Du bist in Thun geboren, im Tessin aufgewachsen, hast lange in den USA gelebt und dein Heimatort ist im Emmental. Wo ist dein Zuhause?
Im Moment bin ich in der Region Zürich ansässig. Aber das Zuhause-Gefühl habe ich in den USA in Memphis. Memphis ist – auch von der Grösse her – so ein Ort wie Thun. Ein Städtchen für sich, irgendwo «fernab». Nicht zu gross, nicht zu viel Aufregung, nicht zu viel Menschen. Sonst ist mein zu Hause schon die Bühne, der Ort, wo ich meine Band treffe. Aber natürlich: Die Schweiz ist meine Heimat, und das mit grosser Freude, mit grossem Glück und grosser Dankbarkeit.
Die Baloise Session @home mit Philipp Fankhauser live aus dem Atlantis in Basel:
Montag, 22. Februar, 18.30 Uhr auf facebook.com/BALOISESESSION und
baloisesession.ch/@home
Könntest du nicht viel mehr Geld verdienen, wenn du in den USA wohnen und deine Karriere weiterverfolgen würdest? Immerhin hast du dort ein grosses Publikum und arbeitest mit den besten Musikern und Produzenten zusammen.
Das mit dem grossen Publikum in den USA ist ein Ammenmärchen. Ich glaube, es hat dort ein paar ganz treue Menschen, die Freude an meiner Musik haben. Aber in den USA Karriere als Bluesmusiker zu machen ist wahnsinnig schwierig. Es hat so viele, die besser sind. Dazu kommt die Wirtschaftslage. Was wir in unserem Land an Geld verdienen und ausgeben können – auch als Musiker – ist sagenhaft!
Wie hast du das in den USA erlebt?
Ich hatte in New York mal ein Konzert, da kamen 13 Leute à je zwei Dollar Eintritt. Da blieben etwa vier Dollar Gage pro Bandmitglied. Eine grosse Karriere ist aber auch gar nicht nötig. Mir gefällts gut so, wie es ist. Ich bin froh, wenn ich nach dem Konzert in Locarno sagen kann: Oh, das Wetter ist schön, komm, wir fahren nach Hause und schlafen daheim im eigenen Bett.
Du lebst im Paradies, aber der Blues entsteht aus traurigen Momenten. Ist das kein Gegensatz?
Ich habe in Bezug auf meine Musik die Traurigkeit in mir selbst, aus der Art, wie ich bin und der Art, wie ich aufgewachsen bin. Darum singe ich über Geschichten, die mich bewegen, versuche aber auch, dass meine Musik eigentlich positiv bleibt und kein ewiges Gejammer ist. Ich jammere nicht gern.
Die Baloise Session – eines der renommiertesten Musikfestivals der Schweiz – hat mit dem langjährigen Presenting Sponsor Basler Versicherungen, der unter dem Motto «Baloise goes Music» die Schweizer Musikszene unterstützt, im Frühling 2020 die Livestream-Konzertreihe Baloise Session @home ins Leben gerufen. Sie beschert Fans und Musikliebhabern digital exklusive Livemusik-Erlebnisse. Die Konzerte werden auf www.facebook.com/BALOISESESSION und www.baloisesession.ch/@home ausgestrahlt und sind dank einem Chat interaktiv.
Was ist die Basis von dem, was du machst?
Das, was ich erlebt habe, als ich mit dem legendären Blues-Gitarristen Johnny Copeland unterwegs war – das Elend, der Rassismus, die unsägliche Schere zwischen Arm und Reich. Das trage ich auf meinen Schultern und habe dazu noch ein paar eigene Issues, die mich, so glaube ich, legitimieren, diese Musik gebrauchen zu dürfen. Es ist ja nicht meine Musik. Blues ist ein afroamerikanisches Kulturgut, das ich mir erlaube auszuleihen, solange ich auf diesem Planeten bin.
Was willst du mit deiner Musik bewegen?
Auf der einen Seite – ganz egoistisch - hilft sie mir, zu überleben. Ohne die Musik wäre ich schon lange nicht mehr da. Ein lieber Freund von mir sagte, ich würde die Leute mit meinen Konzerten glücklich machen. Wenn das so ist, dann macht mich das auch glücklich. Aber wie gesagt: Ich brauche die Musik vor allem, um mich am Leben zu halten.
Deine Konzerte leben von Nähe, Authentizität und Interaktion mit dem Publikum. Mit der Baloise Session @home machst du ein Livestream-Konzert. Wie gehst du an das Projekt heran?
Ich freue mich, dass an der Baloise Session @home im Atlantis Basel eine Wohnzimmeratmosphäre herrscht, wo es nicht so eine grosse Rolle spielt, ob Leute im Raum sind oder nicht. Wir spielen eher miteinander, schauen uns gegenseitig an, und darauf freuen wir uns wahnsinnig. Wir machen viel zu wenig Musik zusammen. Das wird eine ganz schöne Geschichte.