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Lehrlinge in traditionellen Berufen

Altes Handwerk, junge Büezer

Kaum Nachwuchs, vom Aussterben bedroht: Das traditionelle Handwerk kämpft ums Überleben und gegen Vorurteile. Fünf Lehrlinge erzählen der «Schweizer Illustrierten», warum ihr Wunschberuf so gar nicht veraltet und verstaubt ist. Im zweiten Teil: ein Textiltechnologe, eine Korb- und Flechtgestalterin und ein Müller.

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TUFAN ÜSÜMEZ, 21, TEXTILTECHNOLOGE / VEREDELUNG
Nach dieser Ausbildung wolle er noch eine zum Textiltechniker machen, sagt Tufan Üsümez. Sein Wunsch zur Ausbildung hat familiäre Gründe: «Mein Onkel hat in der Türkei eine Fabrik für Badetücher. Die Muster fand ich immer schön.»

Die Arbeitsschritte im Beruf des Textiltechnologen haben sich über die Jahre kaum verändert. Doch die Entwicklung des Inkjet-Drucks gab dem Gewerbe neue Möglichkeiten. Der Digitaldruck vereinfacht alles und macht das Farbenmischen per Hand obsolet. Er ersetzt aber den konventionellen Siebdruck nicht. Die Probleme sind, qualifizierten Nachwuchs zu finden und der steigende Preisdruck. Die Textilproduktion wird nach Asien ausgelagert, die höheren Preise der Swiss-made-Produkte wollen nur wenige zahlen. Die Auftragslage stagniert.

«Mir macht vor allem die Abwechslung Spass», sagt der 21-Jährige. Jeden Tag bediene er viele verschiedene Maschinen, es sei nie langweilig. Auch vier seiner Freunde seien in der Branche tätig. Gerne würde Tufan später in seinem erlernten Beruf arbeiten.

Lehre: Textiltechnologe / Druck, Veredelung EFZ
Lehrzeit: 3 Jahre
Betriebe: (Veredelung) in der Schweiz 2
Lehrlinge: pro Lehrjahr 4-6
Ausbildungsstätte: Familie Blesi, Mitlödi Textildruck AG, Mitlödi GL

RAMONA ODERMATT, 17, KORB- UND FLECHTWERKGESTALTERIN
Ramona Odermatt sprechen seltene Berufe an. «Ich liebe es, Dinge von Hand herzustellen, und wollte schon immer einen kreativen Beruf lernen.» Für die 17-Jährige ist es die erste Ausbildung, und bisher sei es genau die richtige. Dass der Beruf des Korbflechters in Ramonas Umfeld eher unbekannt ist, stört sie nicht. «Wenn ich meinen Freunden erzähle, was ich mache, wissen sie oft nicht, was das ist.» Wenn sie ihre Arbeit dann erkläre, bekomme sie viel Zuspruch.

Der Beruf habe sich in den letzten Jahren gewandelt. Gearbeitet wird zwar noch mit Weidenzweigen oder Rattan. Doch wird vermehrt auf gestalterisches Flechten von Wänden und Zäunen im modernen Stil gesetzt. Angst, dass der Beruf einmal aussterben könnte, hat Ramona daher nicht. «Es gibt so viele Produkte.» Ramonas Tagesablauf besteht darin, Weidenzweige im Wasser biegbar zu machen und danach zu verflechten. Zwar tun Ramona manchmal die Fingerspitzen weh, denn die Arbeit ist anstrengend. Doch sie hält am Ende des Tages ein fertiges Produkt in den Händen. «Es ist eine Arbeit, die mich befriedigt», sagt sie.

Lehre: Korb- und Flechtwerkgestalterin EFZ
Lehrzeit: 3 Jahre
Ausbildungsstätten in der Schweiz: 2
Lehrlinge pro Lehrjahr: 2-3
Ausbildungsstätte: Thorsten Mönch, Blindenheim Horw LU

MATTHIAS GERBER, 19, MÜLLER
Für Matthias Gerber ist der Beruf des Müllers ein ganz besonderer und seltener. «Neben technischem Verständnis braucht man auch noch Kraft, es ist Maschinen- und Handarbeit.» Denn schon lange hat der Beruf des Müllers nichts mehr mit der kleinen Mühle und dem verstaubten Müller mit dem Mehlsack über der Schulter zu tun.

Heute erledigen Maschinen die Arbeit. Per Computer werden Mahlgeschwindigkeit und Körnigkeit des Mehls bestimmt - Matthias muss Knöpfe drücken, statt alles per Hand einzustellen. «Unter meinen Freunden bin ich der Einzige, der diesen Beruf lernt», sagt der 19-Jährige. Die meisten wüssten gar nicht, was sie sich unter der Tätigkeit eines Müllers vorstellen sollten, das Image sei veraltet. Für Matthias ist jeder Tag spannend: «Ich weiss nie, was mich erwartet.» Dazu lernt er in der Ausbildung das Bedienen der Maschinen, Getreide-, Waren- und Elektrokunde. Und es brauche viel Geduld, denn «wenn eine Maschine mal ausfällt, muss ich sie reparieren können», sagt er. Erst dann gehe die Arbeit weiter.

Nach der Lehre wechseln im Schnitt 50 Prozent der Auszubildenden den Beruf. Neue Lehrlinge zu finden, ist schwer. Neben Matthias hatte die Aeschlimann-Mühle dieses Jahr keinen einzigen Bewerber.

Lehre: Müller EFZ
Lehrzeit: 3 Jahre
Betriebe in der Schweiz: rund 60
Lehrlinge pro Lehrjahr: 6-10
Ausbildungsstätte: Aeschlimann-Mühle, Lotzwil BE

Von Maren Meyer am 1. August 2015 - 06:00 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 15:57 Uhr