Alec Völkel (51, Boss Burns) und Sascha Vollmer (51, Hoss Power) veröffentlichen am 5. Mai mit ihrer Band The BossHoss ihr zehntes Album. Was die Fans von «Electric Horsemen» erwarten können und warum die beiden auch noch nach 20 Jahren harmonisch zusammenarbeiten können, verrät Völkel im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news. Zudem erzählt der Sänger, wie sie Musik und Familie unter einen Hut bringen, warum die Band nicht beim ESC antreten würde und was sich das Duo für seine Teilnahme an der Spielshow «Schlag den Star» vorgenommen hat.
«Electric Horsemen» ist das zehnte Studioalbum. Gibt es eine spezielle Feier zum Jubiläum?
Alec Völkel: Das Jubiläum werden wir das ganze Jahr zelebrieren. Es ist ja nicht nur das zehnte Album, wir feiern auch 20 Jahre The BossHoss - erschreckend, aber wahr (lacht). Tatsächlich haben wir 2003 das allererste kleine Konzert gespielt, ein gutes Jahr, bevor wir dann einen Plattenvertrag unterschrieben haben. Das erste Album kam dann im Frühjahr 2005 und nun sind wir beim zehnten, das muss man erstmal schaffen. Keiner von uns beiden hätte gedacht, dass es jemals so lange The BossHoss geben wird. Das werden wir natürlich gehörig feiern, wenn das Album rauskommt und natürlich auch auf der Tour im Herbst.
Wenn Sie auf die Alben zurückblicken: Wie haben Sie sich als Musiker verändert und was ist in Ihrer Arbeit gleichgeblieben?
Völkel: Insgesamt sind wir die letzten 20 Jahre natürlich reifer geworden, hoffe ich doch (lacht). Musikalisch ist auch viel passiert. Vom ersten Grundstein und von der Grundidee, einfach mal Country zu probieren und ein paar Songs zu covern bis hin zum Kreieren eines komplett eigenständigen Sounds und einer Band, die jetzt etabliert ist seit so vielen Jahren. Dass wir uns entwickeln, haben wir bewusst versucht voranzutreiben, weil nach dem ersten Album klar war, dass man das nicht oft wiederholen kann. Der Witz ist durch und auch für uns muss es spannend bleiben. Gleichzeitig war es immer die grosse Aufgabe, typisch The BossHoss zu bleiben und wiedererkennbar zu sein, auch optisch. Cowboy ist Cowboy, aber es gibt viele Inspirationen, von Roadmovie bis Western, wie man die Geschichte immer wieder neu erzählen kann.
Haben Sie mal daran gedacht, den ikonischen Look abzulegen?
Völkel: Es gibt immer zwei Seiten der Medaille. Zum einen ist das natürlich eine totale Eigenständigkeit und Wiedererkennbarkeit, es ist das, was die Leute von einem kennen und was die Leute auch geil finden. Aber natürlich hast du in den 20 Jahren auch mal den Gedanken: Ich kann es nicht mehr sehen. Aber das ist die Kunst, immer wieder was anderes zu machen und auf jeder Tour ein bisschen anders daherzukommen, ohne dass man alles komplett verwirft.
Gab es neben Höhen auch Tiefen zwischen Ihnen und Sascha Vollmer?
Völkel: Glücklicherweise hält das super. Ich glaube, wir sind längst über den Punkt hinaus, wo man sich Sorgen machen müsste. Wir kennen uns seit 23 Jahren, waren über drei Jahre lang beste Kumpels, bevor die The BossHoss-Idee aufkam. Wir haben ein sehr gutes Miteinander, kennen uns super und haben eine gute Aufgabenteilung. Sascha ist hauptsächlich Producer und Songwriter, meine Baustelle ist mehr das Grafikdesign und die Videodrehs, also der ganze Look. Da ergänzen wir uns super und jeder weiss, dass wir uns aufeinander verlassen können. Wir hatten noch nie einen harten Konflikt oder eine Phase, wo wir uns nicht mehr abkonnten oder die Schnauze voll hatten. Wir wissen inzwischen, wie in jeder Beziehung, wenn wir mal ein bisschen Abstand brauchen.
Was können die Fans vom neuen Album erwarten?
Völkel: Es ist sehr vielfältig geworden. Es bietet den typischen The BossHoss-Sound, aber auch eine Menge Songs, die eine andere Facette aufmachen und ein bisschen ruhiger daherkommen. Mit Ilse [DeLange, Anm. d. Red.] haben wir auch den recht poppigen Song «You» dabei. Mit unserem Fanclub haben wir ein Pre-Listening zum Album gemacht. Das Feedback von den Fans ist wichtig, weil es total ehrlich ist. Mehr geht nicht. Wir können uns 100 Mal hinsetzen und mit der Plattenfirma und mit Experten besprechen, was die richtige Songauswahl ist. Am Ende ist der Fan das härteste Barometer, was du haben kannst. Deswegen ist so ein Treffen total gut und hat dieses Mal auch wieder super hingehauen. Es gab tatsächlich welche, die vorher skeptisch waren und Sorge hatten, dass die Platte zu elektronisch wird, aber die konnten wir dann doch beruhigen und abholen.
Im Herbst geht es für Sie auf Tour. Wie ist es für Sie, in den Tour-Kosmos einzutauchen?
Völkel: Auf Tour zu gehen und auf der Bühne zu stehen ist das geilste überhaupt. Das ist das, wofür unser Herz schlägt und das ist der Grund, warum wir Musiker geworden sind. Ich will Leute vor der Bühne haben, ich will Reaktionen sehen, ich will abgehen. Die Abstände zwischen den Touren sind eigentlich viel zu gross. Wir freuen uns immer tierisch und nach den letzten zwei Jahren natürlich umso mehr, wo wir gar nicht durften.
Fällt es Ihnen schwer, von der Familie getrennt zu sein?
Völkel: Wir sind nicht mehr so viel weg wie ganz am Anfang, da hatten wir teilweise 150, 200 Konzerte im Jahr. Jetzt ist es so, dass eine Tour sechs bis acht Wochen geht und wir in der Woche auch mal zwei, drei Tage wieder zu Hause sind. Die Familie muss ein bisschen zurückstecken, aber dafür sind wir, wenn wir nicht touren, sehr viel zu Hause. Wir sind nicht die typischen Väter und Ehemänner, die Montag bis Freitag ins Büro müssen, sondern wir sind, wenn wir da sind, auch wirklich viel da und können sehr viel Familienleben geniessen und mitgestalten, die Kinder zur Schule bringen und abholen und nachmittags etwas unternehmen. Wir haben eine sehr flexible Einteilung und sogar mehr Zeit für die Familie als viele andere.
Verstehen Ihre Kinder, was Sie tagtäglich machen?
Völkel: Je nach Altersstufe natürlich. Bei Sascha sind Tochter und Sohn ja schon sehr gross, bei mir noch ganz klein. Die Zweijährige weiss natürlich noch gar nicht, was da abgeht. Sie sieht Bilder und Videos und denkt sich: Papa, bist du es? (lacht) Unser Siebenjähriger weiss dagegen schon genau, was Sache ist. Er ist hier und da auch mal bei einem Konzert dabei und feiert das total ab und freut sich darüber, dass Papa Musik macht.
Wie viel Rock‹n›Roll herrscht hinter den Kulissen auf Tour?
Völkel: Wir sind schon ruhiger geworden. Nach gefühlten 1000 Partys ist das so spannend dann auch nicht mehr. Wenn wir unterwegs sind, ist das immer noch wie eine Jungs-Klassenfahrt, aber deutlich professioneller und nicht mehr so heftig. Früher hiess es: Ab in den kleinen Tourbus auf die Autobahn, Dosenbier, abends einen Gig spielen und weiter geht's. Heute hat so eine Tour eine lange Vorbereitung, da wird viel aufgebaut, da hängt viel dran. Es kommen viele Fans, die Geld bezahlen, um eine richtig tolle Show zu sehen, die sie dann auch verdienen. Verkatert auf die Bühne zu gehen, gehört sich nicht. Das hat auch mit Respekt gegenüber den Fans zu tun. Wir müssen 200 Prozent abliefern, und zwar jeden Abend. Richtig gefeiert wird nach der Tour.
Sie haben für «You» mit Ilse DeLange zusammengearbeitet. Was schätzen Sie an ihr?
Völkel: Sie ist eine super Frau, eine grossartige Musikerin und hervorragende Sängerin. Musikalisch sind wir uns in vielerlei Hinsicht nahe, weil sie auch diesen Country-Sound verkörpert und sehr liebt. Sie in Holland und wir in Deutschland konnten uns mit einer Musik etablieren, die nicht wirklich vorhanden ist und viele geglaubt haben, dass sie in Europa nicht funktioniert. 2015 haben wir schon für «Jolene» erfolgreich zusammengearbeitet. Wir machen nicht viele Songs mit anderen Künstlern, weil es mit zwei Sängern und einer dritten Stimme meistens schwierig ist. Aber in dem Fall hat eine weibliche Stimme dem Song erneut gutgetan.
Sie sind zusammen beim deutschen ESC-Vorentscheid aufgetreten. Hätten Sie auch Lust, beim ESC mitzumachen
Völkel: Wir hatten das mal überlegt. Aber ich finde, dass das eine sehr schwierige Veranstaltung ist. Du hast total selten etablierte Acts, nicht nur in Deutschland, sondern generell in Europa, die mitmachen. Die Fallhöhe ist hoch. Zum einen ist es musikalisch ein besonderes Spektrum, es ist eine bestimmte musikalische Farbe, die da läuft, mit ein paar Ausbrechern wie der diesjährige deutsche Act. Zum anderen sind die Deutschen sehr Neid verliebt. Wenn ein etablierter Act sich die Finger verbrennt, kannst du darauf gefasst sein, dass wochenlang eimerweise Häme über dich geschüttet wird. Das Risiko ist einfach zu hoch, man kann mehr verlieren als gewinnen, deshalb lassen wir das lieber.
Wie finden Sie Lord Of The Lost als deutschen ESC-Act?
Völkel: Ich finde sie super. Musikalisch ist mir das natürlich deutlich näher als Popsongs und optisch sind sie auch ein Hingucker. Es ist auf jeden Fall gut für Deutschland, dass wir zeigen, dass wir nicht so schnarchnasig sind und von uns auch mal was kommen kann, das zumindest anders ist. Das Ausland denkt ja immer, wir sind einfach unfassbar öde, humorbefreit und alles graue Mäuse. Deswegen finde ich das cool, dass sie mal ordentlich einen draufhauen. Ich glaube, ein gutes Mittelfeld ist auf jeden Fall drin, den letzten Platz machen die nicht.
Sie treten am 27. Mai mit Sascha Vollmer Ende Mai bei «Schlag den Star» gegen Bastian Bielendorfer und Özcan Cosar an. Warum hatten Sie Lust auf die Show?
Völkel: Zum einen ist es spannend, weil es zum ersten Mal ein Doppel-Duell gibt. Das finden wir herausfordernd und deutlich besser, als wenn wir gegeneinander antreten müssten. Teamwork steht uns gut. Zum anderen ist es einfach eine coole Show, wir werden auch einen Song performen, das macht die Sache für uns rund. Die Sendung geht allerdings auch unfassbar lang, was sehr anstrengend sein wird, wir haben also einen sehr gesunden Respekt davor. Ich denke schon öfter darüber nach, wie wir eine gute Figur machen können, auch wenn gewinnen speziell in dieser Show nicht alles ist.
Wie bereiten Sie sich vor?
Völkel: Richtig vorbereiten kann man sich nicht, weil die Spiele total willkürlich sind. An die Kondition müssen wir noch ran und ein bisschen mehr Sport machen, damit wir auf jeden Fall durchhalten. Aber die Geschicklichkeits- und Wissenssachen liegen einem in dem Moment oder nicht, da kann man nichts planen. Wir sind auch gespannt, wie wir uns da ergänzen.
Was sagen Sie zu Ihrer Konkurrenz?
Völkel: Persönlich kannten wir sie noch nicht. Wir hatten in der Vorbereitung aber ein Shooting mit ihnen, wo schnell klar wurde: Sie werden den grössten Redeanteil haben. Sie haben ununterbrochen gequatscht, das ist bei ihnen als Comedians genetisch bedingt (lacht). Sie reissen den ganzen Tag Witze, in Sachen Schlagfertigkeit sehen wir da alt aus. Wir müssen also anders punkten, bestenfalls sportlich.
Was wünschen Sie sich für Ihre Band in der Zukunft?
Völkel: Wie lange wir das noch machen, lasse ich total offen. Was ich mir wünsche ist, dass wir das, was wir tun, weitermachen dürfen und die Leute uns noch haben wollen. Da geht es nicht darum, dass es noch dicker und grösser und noch mehr Erfolg kommen soll, sondern dass es noch ein paar Jahre so weitergeht mit dem, was wir auf die Beine gestellt haben. Und dass wir genug Inspiration und Kreativität haben, uns immer wieder neu zu erfinden und wir weiterhin gute neue Songs zustande bringen