Mein Partner und ich haben einen 14 Monate alten Sohn. Jetzt wünscht sich mein Mann ein weiteres Kind, mir geht das zu schnell. Ich bin schon jetzt oft am Anschlag und hänge zudem an meiner Freiheit. Was meinst du? Ist es so, dass zwei Kinder unverhältnismässig mehr Aufwand bedeuten, als eines. Oder läuft das zweite einfach so mit, wie mein Mann behauptet? — Simona
Liebe Simona
Aus Erfahrung kann ich dir versichern, dass die zeitliche Belastung – aber vor allem auch die emotionale Präsenz – mit zwei Kindern viel grösser ist, als sie mit einem war. Dazu kommt: Je geringer der Altersunterschied der Geschwisterkinder ist, umso strenger gestaltet sich dein Alltag als Mutter. Besonders in den ersten Lebensjahren.
Und nein, das zweite Kind läuft nicht einfach so mit. Auch der finanzielle Aufwand nimmt zu. Möchtest du berufstätig bleiben, geht ein Grossteil deines Gehalts an die Betreuungskosten der Kita. Für viele Familien rechnet es sich mit zwei Kindern nicht mehr, dass beide Elternteile arbeiten gehen. Und laut Statistik geben immer noch mehrheitlich die Mütter ihre Karriere auf, wenn es um die Familienplanung geht.
Ein Babysitter für zwei lässt sich nicht mehr so schnell finden
Wenn du stark an deiner Freiheit hängst und dir auch in Zukunft gerne viel Zeit für deinen Partner nehmen möchtest, würde ich mir die Geschwisterplanung tatsächlich gut überlegen. Oder zumindest sehr bewusst einen grossen zeitlichen Abstand zwischen den Schwangerschaften einplanen. Ein Kind ist meistens schnell fremdbetreut. Einen Babysitter für zwei Kleinkinder zu finden, gestaltet sich schwieriger.
Besonders in den ersten Jahren musst vor allem du als Mutter zurückstecken und das meiner Meinung nach auch von Herzen wollen.
Geschwister streiten sich durchschnittlich drei Mal pro Stunde
Ist das Baby einmal da, hast du mit Sicherheit weniger Zeit für das Erstgeborene. Gemütliche Märli-Stunden mit einem Kind auf dem Schoss kannst du bald vergessen. Das Geschwisterchen will selbstverständlich auch zu dir sitzen! Wenn nötig, verschafft es sich Platz mit Gewalt. «Mini Mami, miis Bei!», sind bei Kleinkindern Standardsätze, die ihre älteren Geschwister provozieren.
Aber auch sonst «chlöpft» es immer wieder gerne. Das Kleine will nicht so, wie die Grosse möchte, oder anders rum. Laut US-Forschern kriegen sich Geschwister alle 17 Minuten in die Haare.
Habt ihr auch ein Thema, das euch beschäftigt? Dann schreibt ein Mail an romina@schweizer-illustrierte.ch
Nerven und Geduld brauchst du auch, wenn du pünktlich sein willst. Du musst zweimal den Kindern die Hosen, Jacken und Schuhe anziehen und zweimal die Gurten im Auto festmachen. Eigentlich machst du jeden Handgriff doppelt. Beide müssen Händewaschen. Beide sollten baden. Beide sind hungrig und jedes Kind möchte gerne zuerst etwas kriegen. Beide brauchen ganz, ganz viel Nähe.
Die kalte Jahreszeit ist mit zwei Kindern besonders anstrengend
Richtig streng sind im Kleinkindalter oft auch die Wintermonate: Husten, Schnupfen, Fieber, Dünnpfiff und dazu noch all die lässigen Kinderkrankheiten. Kaum ist das eine Kind gesund, hat das andere erhöhte Temperatur. Kränkelnde, zahnende und träumende Kinder sind anstrengend! Gut möglich, dass du über mehrere Wochen keine Nacht mehr durchschlafen kannst. Richtig lästig wird es, wenn du im Zwei-Stunden-Takt aus dem Schlaf gerissen wirst. Und meistens, sorry, liebe Väter, verlangen kränkelnde Kinder nach ihrer Mama.
Shopping? Das wird richtig unentspannt mit mehreren Kindern
Auch das Kochen und Backen verliert zunehmend an Attraktivität. Während das eine Kind den Sonntagszopf anstreicht, räumt das andere schnell die Schublade aus oder stellt sich gefährlich nah an den heissen Wassertopf. Ohne Multitasking kommen Mehrfacheltern nicht mehr aus.
Eine besonders herausfordernde Disziplin ist das Einkaufen mit zwei Kindern (oder mehr). Das wird eine Zeit lang so richtig herrlich unentspannt! Eines der Kinder streift bestimmt durch die Regale davon – Stress pur, wenn du nicht riskieren willst, dass dich der Ladenpolizist ins Büro zitiert.
Ach ja, und Zeit mit dem Partner ... was ist das?
Und doch bereut Romina Brunner ihre Entscheidung nicht
Liebe Simona, ich habe nun absichtlich nichts beschönigt, eben weil du unsicher bist. Selbstverständlich ist es nicht immer gleich anstrengend. Du solltest dir jedoch bewusst sein, dass es solche Tage gibt.
Doch ein einziges Kinderlachen und die Umarmungen von kleinen Kinderarmen entschädigen Eltern für alles. Mit zwei Kindern auch doppelt. Wenn du bereit bist, deine Bedürfnisse für einige Jahre runter zu schrauben und deine Zeit den Kindern zu widmen, gibt es nichts Schöneres auf der Welt, als eine grosse Kinderschar daheim zu haben.
Ich würde unsere Mädchen nie hergeben!
Herzlich, Romina
Unsere Expertin für Familienfragen
Nie waren Eltern so gut informiert wie heute. Und nie war es schwieriger, im Dschungel aus Ratgebern und Internetforen den besten Weg für den eigenen Nachwuchs zu finden. Unsere Familien-Expertin Romina Brunner hilft, Ordnung zu schaffen. Regelmässig berät die zweifache Mutter und Journalistin die SI-Family-Community zu Themen und Fragen aus dem Familienalltag.