Sie war zu gross, zu gebildet und zu selbstbewusst, als Masako, 55, den neuen japanischen Kaiser vor 20 Jahren heiratete. Dann kam die Depression und der Druck, einen Jungen zu gebären. Doch der Reihe nach.
1986 hatte Masako ihren künftigen Gatten in Spanien auf einem Empfang kennengelernt. Ein Jahr später, nach einem zweiten Treffen, das auf Betreiben Naruhitos zustande kam, vertraute sie einer Freundin an, dass Naruhito «nicht gerade ihr Typ» sei. Doch Naruhitos Hartnäckigkeit zahlte sich aus.
Ganze sieben Jahre lang warb der inzwischen 59-Jährige um die Hand Masako Owadas, ehe sie sich am 9. Juni 1993 das Jawort gaben.
Doch nicht nur die Karrierediplomatin zögerte, auch das japanische Volk stand der Wahl seines künftigen Kaisers skeptisch gegenüber. Vielen war ein Dorn im Auge, dass Masako mit 1,61 Metern einige Zentimeter grösser ist als Naruhito.
Und Japans High Society war der Überzeugung, dass «Masako nur scheinbar eine Japanerin sei». In ihrem «tiefsten Innern ist sie eine Ausländerin», zitierte eine Zeitung einen japanischen Aristokraten. Zudem war Masako vielen zu selbstbewusst, sie hätten sich lieber eine schüchterne Frau gewünscht.
Mit dem Jawort änderte sich für Masako, die in Harvard und Oxford studierte, schnell Karriere machte und fliessend Englisch, Französisch und Deutsch spricht, ihr Leben schlagartig. Sie muss sich seither der strengen Hofetikette beugen und bei offiziellen Anlässen drei Schritte hinter ihrem Gatten gehen.
Masako gab ihre Freiheiten und die Rechte einer modernen Frau in dem Moment auf, als sie am Tag der Hochzeit im frühen Morgengrauen von ihrem Elternhaus abgeholt und in den Kaiserpalast gefahren wurde.
Im Kaiserpalast musste sich Masako gemäss der schintuistischen Religion erst einem rituellen Reinigungsbad unterziehen. Danach wurde ihr ein traditionelles, 14 Kilogramm schweres und aus zwölf übereinanderliegenden Roben bestehendes Hochzeitskleid angezogen.
Nach der Eheschliessung sah es das Protokoll vor, dass die Kronprinzessin möglichst schnell schwanger wird - am besten mit einem Buben. Denn nach den Gesetzen des Hofes darf nur ein Nachkomme der männlichen Linie der Familie Kaiser werden.
Die Schwierigkeiten, sich an die Gepflogenheiten zu Hofe anzupassen, und der Druck, einen Jungen zu gebären, endeten für Masako in einer langen und schweren Depression.
Jahre vergingen, ehe die Kronprinzessin erstmals schwanger wurde - das war 1999. Wenig später musste der Palast die Nachricht verkünden, dass Masako eine Fehlgeburt erlitten habe. Zwei Jahre später wurde sie nochmals schwanger - dieses Mal verlief alles noch Plan, bis auf das - aus japanischer Sicht - Geschlecht. Aiko erblickte am 1. Dezember 2001 das Licht der Welt. Ein Mädchen statt des ersehnten Jungen.
Die Depression dauerte an, Masako zog sich zunehmend aus der Öffentlichkeit zurück - doch Masako und Naruhito schienen die Probleme zusammenzuschweissen. 2004 äusserte Naruhito Kritik an dem starren Protokoll des Hofes und gab diesem indirekt die Schuld an den psychischen und gesundheitlichen Problemen seiner Frau. Daraufhin griff Naruhitos jüngerer Bruder Akishino ihn wegen seiner Äusserungen öffentlich an. In Asien grundsätzlich sehr ungewöhnlich, dass ein Nachgeborener seinen älteren Bruder tadelt, erst recht wenn es sich dabei um die japanische Kaiserfamilie handelt.
Der Rückzug aus der Öffentlichkeit bedeutete auch, dass Masako ihren Mann nicht an die Hochzeit des Prinzen von Brunei mit der Halbschweizerin Sarah Salleh begleitete. Es vergingen schliesslich vier Jahre, ehe Masako ihren ersten offiziellen Festakt absolvierte.
Anlässlich seines 49. Geburtstags sagte Naruhito 2009, dass es seiner Frau allmählich besser gehe. Dennoch dürfe die Kronprinzessin sich nach Angaben ihrer Ärzte nicht übernehmen, um die Fortschritte bei ihrer Heilung nicht zu gefährden.
Dass Masakos Schwägerin, Prinzessin Kiko, 2006 einen Jungen und damit einen Thronfolger zur Welt brachte, dürfte zur Genesung beigetragen haben. Der Druck auf die Kronprinzessin nahm ab - Japan bekam seinen männlichen Anwärter auf den Thron.
Der Druck, den Ansprüchen der japanischen Gesellschaft zu genügen, aber bleibt. Gerne wird sie mit Kaiserin Michiko, der Gemahlin des abtretenden Akihito, verglichen. Dabei schneidet Masako meist schlecht ab. In Klatschblättern und sozialen Netzwerken finden sich neben besorgten auch viele gehässige Stimmen über die Gattin des neuen Kaisers. Sie sei untätig, verschwende nur Steuergelder und sei unfähig, ihre Rolle als künftige Kaiserin Japans wahrzunehmen. Kritik, die nun verstummen wird, da die Kritisierte nicht mehr die zu grosse, zu gebildete und zu selbstbewusste Frau des Kronprinzen ist. Sondern Kaiserin Japans.
Im nächsten Teil: Mehr über den neuen Thronfolger Prinz Fumihito - und den erst zwölfjährigen Prinz Hisahito, auf dem alle Hoffnungen Japans ruhen.