Es ist zugegeben eine breite Nische, dank der Schauspieler Nicolas Cage (60) wieder in die Erfolgsspur gefunden hat. Sie lag zuletzt irgendwo zwischen Drama, Komödie, Horror und Fantasy und hat mindestens seit 2021 bestand, als sich Cage in «Pig» 90 Minuten lang und überraschend rührend auf die Suche nach seinem Trüffelschwein begab. Sein neuer Film «Dream Scenario» (ab 21. März im Kino) verbindet nun diese vier Genres zu einer Groteske, in der auf einfallsreiche Weise die moderne Fame–Kultur auf die Schippe genommen wird. Mit einem Nic Cage in Höchstform – und als Freddy Krueger mit Halbglatze.
(Alb–)Träume werden wahr – darum geht es
Müsste man den Begriff «Normalo» bebildern, so würde man hierfür ein Foto des Lehrers Paul Matthews (Cage) heranziehen. Familienvater Paul, so gerne er als Sachbuchautor nach Höherem streben würde, führt ein bodenständiges und gesichertes, nur eben auch maximal durchschnittliches Leben. Ein Leben, von dem er sich durch ein ungewöhnliches Massenphänomen zunächst bereitwillig verabschiedet – und es sich wenig später mehr denn je zurücksehnt.
Urplötzlich fangen Menschen rund um den Globus an, Paul in ihren Träumen zu sehen. Der Ablauf ist dabei zu Beginn immer derselbe: Während sich die Personen im Traum in einem Horrorszenario wiederfinden, taucht Paul unvermittelt als teilnahmsloser Zuschauer auf. Als immer mehr Menschen der mysteriöse Mann mit Halbglatze im Schlaf erscheint, wird durch Zufall Pauls wahre Identität bekannt – und der Biologie–Professor über Nacht zur Weltberühmtheit. Dieser Status gefällt Paul im ersten Moment sehr, fühlt er sich dadurch doch zum ersten Mal in seinem Leben wirklich gesehen. Die Freude verfliegt jedoch schnell, als sein Traum–Pendant plötzlich anfängt, sehr wohl aktiv zu werden – auf abscheuliche Weise.
Alles für den Fame
Schon in seinem Erstlingswerk «Sick of Myself» (2023) beschäftigte sich der norwegische Regisseur Kristoffer Borgli (39) mit unverhofftem Ruhm und den negativen Auswirkungen, die dieser auf Menschen haben kann. In «Dream Scenario» tut er dies nun mit eindeutigem Fingerzeig auf die heutige Internet–Kultur, in der jemand ebenso schnell (und mitunter unverdient) zur Persona non grata wird, wie er zuvor zum Star hochstilisiert wurde.
Aber auch die Figur selbst wird kritisch hinterfragt: Wenn jemand wortwörtlich durchs Nichtstun berühmt wird und den Fame wie Paul in vollen Zügen geniesst – darf sich diese Person dann darüber beschweren, wenn sie ebenfalls ohne Grund zum verhasstesten Menschen der Welt wird?
Es ist eine ausgesprochen zynische Betrachtung auf die Realität, die Borgli in seinem Film auf Fantasie–Ebene anstellt. Apropos: Am besten ist «Dream Scenario», solange er sich unbekümmert im Fantasy–Genre austobt. Zumeist zahlen solche Filme die Zeche dann mit ihrem Finale, das die schräge Handlung nicht zufriedenstellend festzurren kann. Auch bei «Dream Scenario» ist das ein Stück weit der Fall – als überhastet eine Erklärung für Pauls Traumwanderungen aufgepfropft und aus Fantasy Sci–Fi wird. Mit seiner letzten, durchaus rührenden Szene findet der Film aber dann doch ein versöhnliches Ende.
One–Cage–Show
«Dream Scenario» bietet die gesamte Klaviatur an Nicolas Cage, die den Schauspieler seit jeher auszeichnet. Als Lehrer Paul Matthews zeigt er sich nicht nur mit unvorteilhafter Halbglatze, er ist charmant bis schäbig, bemitleidenswert bis unangenehm. Zeitweise legt er ein melancholisch–unaufgeregtes Schauspiel an den Tag, das er schon in Filmen wie «The Weather Man» (2005) oder dem eingangs erwähnten «Pig» unter Beweis stellte. Gegen Ende wird seine Darbietung – passend zum Geisteszustand seiner Figur – zunehmend manischer. Spätestens, wenn sein Alter Ego beginnt, sich wie Freddy Krueger durch die Träume seiner Opfer zu schnetzeln.
Fazit:
«Dream Scenario» schnappt sich eine reale Entwicklung in unserer Gesellschaft und macht durch seine Fantasy–Handlung die Kritik daran umso plakativer. Mit diebischer Freude und schlafwandlerischer Sicherheit durchwandert Nicolas Cage die Genre–Melange, die Regisseur Kristoffer Borgli ersonnen hat – und der erst gegen Ende ein wenig die kreative Puste ausgeht.