Die Dessous- und Unterwäsche-Marke «Victoria's Secret» möchte 2023 wieder mit einer eigenen Modenschau auf den Catwalk zurückkehren. Nach vierjähriger Pause will das Label, das in den vergangenen Jahren mehrfach heftiger Kritik ausgesetzt war, jedoch einen neuen Ansatz verfolgen. Die Marke setze auf «eine neue Version unserer Fashion-Show», die noch in diesem Jahr stattfinden wird, erklärte Finanzchef Tim Johnson laut US-Medienberichten.
Priyanka Chopra und das Aus für die Engel
Waren früher gertenschlanke und namhafte Models wie Heidi Klum (49), Gisele Bündchen (42) oder Alessandra Ambrosio (41) in aufreizenden Dessous, riesigen Engelsflügeln und High Heels über den Catwalk stolziert, wird das in der neuen Fassung vermutlich nicht mehr der Fall sein. Ein Sprecher erklärte dem US-Magazin «People» in einem Statement, dass das Unternehmen engagiert sei, sich für Frauen einzusetzen.
Ein neuer Leitsatz, der nach mehrfacher Kritik eingeführt wurde. Man wolle neue Räume erschliessen und mit der Modenschau «eines unserer bisher besten Marketing- sowie Entertainment-Merkmale zurückgewinnen und es auf den Kopf stellen, um widerzuspiegeln, wer wir heute sind». Wie das genau passieren soll, ist bisher unklar. Genauere Informationen wolle die Marke zu einem späteren Zeitpunkt teilen.
Die «Victoria's Secret»-Show fand erstmals 1995 statt. Höhepunkt der Schau war ab 2001 der «Fantasy Bra», ein mit Juwelen besetzter BH, den eines der Models, die auch «Engel» genannt wurden, auf dem Catwalk trug. Klum hatte etwa dreimal die Ehre. Seit Jahren arbeitet das Label jedoch daran, sein Image zu verändern. 2019 war die Modenschau abgesagt worden, nachdem unter anderem immer wieder Vorwürfe aufgekommen waren, dass die Marke schädliche Schönheitsideale zementiere und nicht inklusiv genug sei.
Von einer «Weiterentwicklung» war damals die Rede und dass man an seiner Botschaft feilen wolle. Medienberichten zufolge hatten aber auch die TV-Quoten nicht mehr gestimmt. In den USA schalteten demnach nur 3,27 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer ein - der schlechteste Wert seit der ersten TV-Ausstrahlung im Jahr 2001.
2021 hatte Victoria's Secret seine Engel dann mit neuen Aushängeschildern ersetzt. Statt leicht bekleidete Topmodels über den Laufsteg schreiten zu lassen, sollte mit dem «VS Collective» die Unterstützung für die Belange von Frauen signalisiert werden. Engagiert wurden unter anderem die US-Fussballspielerin Megan Rapinoe (37), die Freestyle-Skierin Eileen Gu (19), die Schauspielerin Priyanka Chopra (40) sowie das Model Paloma Elsesser (30) und Valentina Sampaio (26), das erste Transgender-Model bei Victoria's Secret.
Transmodels auf dem Laufsteg?
2018 hatte Ed Razek, damals Chief Marketing Officer bei der Victoria's-Secret-Mutter L Brands, noch im Interview mit «Vogue» davon gesprochen, dass er sich seit Monaten nicht auf Instagram aufhalte, weil er es unter anderem nicht aushalte, wie die Menschen mit ihm und den Models umgingen. Er und die Marke würden über Diversität nachdenken, meinte Razek, nur um dann anzufügen: «Es ist wie: Warum macht die Show nicht das? Solltet ihr nicht Transmenschen in der Show haben? Nein. Nein, ich denke, das sollten wir nicht. Nun, warum nicht? Weil die Show eine Fantasie ist.» Razek entschuldigte sich später, dass sein Kommentar «unsensibel» gewirkt habe. Natürlich sei man offen für Transmodels, nur hätten diese das Casting nicht überstanden. 2019 räumte er dann seinen Posten.
Anfang 2020 hatte die «New York Times» in einem Artikel mit dem Titel «Engel in der Hölle» von einer «Kultur der Frauenfeindlichkeit, Tyrannei und Belästigung» hinter verschlossenen Türen geschrieben. In mehr als 30 Interviews mit Models, Mitarbeitern und Ex-Angestellten sei unter anderem auch Razeks Name gefallen, der etwa versucht habe, Models zu küssen oder ihnen gar in den Schritt gegriffen haben soll.
Dies sei im Wissen von Firmenchef Les Wexner (85) geschehen, der dieses Verhalten gebilligt habe. «Der Missbrauch wurde belächelt und als etwas Normales abgetan. Es war wie eine Gehirnwäsche», wurde eine ehemalige PR-Angestellte des Unternehmens zitiert. All jene, «die etwas dagegen unternehmen wollten, wurden nicht nur ignoriert. Sie wurden bestraft.» Wexner soll zudem mit dem verstorbenen Sexualstraftäter Jeffrey Epstein (1953-2019) befreundet gewesen sein.