Seit genau zehn Jahren ist die Wahl zum «Schweizer Auto des Jahres» die wichtigste Veranstaltung der Branche und wird von der Schweizer Illustrierten mit ihren Partnern AutoScout24, «BLICK», «L’Illustré» und «il caffè» durchgeführt. Auch in diesem Jahr – trotz Corona.
Eine Absage kam für Jury-Präsident Urs Heller nie infrage: «Das Auto hat – gerade in diesem Pandemiejahr – eine grosse und treue Fangemeinde in der Schweiz.» Die Gewinner der beiden Titel «Schweizer Auto des Jahres» und «Lieblingsauto der Schweizer» werden diesmal digital statt mit einer grossen Gala geehrt. Und die Wahl des «Grünsten Autos der Schweiz» wie in den letzten Jahren? Die hat die Autobranche quasi selbst abgeschafft – indem sie immer mehr Modelle mit Elektroantrieb oder zusätzlichem E-Motor liefert. Grün wird normal.
Die Fachjury mit (v. l.) Miriam Elser, Urs Heller, Nico Müller, Herbert Schmidt, Marc Surer, Anette Michel, Marc-Olivier Herren, Andreas Engel, Timothy Pfannkuchen, Philipp Aeberli, Dave Schneider, Roger A. Egolf, Philippe Clement, Alberto Sarasini und Raoul Schwinnen vergibt am Ende des Tages die Punkte.
Doch der traditionelle Test- und Wahltag im TCS-Fahrsicherheitszentrum Betzholz Anfang Oktober findet statt. Am trüben «Tag der Abrechnung» treten die 15 Mitglieder der Fachjury an, um die letzten 13 von ursprünglich 47 zur Wahl stehenden Fahrzeugen auf den Pisten des Trainingsgeländes in Hinwil ZH genaustens unter die Lupe zu nehmen. Selbstverständlich mit Schutzmaske, wenn der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann – wie etwa zu Beginn im Theoriesaal bei der Kurzvorstellung jedes Fahrzeugs. Und mit gründlicher Desinfektion beim Verlassen jedes Testautos.
Zur Fachjury zählen dieses Jahr neben Umweltexpertinnen von Empa und VCS neun Auto-Journalisten, die Rennprofis Nico Müller, 28, Fredy Barth, 41, und Marc Surer, 69, sowie Roger A. Egolf vom TCS. Sie fahren am Vormittag jedes der 13 Modelle ausgiebig, vergleichen die Fahrzeuge und bewerten sie nach den Kriterien Styling, Technik, Innovation sowie Preis-Leistungs-Verhältnis. Bei einer kurzen Pause gesteht der konsequent mit Maske fahrende Ex-F1-Rennfahrer und TV-Co-Kommentator Marc Surer seinen Rennkollegen: «Mir wird ob meiner eigenen Fahrweise schlecht. Ich hoffe, das liegt nur an der ungewohnten Gesichtsmaske.»
Ihm, aber auch allen anderen Juroren fällt es dieses Jahr wieder schwer, die Final-Fahrzeuge miteinander zu vergleichen. Denn auch heuer stehen Autos mit verschiedenen Antriebsvarianten aus unterschiedlichsten Segmenten zur Wahl.
Allerdings: 6 von 13 sind elektrisch oder haben einen teilelektrischen Antrieb. «Die E-Mobilität ist in der Schweiz angekommen», konstatiert Jury-Präsident Heller. Jeder dritte verkaufte Neuwagen in der Schweiz verfügt inzwischen über einen Alternativantrieb.
«Die diversen Fahrzeugkonzepte sind ziemlich unterschiedlich»
Miriam Elser, Leiterin Fahrzeugsysteme Empa
Aber trotz sechs E-Autos wird die Wahl nicht einfacher. So stöhnt etwa Miriam Elser, Leiterin Fahrzeugsysteme bei der Empa: «Die Konzepte vom kleinen Toyota Yaris, vom rein elektrischen VW ID.3 oder dem mächtigen Land Rover Defender unterscheiden sich extrem stark voneinander.» Und DTM-Rennprofi Nico Müller ergänzt: «Zudem macht es die grosse Spreizung innerhalb der einzelnen Modelle nicht einfacher.»
Müller spricht den Audi A3 oder den Skoda Octavia Combi an, von denen er je die Basis, aber auch die Sportvarianten S3 und Octavia RS im Betzholz testet. «Und ob A3 oder S3, ist schon ein Riesenunterschied», gibt der DTM-Gesamtzweite zu bedenken. Entsprechend gross ist die Not anschliessend bei der Punktevergabe.
«Ich habe einen Favoriten», verrät Rennprofi Fredy Barth. «Dahinter fällt mir die Punktevergabe aber sehr schwer. Und es lässt sich leider nicht vermeiden, dass einige gute und interessante Autos punktlos bleiben.» Damit spricht er wohl so manchem Jury-Kollegen aus dem Herzen.
Folgende 13 Autos wurden von der Fachjury aus einer Auswahl von 47 Fahrzeugen in den Final gewählt und dann auf Herz und Nieren geprüft: Audi A3, Cupra Formentor, Kia e-Niro, Land Rover Defender, Mazda MX-30, Mercedes GLB, Opel Corsa-e, Polestar 2, Renault Captur E-Tech, Skoda Octavia Combi, Toyota Yaris, VW Golf und VW ID.3.