An der Modefront herrschen verheerende Regeln. Selbst wer dort dünn ist, ist noch zu dick. Deshalb greifen Models zu immer drastischeren Massnahmen, um dem Anspruch der Designer gerecht zu werden. Dies behauptet Kirstie Clements, 48, eine ehemalige Redakteurin der australischen «Vogue», die ein Enthüllungsbuch über ihre Zeit beim Modemagazin herausgebracht hat. Sie schreibt, es gäbe nebst dem Prädikat «dünn» auch noch «Paris dünn». Das seien zwei weitere Kleidernummern weniger als in der Branche üblich.
Um dieses Gewicht zu erreichen, begeben sich die Models gesundheitlich in grosse Gefahr: Entweder essen sie gar nichts oder sie stillen ihren Hunger mit Taschentüchern. Die haben nämlich keine Kalorien. Und falls es irgendwann zum Kollaps kommt, geht es einfach ins Krankenhaus an den Tropf. Das etwa erzählte ihr ein russisches Mädchen ganz beiläufig von ihrer Mitbewohnerin, während sie in einem Salat rumstocherte - «um gegen die negativen Effekte ihrer extremen Diät anzugehen». Weiter erinnert sich die Journalistin an Momente, in denen sich die Mädchen wegen Unterernährung übergeben mussten oder vor lauter Kraftlosigkeit kaum arbeiten konnten. Einmal hätte sie drei Tage mit einem Model verbracht, das während der ganzen Zeit nichts gegessen hätte. Am letzten Tag des Shootings konnte sie kaum mehr stehen oder die Augen offenhalten. Da diese Radikal-Diäten meist nur wenig Einfluss auf die Grösse der Brüste haben, würden diese oftmals chirurgisch verkleinert, will die Insiderin wissen.
Das Werk von Kirstie Clements, die im vergangene Mai wegen eines Führungswechsels fristlos gekündigt wurde, sieht schwer nach Abrechnung aus, denn schliesslich hat die Australierin die Gepflogenheiten der Szene lange 25 Jahre mit angesehen. Oder aber sie hat die Tragweite erst jetzt begriffen.