Es sollte ein bewusstes Statement gegen unrealistische Schönheitsideale sein. Doch das Experiment mit den Laien-Models in der Frauenzeitschrift «Brigitte» ist nach zweieinhalb Jahren gescheitert. Der Grund: Die Leserinnen hätten sich von «normalen» Frauen zu sehr abgelenkt und in manchen Fällen sogar unter Druck gesetzt gefühlt. Seit Anfang September zieren deshalb wieder professionelle Models das Cover und mehrheitlich die Modestrecken der deutschen Zeitschrift. Doch Size-Zero-Figuren würden es auch weiterhin nicht ins Heft schaffen, versprechen die beiden Chefredaktoren Brigitte Huber und Stephan Schäfer.
Zineta Blank, Chefin der Zürcher Modelagentur Visage, wundert dieser Entscheid der Verlagsleitung ganz und gar nicht. Schliesslich verkaufe die Modewelt Träume, die normale Models schlicht und einfach nicht erfüllen können. Ganz egal, wie schön sie sind: «Sie haben keine Erfahrung und es braucht manchmal sehr lange, bis sie das rüberbringen, was Fotograf oder Kunde von ihnen erwartet.» Sie selbst buche nur ganz selten unerfahrene Models für Kampagnen. Und auch nur dann, wenn sie wahnsinnig talentiert seien.
Dass sich die Leserinnen damit schwer tun, sich mit ihrer Nachbarin zu identifizieren, sei ja klar, sagt Zineta Blank. Schliesslich möchte die Konsumentin aufschauen und einen Stil kopieren können.
Blank weiss, wie anspruchsvoll die «Brigitte» ist. Seit Jahren gehört die Frauenzeitschrift zu ihrem Kundenstamm: «Sie möchten Models, die cool, edel und trendy sind. Sie müssen ein schönes Lachen haben, sympathisch und natürlich rüberkommen.» Und auch der Körper muss wohl proportioniert sein. «Zu dünn geht gar nicht.»
Ein weiterer nachvollziehbarer Punkt für eine Zeitschrift, wieder auf professionelle Models umzusteigen, sei auch der Zeit- und Kostenfaktor, weiss die Visage-Chefin. «Ein Mädchen muss auf Kommando Lachen, Schreien oder Weinen können. Sie kann ihren Körper so gut in Szene setzen, dass der Fotograf nur noch abdrücken muss. Das kann man beim sogenannten ‹Mädchen von nebenan› einfach nicht verlangen. Das wiederum heisst, dass der Aufwand für eine Produktion einfach zu gross ist.» Wenn es so leicht wäre, mit normalen Models zu arbeiten, würden Modelagenturen nicht zwei bis drei Jahre in ein Mädchen investieren. Denn in den meisten Fällen stelle sich erst dann der gewünschte Erfolg ein.