Hier ist es ja wie im Paradies», sagt Markus Ritter, als Monika Zahner ihm ein währschaftes Plättli serviert. Die 36-jährige Wirtin zeigt auf die tropischen Pflanzen vor ihrem Gasthaus Burg-Strahlegg. «Ja. Wir sind vom Klima verwöhnt.» Täglich erlebt die St. Gallerin, wie Gäste ihrer Gartenwirtschaft ein Handy-Foto mit den Palmen verschicken. Dem folgt meist folgender SMS-Verkehr: «Seid ihr im Tessin?» – «Nein, am Walensee!»
Heu, Tessinerpalmen und ein Plättli
Als Präsident des Schweizer Bauernverbands und CVP-Nationalrat ist Markus Ritter, 50, schon viel in seinem Kanton St. Gallen herumgekommen. Doch hier in Betlis, einem Weiler der Gemeinde Amden, war er noch nie. Im Rücken die Kette der Churfirsten, zu Füssen der türkisblaue Walensee. Zur Schiffsanlegestelle Betlis sinds fünf Gehminuten. Mit dem Auto ist die «Strahlegg» nur von Weesen SG her erreichbar. Im Halbstundentakt, wegen eines langen Tunnels.
Nun sitzt Ritter in der Gartenwirtschaft des bekannten Ausflugsrestaurants, geniesst den Schatten des Nussbaums und die schöne Aussicht. Es riecht nach Heu. Ein laues Lüftchen streicht durch die Blätter der hohen Tessinerpalmen, die vor dem Gasthaus stehen. Wenn er nach einer langen Session im Bundeshaus müde heimreise, erzählt Ritter, blicke er vom Zug jeweils auf die andere Seite des Walensees, Richtung Betlis und Quinten, der autofreien Nachbargemeinde. «Dann denke ich immer: Dort drüben muss die Welt noch in Ordnung sein.»
«Ein gluschtiges Plättli unter Palmen, mit Blick auf den See: Was will man mehr?»
Die «Strahlegg»-Wirtin schüttelt den Kopf, sagt: «Nicht immer.» Sie und ihr Ehemann Walter, 38, betreiben den Gasthof in der vierten Generation, ihr Landwirtschaftsbetrieb steht nebenan. Walter Zahner stellt den Motor des Heuwenders ab, setzt sich zu Ritter an den Tisch. Dieser nimmt sein iPhone aus der Hosentasche, zeigt ein Foto: Gesunde Zwillingskälblein sind am Vorabend auf seinem Bauernhof in Altstätten SG zur Welt gekommen. «Etwas Beglückerendes gibts nicht!»
Die Terrasse ist gut besetzt. 300 Mittagsgäste bewirteten Monika Zahner und ihre Angestellte am Vortag. Wanderer und Mountainbiker aus der ganzen Deutschschweiz. Betlis liegt am Wanderweg Weesen–Walenstadt SG. Die Haus-Spezialitäten: Kartoffelsalat und Kuchen, jeden Tag frisch. Nur ein paar Minuten entfernt stürzt der Seerenbachfall 305 Meter in die Tiefe - der höchste Wasserfall der Schweiz.
Das Tessin am Walensee
Prost! Bei einem Glas suure Moscht unterhält sich Ritter mit dem Strahlegg-Bauern über die Situation auf dem Milchmarkt. Und er will wissen, wie viele Tiere es auf dem Hof hat. Walter Zahner: «Da drüben stehen die Zwergesel Bianca und Tobi.» Dazu 25 Stück Vieh, 9 Geissen, 25 Hühner.
Der Bauernpräsident schaut auf seine Uhr. Zeit aufzubrechen, daheim wartet viel Arbeit: Öko-Heu und Emd einbringen, Brotweizen dreschen, Medienanfragen beantworten, Referate vorbereiten. Pro Jahr hält Ritter 120 Vorträge, nimmt an 40 Podiumsdiskussionen teil. Seine letzten Ferien? Vergangenen Winter, drei Tage im Obertoggenburg.
«Ich komme gern wieder», sagt Ritter zum Abschied. Sein Blick schweift nochmals über die Palmen. Er schmunzelt. «Das Tessin liegt halt doch am Walensee.»
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