Als Jugendliche war sie die erste Frau, die einen Dreifach-Lutz sprang. Sie gewann 16-mal Gold an internationalen Meisterschaften. Nun ist sie unter den Top 6 der diesjährigen Sports Awards, die wegen Corona unter dem Motto «Die Besten aus 70 Jahren» stehen (13. Dezember, 20.05, SRF1). Die Zürcherin begeistert mit 58 Jahren immer noch mit Sprüngen, der Biellmann-Pirouette und ihrer ungebremsten Freude an der Performance. Der Tausendsassa spielte mit Thomas Gottschalk in einer Komödie mit, zuletzt sang Denise Biellmann gar in der TV-Show «The Masked Singer Switzerland». Kennen wir deshalb bereits alles von ihr? Mal schauen. Wir stellen zehn Behauptungen auf, die sie widerlegen – oder bestätigen kann.
Ihnen ist nichts peinlich.
Das kann es schon geben. Aber ich finde, man muss sich selbst nicht zu ernst nehmen. Ich grüble nicht, was alles schiefgehen könnte. Sondern ich bin mutig und sage: Das geht dann schon! Solche Sachen wie Fernsehshows machen mir einfach Spass, Neues zu lernen finde ich bereichernd.
Sie trauern der Olympiamedaille von 1980 nach, die Sie als Vierte knapp verpasst haben.
Schon ein bisschen. Früher gab es noch diese Pflichtfiguren, wie eine Geometrie, das war langweilig. Dieser Teil wurde mittlerweile abgeschafft. Ich bin aber Kür-Olympiasiegerin – wenn das System wie heute wäre, wäre ich Gesamt-Olympiasiegerin. Allerdings habe ich eine so erfolgreiche Karriere, da kann ich nur zufrieden sein (lacht).
Dass Sie mit 58 so fit und jugendlich sind, hat mit guten Genen zu tun.
(Lacht.) Mein Mami ist 89 und sieht sehr gut aus. Aber es sind nicht nur die Gene, auch der gesunde Lebensstil. Mir gefällt das Sportlerleben. Dazu esse ich gesund und schlafe viel. Ich übertreibe nicht damit, esse fast jeden Tag etwas kleines Süsses. Meine Sünde ist, wenn ich mal in den Ausgang gehe. Ich finde es wichtig, dass man ausbricht aus dem Alltag, dann gebe ich Vollgas und gehe danach wieder zurück in mein Leben.
«Ich finde es wichtig, dass man auch mal ausbricht aus dem Alltag. Dann gebe ich Vollgas»
Hinter dem Showstar verbirgt sich ein schüchterner Mensch.
Das stimmt. Als kleines Kind war ich sehr schüchtern. Das Eislaufen verlangt aber das Gegenteil – da muss ich raus und stehe voll im Scheinwerferlicht. Ich habe wohl zwei Seiten. Und wenn ich in Amerika in Hallen mit 18 000 Menschen einlief, musste ich wie einen Mantel ausziehen, um die andere Denise zu sein. Ich freute mich immer zu performen. Dass ich schon mit 13 an Weltmeisterschaften war und mehr Sprünge konnte als alle Läuferinnen, gab mir Selbstsicherheit. Ich habe mich mit Mentaltraining auf meine grossen Auftritte vorbereitet – das hilft auch sonst im Leben. Ich höre oft, wie Leute überrascht sind, dass ich privat so normal, bescheiden und natürlich bin. Sie erwarten eher eine Diva.
Training zu geben, ist für Sie pures Geldverdienen, nicht Leidenschaft.
Nein, ich mache es tatsächlich gerne, auch wenn es anstrengend ist. Meine Schüler von 8 bis 20 Jahren trainieren alle spitzensportmässig. Es ist spannend, jeden Tag daran zu arbeiten, sie weiterzubringen. Und es sind so unterschiedliche Menschen, es gibt gute und schlechte Tage, ich merke, wenn sie etwas beschäftigt. Ich muss auch menschlich spüren, wie ich sie vorwärtsbringe, nicht nur technisch. Das mag ich.
Sie brauchen die Aufmerksamkeit wie die Luft zum Leben.
(Lacht.) Es ist komisch: Das ist einfach normal, seit ich zehn war und den Goldtest bestand. Damals kamen erstmals Zeitungen. Das Alltagsleben, das Trainieren auf dem Eis ist wirklich ein knochenharter Job, und es schaut niemand zu. Ich mag das aber, weil es mir guttut und mich aufstellt. Ich glaube nicht, dass ich den Applaus unbedingt noch brauche. Aber es ist nach wie vor ein schönes Gefühl, vor den Shows Nervosität zu spüren und zu sehen, dass die Leute Freude haben.
Bei der Wahl an den «Best-of-Sports-Awards» haben Sie gegen Vreni Schneider keine Chance.
Ja, das ist möglich. Sie hat sehr viel gewonnen und erreicht im Ski! Aber auch Eiskunstlauf ist eine sehr schwierige Sportart, und ich habe Geschichte geschrieben mit der Biellmann-Pirouette, die Teil des Wertungssystems ist, oder als einzige Schweizerin, die in die World Figure Skating Hall of Fame aufgenommen wurde. Vergleichen kann man es ohnehin nicht wirklich.
Mit 60 heiraten Sie Ihren Lebenspartner Colin, von dem Sie geschieden sind, ein zweites Mal.
Hm, wie alt bin ich nun? Könnte sein. Wir haben tatsächlich den Gedanken, dass es schön wäre, wenn man trotzdem noch Mann und Frau war, wenn man mal nicht mehr ist. Bei uns funktioniert diese Lebensform. Aber wir könnten es uns vorstellen, nochmals zu heiraten. Wir haben doch schon fast das ganze Leben zusammen verbracht.
In Ihrem Alter sollte man keine Eisprinzessin mehr sein.
Das Prinzessin könnte man ja irgendwann mal weglassen (lacht). Ich finde, das sind von der Gesellschaft vorgegebene Formen: In diesem Alter macht man dies oder jenes. Dabei sollte das überhaupt keine Rolle spielen. Wenn man alt ist und tanzen gehen will oder was Neues anfangen, dann sollte man das tun. Meine Mutter hatte diesbezüglich viel Einfluss auf mich. Sie ist sehr direkt. Und farbig angezogen, in Rosa, Gelb, Orange, sie lacht und macht!
Sobald Sie die Biellmann-Pirouette nicht mehr schaffen, hängen Sie die Schlittschuhe an den Nagel.
Auftreten würde ich dann wahrscheinlich nicht mehr, ja. Sie gehört zu mir. Ich finde, man muss die Leistung zeigen können, die sich die Leute von einem Auftritt von mir erwarten. Damit ich die Pirouette noch kann, muss ich die Beweglichkeit immer trainieren. Es gibt enormen Druck auf den Körper während der Drehung. Den habe ich aber auch früher gespürt. Heute merke ich eher, wenn Erholungsphasen fehlen. Früher konnte ich auch Dreifache springen, wenn ich abends davor in der Disco war. Das geht heute nicht mehr.