Orang-Utans, Eisbären, Haie, Gorillas, Vögel, Elefanten, Löwen, Delfine, Nashörner, Lachse und Wölfe - diese Tiere hat Hannes Jaenicke (62) seinem Publikum in der beliebten Tierfilm-Reihe «Im Einsatz für...» (seit 2008) bereits nähergebracht. Nun steht das erste Nutztier auf dem Programm: «Im Einsatz für das Schwein» (31.5. 22:15 Uhr, ZDF).
In seinem neuen Film zeigt der Schauspieler und Umweltschützer, «was für ein schnuckeliges, intelligentes, soziales und unterhaltsames Tier» das Schwein ist. Mit Richard David Precht (57) philosophiert er über Schlachthof-Besuche für 10. Klassen und warum die Massentierhaltung ein Auslaufmodell ist. Ohne Schockbilder erklärt Jaenicke zudem, was veganes Shampoo mit Schweinehaltung zu tun hat. «Das wusste ich vor den Dreharbeiten auch nicht», gibt er im Interview mit spot on news zu.
In Ihrem neuen Film sind Sie «im Einsatz für das Schwein» unterwegs. Was war die grösste Herausforderung?
Hannes Jaenicke: Schweine sind wirklich ein tolles Thema. Eine Herausforderung war allerdings, ohne die üblichen Schockbilder über sie zu erzählen. Das wollten wir aber unbedingt machen, weil sonst zu viele ausgeschaltet hätten. Unser Ziel ist ja, diejenigen abzuholen, die Massentierhaltung im Grunde genommen schon mal schlecht finden, im Supermarkt dann aber doch zum billigsten Fleisch greifen.
Unter anderem bekommt das Publikum ein Gespräch zwischen Ihnen und dem Philosophen Richard David Precht zu sehen. Er sagt, dass jeder mal in einem Massentierhaltungsstall und einem Schlachthof gewesen sein sollte. Am besten schon während der Schulzeit. Was halten Sie davon?
Jaenicke: Seinen Vorschlag, dass jede 10. Klasse in Deutschland diese Orte mal gesehen haben sollte, finde ich sensationell. Das Gespräch war generell eines der Highlights bei den Dreharbeiten. Richard David Precht ist unfassbar klug, hat ein enormes Gedächtnis, zitiert vollkommen sattelfest und redet so, wie wir schreiben. Wir haben drei Stunden lang miteinander gesprochen, im Film sind dreieinhalb Minuten davon zu sehen. Weil das Gespräch aber wirklich interessant geworden ist, hat das ZDF sich entschieden, das komplette Transkript ins Netz zu stellen.
Das Gespräch fand in einem Schlachthaus statt. Wie war es, sich darin zu unterhalten? War es nicht eine extrem unangenehme Atmosphäre?
Jaenicke: Ich habe schon zweimal einen Metzger gespielt, einmal in einem Bremen-«Tatort» und einmal habe ich einen Dorfmetzger verkörpert. Für diese Dreharbeiten habe ich mich sehr mit diesem Beruf beschäftigt, daher erschrecken mich Schlachthäuser überhaupt nicht. Mich interessiert aber auch vor allem, wie das lebende Tier behandelt wird.
Wenn es gut behandelt wird, ist der Fleischkonsum für Sie also in Ordnung?
Jaenicke: Ich habe nichts dagegen, wenn eine Kuh, die auf einer schönen Allgäuer Weide im Freien gehalten wurde, irgendwann von einem Profijäger mit einem Weidenschuss erlegt wird. Dann bitte esst diese Kuh, sie hat ein tolles Leben gehabt. Wenn eine Sau in Freilandhaltung sich aussuchen darf, ob sie im Stall oder draussen sein mag und sie am Ende ihres Lebens so «human» wie möglich getötet wird, ist es für mich auch in Ordnung, das Fleisch zu essen. Wenn die Tiere dagegen in diesen Hallen gestanden haben, krank sind, sich verletzen, durchseucht sind mit Antibiotika, dann lasst die Finger davon. Wir brauchen nicht jeden Tag Fleisch. Einmal die Woche ein richtig tolles, gesundes Stück Biofleisch und alles wäre in Ordnung.
Was spricht noch gegen Massentierhaltung?
Jaenicke: Das Ende der Massentierhaltung wäre ausserdem ein gewaltiger Beitrag zur Klimarettung. Die Fleischproduktion macht 23 Prozent des CO2-Ausstosses aus. Die Art der Tierhaltung macht also auch etwas mit unserem Planeten.
Sie thematisieren im Film veganes Shampoo, veganes Waschmittel und dergleichen. Was haben solche Produkte denn mit Tieren zu tun?
Jaenicke: Das wusste ich vor den Dreharbeiten auch nicht, wir fangen diese «Im Einsatz für...»-Filme ja auch immer als grosse Ignoranten an. Bei Gelatine und Gummibärchen wusste ich es. Für mich war es eine totale Schockerkenntnis, wo überall Schweinereste drin sind - in mehr als 7.000 Konsumprodukten. Seither achte ich tatsächlich darauf, veganes Shampoo und dergleichen zu nutzen.
Würden Sie denn sagen, dass sich inzwischen wenigstens ein bisschen was getan hat?
Jaenicke: Ja, die vegane Lebensweise setzt sich durch - zum Beispiel auch bei Hochleistungssportlern wie den Williams-Schwestern oder Lewis Hamilton oder Hollywood-Stars wie Angelina Jolie oder Brad Pitt. In den USA gibt es inzwischen eigentlich auch kein Restaurant mehr, in dem nicht auch eine gute vegane Alternative angeboten wird. Ich glaube, da hat ein Umdenken eingesetzt - in manchen Ländern allerdings schneller als in anderen.
Im Film verzichten Sie auf Schockbilder. Was bekommen die Zuschauerinnen und Zuschauer stattdessen zu sehen?
Jaenicke: Wir zeigen, was für ein schnuckeliges, intelligentes, soziales und unterhaltsames Tier das Schwein ist. Wie reinlich es auch ist, wenn es die Möglichkeit dazu hat.
Wann haben Sie das letzte Mal Schwein gegessen?
Jaenicke: Ich bin jetzt seit exakt 40 Jahren Vegetarier. Ich kann mich ehrlich gesagt nur noch dunkel daran erinnern, wann ich das letzte Mal Schwein oder ein anderes Fleisch gegessen habe. Meine Oma hat immer einen Sonntagsbraten gemacht. Und das Prinzip finde ich bis heute gut. Wir müssen gar nicht alle Vegetarier oder Veganer werden, aber wir müssen den Fleischkonsum radikal reduzieren. Und wer jetzt antwortet, dass der Mensch aber Fleisch braucht, sagt halt einfach nicht die Wahrheit. Denn um vielleicht nochmal auf die Williams-Schwestern zurückzukommen: Wenn man sich anschaut, wie sie Tennis spielen - ich glaube nicht, dass ihnen so furchtbar viel fehlt.
Wie ist es denn am Set? Merken Sie da beim Catering einen Wandel?
Jaenicke: Ja, es hat sich tatsächlich was geändert. Vor 20 oder 25 Jahren war ich vielleicht einer von drei Teammitgliedern, die kein Fleisch gegessen haben. Das habe ich aber ganz pflegeleicht gemacht, indem ich einfach nur die Fleischprodukte weggelassen habe. Bei einer internationalen Produktion vor drei Jahren war schon in etwa ein Drittel vegetarisch. Es hängt immer auch ein bisschen davon ab, wo du drehst, in Berlin ist es anders als in München. Es gibt auch ein starkes Stadt-Land-Gefälle. Mittlerweile tun mir die Caterer leid, weil sie für die einen Hackepeter kochen müssen, für die Vegetarier vegetarisch, dann kommen noch die Veganer hinzu und zu guter Letzt gibt es die Unverträglichkeiten. Ich glaube, es wäre am einfachsten, wenn die Produktionen einfach auf vegetarisch umsteigen würden.
Bei den Best Brand Awards im April ist Rügenwalder für die vegetarische und vegane Sparte ausgezeichnet worden. Haben Sie sich mit dem Unternehmen schon mal beschäftigt?
Jaenicke: Ja, ich habe die Chefs schon mal kennengelernt und die haben wirklich sehr früh kapiert, wohin die Reise geht. Und Gott sei Dank verdienen sie damit richtig Geld.
Wo sehen Sie die Zukunft der Fleischproduktion?
Jaenicke: Die aktuelle Art der Fleischproduktion wird sich bald nicht mehr rechnen und da die Wirtschaft immer siegt, ist die Massentierhaltung ein Auslaufmodell. Das Fleisch kommt demnächst aus der Petrischale. Es gibt immer mehr Start-ups, die das im grossen Stil vorantreiben. In den USA gibt es bereits Steakhäuser, die nur noch solches Fleisch anbieten. Und die Kundschaft ist begeistert.
Haben Sie solches Fleisch schon probiert?
Jaenicke: Nein. Ich brauch das nicht. Ich esse auch keine Ersatzprodukte wie Sojawürstchen oder so. Ich habe Fleisch nie vermisst.