Regula Esposito, wie gehts Ihnen?
Ich sitze am Tisch vor einem Berg Rechnungen und mache Buchhaltung. Ich werde heute Abend mehr Alkohol trinken.
Wie steht es um Ihren Lebensunterhalt?
In Bezug auf die Wirtschaftlichkeit desaströs. Ich habe keinen blassen Schimmer, wie ich dieses Jahr durchkomme. Vergangenes Jahr war ein Produktionsjahr, in dem ich mehr ausgab als einnahm. Zum Glück war seit meinem Tourneestart vergangenen November jede Show ausverkauft. Ich dachte: «Wow, Esposito, du hast dein dreissigjähriges Jubiläum und dein zehnjähriges als Solokünstlerin – jetzt hast du es endlich geschafft!» Dann kam Corona. Der Vorteil ist, dass man sich als Künstlerin Durststrecken gewohnt ist und mit Finanzen jonglieren kann. Mein mentaler Trost ist: Ich bin nicht die Einzige.
Wie überstehen Sie magere Jahre?
Ich zahle die Fixkosten und gebe sonst keinen Rappen aus. Bis Mitte September kommt sicher nichts rein, alles ist abgesagt. Ein Genickschuss sondergleichen. Ich bedanke mich jedoch, dass ich als Selbstständigerwerbende Erwerbsausfall beantragen kann. Maximal 196 Franken pro Tag, jedoch nur für die Auftrittstage. Die Arbeit rundherum bleibt unbezahlt, unfassbar. Das ist ein Tropfen auf den heissen Stein. Es gibt kei Ferie, kei Jeans, kei Schue.
Dafür sparen Sie beim Coiffeur.
Mein Freund sagt, ich sehe aus wie ein Streifenhörnchen. Die weissen Haare wachsen raus, ich habe eine klassische Corona-Pumuckl-Frisur. Und die Nägeli sind runtergefeilt. «Back to nature» ist angesagt.
Wie unterhalten Sie sich momentan?
Mit ganz viel Galgenhumor. Man darf die gute Laune nicht verlieren. Einen Tag in der Woche bin ich rumpelsurrig, rege mich über die Angestellten und Pensionäre auf, die Sicherheit haben, aber auch nichts dafür können. Dann habe ich totale Existenzängste. Die anderen Tage bin ich optimistisch, denke an die vielen guten Jokes, die daraus entstehen, und versuche, das unfreiwillige Sabbatical zu geniessen.
«Ich bin nun Putzfrau und Alleinunterhalterin für meinen Schatz»
Wie?
Ich lebe in Zürich, doch der Kreis 5 ist gerade ein «töteliges» Quartier, das Alltagsleben ist eingefroren. Das macht depressiv. Da ist es schöner in der Gemeinde meines Partners, wo es Grün rundherum hat und sonst nicht viel los ist. Ich bin nun Putzfrau und Alleinunterhalterin für meinen Schatz. Er hatte noch nie so eine saubere Wohnung.
Sie sind für den Unterhalt seiner Wohnung zuständig?
Sich gehen zu lassen, wäre das Schlechteste, was man jetzt tun kann. Also denke ich, ich könnte mal die Schuhe putzen, mir die Besteckschublade vornehmen, die Terrasse abdampfen. Ich bin kurz davor, den Rasen zu saugen.
Mit der Emanze ist es vorbei.
Mir machts Spass. Ich habe eine Fensterputz- und eine Bodendampfmaschine von meinen verstorbenen Eltern sowie den Hochdruckwasserreiniger meines Partners Fredy. Es geht nichts über Kärchern. Wenn ich das tue, unterhalte ich auch die Nachbarn! Mit der Maschine kann man Dampf ablassen. Ich nehme den Kärcher wie Rambo in die Hände, als wäre das Gerät ein Maschinengewehr, und mache einen Spruch. Wenn ich noch einen Lappen rechts und links in die Hose stopfe, bin ich Crocodile Dundee.
«Wir habens saufüdlilustig. Es ist schön, einen Partner zu haben»
Mit Humor gegen die Krise?
Humor ist das Einzige, was in solch abstrusen Situationen bleibt. Ich habe einige schwierige Lebenssituationen erlebt, und immer hat mich Galgenhumor gerettet. Mein Gutmenschherz hofft zudem, dass die Leute runterfahren und sich fragen, wie sie durch die Welt gegangen sind. Alles ist möglich, alles kann ich haben, alles im Überfluss. Vielleicht tut es gut, zu sehen, dass es auch entschleunigt geht.
Haben Sie das Haushalten im Griff?
Absurd war, dass ich zu Beginn der Corona-Zeit Magen-Darm-Probleme und tatsächlich kein WC-Papier mehr hatte. Doch Fredy hatte sich einst einen Closomaten in die Wohnung einbauen lassen. Damals dachte ich, da sitze ich nie drauf! Ich lasse mir doch nicht «s Fudi» spülen und föhnen. Mittlerweile muss ich sagen: Es ist das Grösste!
Worüber unterhalten Sie sich als Paar in diesen Tagen?
Wir sind zwar beschäftigt mit dem eigenen Berufsschicksal, reden aber über die Zukunft, über Ideen und versuchen, einen Alltag zu leben. Wir habens saufüdlilustig. Es ist schön, einen Partner zu haben.