Es gibt so einige Regeln, an die sich die britischen Royals halten müssen: So darf etwa niemand weiter essen, wenn die Queen fertig ist. Auch müssen Royals auf Reisen immer eine Garnitur schwarzer Kleidung dabei haben, um für einen Todesfall gewappnet zu sein. Weiter dürfen sie keine Schalentiere essen und gemäss ehemaligen Köchen ist Knoblauch im Palast tabu.
Zu diesen Regeln gesellt sich offenbar auch ein ungeschriebenes Gesetz. Nämlich: «Zeige deine Emotionen nicht in der Öffentlichkeit.»
Daran hielt sich die Familie Windsor bislang eisern. Nur ab und zu gab es Schnappschüsse, die Mitglieder der Königsfamilie in ausgelassenem Zustand zeigte – allerdings stets ohne deren Willen (wir erinnern uns an Harrys Phase als Party-Prinz). Wahre Gefühle zeigen? Oder gar über sie sprechen? Das galt bislang als Tabu.
Daran hält sich etwa Herzogin Kate, 37, vorbildlich. Zwar sieht man sie schon mal herzhaft lachen, von ihren Emotionen übermannt wird sie aber höchstens als Zuschauerin beim Sport. Dort fiebert sie wild gestikulierend mit und pfeift auch mal auf die royale Etikette. Ansonsten kennt man sie stets beherrscht, mit einem freundlichen, zurückhaltenden Lächeln auf den Lippen.
Anders Herzogin Meghan, 38, die ihrem Ruf als Rebellin im britischen Königshaus regelmässig gerecht wird: Sie zeigt sich volksnah, tanzt, lacht, umarmt am laufenden Band, und – wie kürzlich in der vieldiskutierten ITV-Dokumentation «Harry & Meghan: An African Journey» – zeigt sich von der der verletzlichen Seite. Die simple Frage eines Journalisten, wie es ihr denn gehe, löste bei ihr Emotionen aus, die sie nicht verbergen konnte. Sie gab zu, nicht mit der Lawine gerechnet zu haben, die sie seit der Hochzeit mit Prinz Harry, 35, überrollt. «Ich wusste, dass es schwierig wird, aber ich dachte, dass es fair werden würde», sagte sie mit Tränen in den Augen.
Und Meghan scheint mit ihrer Offenheit eine Art Trend innerhalb des Königshauses ausgelöst zu haben: Kurz nach ihr kämpfte auch Prinz Harry während einer Rede bei den WellChild Awards mit den Tränen. Der Gefühlsausbruch folgte auf seine Aussage: «Als Vater hier zu sein und zu ihnen zu sprechen, berührt mein Herz auf eine Art, wie ich mir das niemals hätte vorstellen können, ohne selbst ein Kind zu haben.»
Doch während Harrys Emotionen nicht so überraschend kommen, erstaunen diejenigen von dessen Vater Prinz Charles, 70, schon eher. Zwei Hochzeiten, zwei eigene und vier Enkelkinder und die Hochzeiten seiner beiden Söhne – all diese emotionalen Ereignisse liessen Prinz Charles – zumindest äusserlich – recht kalt. Kein Tränchen, das er sich bei all diesen hochemotionalen Ereignissen verstohlen aus dem Augenwinkel hätte wischen müssen. Oder er wurde dabei einfach nie fotografisch «erwischt».
Doch nun hat Prinz William, 37, das Unmögliche geschafft. Er brachte seinen Vater dazu, sich von einer emotionalen Seite zu zeigen. Vor laufender Kamera: In einer Dokumentation des Senders ITV (zu sehen in mehreren Teilen in den nächsten Wochen) lässt sich Charles zur Aussage hinreissen: «Es hat mich praktisch zu Tränen gerührt. Weil ich plötzlich dachte: ‹Gut, allein das von ihm zu hören, hat die letzten 50 Jahre lohnenswert gemacht.›»
Was ihn dermassen gerührt hat, erstaunt hingegen: Es ist Prinz Williams Interesse für Landwirtschaft und das Herzogtum Cornwall. Dieses liegt Prinz Charles offenbar sehr am Herzen. Vor 50 Jahren übernahm er das Herzogtum als Vermieter, Verwalter und Farmer. Sobald Charles zum König ernannt wird, geht diese Aufgabe an seinen ältesten Sohn über.
Und der ist bereit dafür: William verriet, er habe eine Leidenschaft für die Landwirtschaft und lerne darüber so viel, wie er könne. «Meine Kinder spielen bereits auf den Traktoren, und es ist so wichtig, nach draussen zu gehen und die Kinder die Natur verstehen zu lassen.» Mit dieser eher simplen Äusserung hat William seinen Vater also geknackt. «Ich war tief bewegt und berührt von dem, was er sagte», so Charles.
Nur eine scheint bei so viel gezeigten Gefühlen ihrer Familienmitglieder beherrscht wie eh und je: Queen Elizabeth II. Die 93-Jährige hält die royale Etikette aufrecht, zeigt sich stets souverän und verzieht keine Miene. Nur ein einziges Mal entglitten sogar ihr die Gesichtszüge: Als Prinz Charles sie an der Feier zu ihrem 92. Geburtstag öffentlich «Mummy» nannte. Allerdings schien die Queen da eher geschüttelt denn gerührt.