Wie schafft es eine Familie, ihr gesamtes Hab und Gut so zu reduzieren, dass am Schluss alles in sechs Taschen und ein kleines Segelschiff passt? Oliver, 40, Liset, 37, Atl, 9, und Lou Zäch, 5, aus Hünenberg im Kanton Zug haben sich Kopf voran ins Abenteuer gestürzt und erzählen von ihrer Reise auf den Meeren dieser Welt.
«Um 16:00 Uhr standen wir mit sechs aus einem alten Segel selbstgenähten Taschen am Flughafen in Zürich. Total 180 Kilogramm Material. Unser ganzer Besitz für die Zukunft. Ziel: Marmaris, Südtürkei.
Im Sommer 2017 hatten wir die Idee, gemeinsam als Familie ein Abenteuer zu erleben, mehr gemeinsame Zeit zu verbringen, Herausforderungen zu meistern und Erinnerungen zu schaffen. Auf einem Segelboot leben und die Welt erkunden. Das war unser Traum.
Damit dieser Traum in Erfüllung ging, mussten wir alle mit anpacken. Budget erstellen, Boot suchen, Segelschein machen, Funkprüfung ablegen, gefühlt tausend Kündigungen für Versicherungen, Mitgliedschaften, Abos, Arbeitgeber und Schulen schreiben. Autos, Motor- und Fahrräder verkaufen. Und die 125-Quadratmeter-Wohnung räumen.
Sechs Taschen also. Eine davon für Bücher, Bastel- und Schulmaterial. Eine für Ausrüstung. Und eine für jedes Familienmitglied.
Beim Räumen der Kinderzimmer wurde allen klar, dass 90 Prozent der Spielsachen entweder dekorativen Charakter hatten oder einfach nicht mehr gebraucht wurden. Zusammen fanden wir heraus, was Atl und Lou wirklich wichtig ist. Dieser Prozess dauerte mehrere Wochen. Am Schluss packten wir Lego, Puppen, Spiele wie UNO, Schach oder Bibergang, Malsachen, die Nintendo Spielkonsole und das Tablet ein.
«Das Räumen der Wohnung hatte etwas unglaublich Befreiendes.»
Oliver Zäch
Der Überfluss wurde uns auch beim Kleiderpacken bewusst. Wer kommt beim Stapel mit den T-Shirts schon weiter als Nummer drei? Mit dieser Erkenntnis und der Tatsache, dass wir auf dem Boot Wind und Wetter ausgesetzt sein würden, wählten wir aus.
Das Räumen der Wohnung hatte etwas unglaublich Befreiendes. Wir wurden zu Dauergästen im Entsorgungshof. Was noch gut in Schuss war, verkauften wir online und füllten so unsere Bordkasse auf. Bis auf 35 Kartons haben wir alles weggegeben. Wann wir das nächste Mal einen Blick in sie werfen werden, steht in den Sternen.
Viel schwieriger als die Trennung von Materiellem war die Verabschiedung von unserem solzialen Umfeld. Mehrere Goodbye-Feste haben uns und besonders den Kindern sehr dabei geholfen.
Mit Abschiedsgeschenken und Grüssen auf unseren selbst genähten Taschen standen wir kurz darauf am Flughafen. Die Dame am Check-in war von letzteren so begeistert, dass sie uns die Gebühr von 300 Euro fürs Übergepäck kurzerhand erlassen hat.»
In einer losen Serie begleiten wir Familie Zäch auf ihren Abenteuern. In einem zweiten Teil erfahrt ihr, wie der Start in der Südtürkei verlief und wie sich die Familie auf dem Segelboot einlebte.
Famlie Zäch ist seit dem Frühling 2019 auf ihrem Segelboot unterwegs. Start der Reise war in der Südtürkei, das Traumziel ist die Karibik. Wie lange Schreiner und Sozialpädagoge Oliver, 40, Eventmanagerin Liset, 37, und die Kinder Atl, 9, und Lou, 5, über die Weltmeere tingeln wollen, wissen sie selbst noch nicht. Auf ihrem Reiseblog «Familia por el mundo» könnt ihr nachlesen, wie es im Alltag auf den 25 Quadratmetern so läuft.