Tag zwei für Prinz Harry (38) im Zeugenstand des Obersten Gerichtshofs in London: In Grossbritannien waren am Mittwoch alle Augen auf den jüngsten Sohn von König Charles III. (74) gerichtet, der im Moment in einem Zivilprozess gegen den Medienkonzern Mirror Group Newspapers vorgeht. Unter anderem berichteten Medien wie der «Guardian» oder «Sky» live aus dem Gerichtssaal. Während sich Prinz Harry zu Beginn des Prozess-Tags wieder dem Kreuzverhör von MGN-Anwalt Andrew Green stellen musste, war am Nachmittag die Befragung durch seinen eigenen Anwalt David Sherborne angesetzt.
Prinz Harry im Zeugenstand: Die wichtigsten Fakten zu Tag zwei
Im Gerichtssaal fallen bei den Befragungen immer wieder die Begriffe «Blagging» und «Telefon-Hacking». Dabei handelt es sich um Methoden zur illegalen Beschaffung von Informationen, die die Journalisten der Mirror Group Newspapers angeblich gegen den britischen Royal eingesetzt haben sollen. Wird von «Blagging» gesprochen, handelt es sich um die Beschaffung privater oder vertraulicher Informationen durch eine falsche Identität oder eine andere Art der Täuschung.
Unter «Telefon-Hacking» versteht man zum einen das Abhören von Voicemail-Nachrichten. Zum anderen kann es auch bedeuten, dass zum Beispiel Telefonanrufe abgefangen werden, um Gespräche mitzuhören. Prinz Harry versucht derzeit in London zu beweisen, dass viele der Informationen, die in Artikeln über ihn stehen, keinesfalls von seriösen Quellen stammen, sondern über Methoden wie das Abhören von Telefongesprächen beschafft wurden.
Die Mirror Group Newspapers hingegen versucht ihrerseits zu beweisen, dass die Informationen in den Artikeln rechtmässig beschafft wurden und keine illegalen Methoden zum Einsatz kamen. Prinz Harry habe laut MGN-Anwalt Green keine Beweise dafür, dass sein Telefon gehackt worden sei, zitiert der «Guardian». Es gäbe keine Anrufdaten zwischen Harrys Telefon und dem eines Journalisten der Mirror Group. Dem hielt Harry im Zeugenstand entgegen, dass Telefon-Hacking in einem «industriellen Ausmass» von mindestens drei Zeitungen betrieben worden sei. Er würde sich «nicht gerecht behandelt fühlen», wenn seine Klage abgelehnt würde.
Hat der «Mirror» alle Spuren verwischt?
In der Befragung durch seinen eigenen Anwalt David Sherborne sagte Harry, dass er glaube, dass sich die Journalisten «extrem viel Mühe gegeben» hätten, um ihre Spuren zu verwischen. Es seien seiner Meinung nach Wegwerf-Telefone verwendet worden und Anrufdaten gelöscht worden.
Viele der an Tag zwei diskutierten Artikel handelten wieder von Harrys früheren Freundinnen - mit Hauptaugenmerk auf seine Beziehung und Trennung von seiner Jugendliebe Chelsy Davy (37). Im Zeugenstand sagte Prinz Harry, dass es sowohl für ihn als auch für seine Ex-Freundin und deren junge Familie «belastend» sei, die Ereignisse vor Gericht erneut zu erzählen. Zudem wurden unter anderem Artikel diskutiert, in denen über Prinz Harrys Militär-Karriere und -Einsätze berichtet wurde.
Unter anderem wandte sich Prinz Harry bei der Diskussion über eine Story über ein Dienstverbot in Afghanistan direkt an den Richter. «Mein ganzes Leben lang hat mich die Presse in die Irre geführt und ihr Fehlverhalten vertuscht», wird der 38-Jährige zitiert. «Hier im Gerichtssaal zu sitzen und zu wissen, dass die Verteidigung Beweise vor sich liegen hat und Green behauptet, dass ich spekuliere... ich weiss einfach nicht, was ich dazu sagen soll.»
Zum Ende seiner langen Aussage an Tag zwei berichtete Prinz Harry im Zeugenstand noch von einer dramatischen Verfolgungsjagd eines Paparazzi-Autos. Auf die Frage seines Anwalts, woher die Paparazzi gewusst hätten, wo er sich aufhielt, sagte Harry: «Mein gesamtes Sicherheitsteam und auch das meines Bruders vermuteten illegale Aktivitäten.»
Was passiert, wenn Prinz Harry vor Gericht gewinnt?
Laut der Berichterstattung von «Sky» könnte Prinz Harry im Falle eines Sieges einen «sehr beträchtlichen» Schadensersatz erhalten. «Das ist ein wirklich historisches Ereignis, denn Royals ziehen es vor, sich nicht an gerichtlichen Auseinandersetzungen zu beteiligen», wird Steven Heffner, ein führender Anwalt im Bereich Medien- und Datenschutz zitiert. «Wenn er gewinnt, wird der Schadensersatz wahrscheinlich sehr hoch sein. Der ‹Mirror› hat schon einmal den Fehler gemacht, vor Gericht zu gehen, anstatt sich zu einigen.»
Darum sagt Prinz Harry in London vor Gericht aus
Prinz Harry hat eine Zivilklage gegen die Mirror Group Newspapers eingereicht. Das heisst, er muss im Gerichtssaal nicht seine vollständige Erinnerung an bestimmte Ereignisse darlegen, sondern wird zu dem befragt, was er in einer langen schriftlichen Zeugenaussage mit 55 Seiten vorab dargelegt hat.
Konkret geht es im Prozess um 33 Artikel, die zwischen 1996 und 2010 im «Daily Mirror» veröffentlicht worden sind. Diese sollen angeblich Details enthalten, die durch Telefon-Hacking und andere unrechtmässige Methoden erlangt wurden, so der Vorwurf. Prinz Harry ist einer von mehreren Klägern, die dem Verlag illegale Informationsbeschaffung vorwerfen und ihn auf Schadensersatz verklagt haben.