Lernprozess verwehrt.»

Für Sarah van Berkel ist das sowieso keine Option. «Wir sind auch als Familie oft als Fussgänger oder mit dem Fahrrad im Dorf unterwegs. Ich denke, dass Tim schon sehr gut weiss, welches Verhalten an der Strasse wichtig ist.» Sie werde ihn «so lange wie nötig und so kurz wie möglich» begleiten, bevor ihr Grosser auf eigene Faust loszieht. «Es ist ein Meilenstein, klar. Aber das Loslassen fällt mir leicht, wenn ich sehe, wie sehr Tim sich auf sein Leben als Kindergärtler freut!»

Sylvie Kempa
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Von Sylvie Kempa am 9. August 2024 - 18:00 Uhr