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Die Schauspiel-Entdeckung

Elli Spagnolo brilliert im neuen Film von Ursula Meier

Noch ohne Erfahrung brilliert Elli Spagnolo im neuen Film von Ursula Meier – und ist bereits für den Schweizer Filmpreis nominiert. Was das Talent der 14-jährigen Waadtländerin ausmacht und warum sie ihre Eltern bremsen.

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Elli Spapnollo,14 ans débute sa carrière de comédienne comme rôle principal dans le film d'Ursula Meier"La Ligne". Ici à Vers-chez-les-Blancs où elle vit avec sa famille.Ici avec le Teckel Mimi

Mit Hund Mimi kuschelt Elli Spagnolo zu Hause bei Lausanne. Dank ihrem Filmdebüt ist die Aktrice für den Schweizer Filmpreis nominiert (beste Nebenrolle).

Julie de Tribolet

Eine Karriere als Schauspielerin kann ungeahnte Herausforderungen mit sich bringen. «Ich musste erst einmal meine Unterschrift üben», sagt Elli Spagnolo und lacht verlegen. Denn seit die 14-jährige Waadtländerin in Ursula Meiers neuem Film «Die Linie» ihr Leinwand-debüt gegeben hat, posiert sie an Filmfestspielen – zum Beispiel in Zürich oder Berlin – für klickende Kameras und gibt Autogramme. In ihrer Heimatstadt Lausanne sei sie gar schon beim McDonald’s erkannt worden, erzählt der Teenager. Nicht dass Elli dies für erstrebenswert hält. Im Gegenteil: «Ich habe ein bisschen Angst, dass meine Freunde mich plötzlich mit anderen Augen sehen.»

Weibliche Gewalt im Film

«Die Linie» ist keine leichte Kost. Das Familiendrama handelt von einer jungen Frau, Margaret, die im Streit auf ihre Mutter losgeht – Letztere wird übrigens gespielt von Valeria Bruni Tedeschi (58) der Schwester von Frankreichs ehemaliger First Lady Carla Bruni. Margaret darf sich daraufhin dem Haus ihrer Familie nicht näher als 100 Meter nähern.

Elli Spagnolo mimt die jüngste Tochter Marion, die daraufhin eine blaue Trennungslinie rund ums Haus zieht, an welcher Margaret fortan täglich steht. Und die irgendwann auch die Zerrissenheit des Teenagers zwischen der Loyalität zur Mutter und derjenigen zur Schwester symbolisiert.

Potrait of Ursula Meier & Elli Spagnolo

Mit Regisseurin Ursula Meier. «Elli spielt mit einer grandiosen Aufrichtigkeit und Tiefe», sagt Meier über Spagnola.

Anoush Abrar

Sie habe schon lange mit dem Gedanken gespielt, weibliche Gewalt in einem Film zu thematisieren, erzählt die schweizerisch-französische Regisseurin Ursula Meier (51). Ein junges Mädchen zu finden, das mit dieser Thematik nicht nur umgehen, sondern sie auch treffend umsetzen kann, sei ein grosses Glück gewesen. «Ich habe von der ersten Sekunde an gemerkt, dass da etwas zwischen Elli und der Kamera passiert», sagt Meier über die Schülerin, die keinerlei Schauspielerfahrung mitgebracht hat. «Sie wirkt stark und kraftvoll, spielt mit einer grandiosen Aufrichtigkeit und Tiefe. Mal ist sie unglaublich anmutig, dann wieder hart, fast schon brutal. Ich war sehr beeindruckt, als ich mit ihr zu arbeiten begann.»

Elli soll ihre Jugend geniessen

Eine Linie ums Haus zu ziehen, ist bei Familie Spagnolo zum Glück nicht nötig. Elli wohnt mit ihren Eltern Delphine und Antonello, den älteren Geschwistern Luvi, Alma und Milo, fünf Hunden und zwei Katzen in der Nähe von Lausanne. Natürlich ist die gesamte Familie stolz auf ihre Jüngste. Trotzdem finden ihre Eltern es wichtiger, dass Elli ihre Jugend noch geniesst, statt so früh wie möglich Schauspielkarriere zu machen. «Es war und ist ein atemberaubendes Abenteuer, das sie hier erlebt», sagt Mami Delphine Spagnolo. «Aber ich glaube, sie ist jeweils auch ganz froh, wenn sie wieder in ihr normales Leben zurückkehren kann.»

Elli Spapnollo,14 ans débute sa carrière de comédienne comme rôle principal dans le film d'Ursula Meier"La Ligne". Ici à Vers-chez-les-Blancs où elle vit avec sa familleIci dans sa chambre

Elli Spagnolo, hier in ihrem Zimmer, holte alle schulischen Rückstände auf, die sie wegen der Dreharbeiten hatte.

Julie de Tribolet

Und in diesem spielt neben der Familie die Schule die wichtigste Rolle. Sie habe befürchtet, wegen der Absenzen aufgrund der Dreharbeiten eine Klasse wiederholen zu müssen, sagt Elli. «Aber ich habe alles nachgeholt, und es hat ohne Wiederholung geklappt.»

«Ursula treibt dich zum Äussersten»

Ihre Fähigkeit zu fokussieren, zeichnet Elli auch als Schauspielerin aus. Gerade bei der Arbeit mit einer Regisseurin wie der mehrfach ausgezeichneten Ursula Meier ist dies unbedingt nötig. «Ursula treibt dich bis zum Äussersten», sagt die junge Schauspielerin. So hat ihre Figur Marion in «Die Linie» zum Beispiel Asthma – und Elli musste vor einer Szene rennen, um ausser Atem zu sein.

Dabei seien es weder solche Szenen gewesen, die sie am schwierigsten gefunden habe, noch jene, in denen es um Spannungen und Gewalt gegangen sei, erzählt Elli Spagnolo. Und auch nicht die Nachtaufnahmen bei eisiger Kälte. «Für die Kamera singen und beten waren die grössten Herausforderungen für mich», gesteht sie. «Ich habe das noch nie zuvor vor anderen Leuten getan.

Elli Spapnollo,14 ans débute sa carrière de comédienne comme rôle principal dans le film d'Ursula Meier"La Ligne". Ici à Vers-chez-les-Blancs où elle vit avec sa familleIc avec ses parents Antonello et Delphine,son frère Milo 18 et ses 2 soeurs Luvi 23( cheveux attachés  et Alma 21

Stolz, aber auch beschützend: die Familie von Elli (Mitte). Vater Antonello, Luvi, Milo, Alma und Mutter Delphine (v. l.) vor ihrem Haus in der Nähe von Lausanne.

Julie de Tribolet

Offenbar war sie aber auch in diesen Situationen sehr überzeugend. Denn seit dem Ende der Dreharbeiten zu «Die Linie» hat Elli Spagnolo bereits mehrere Schauspielangebote erhalten – die sie nach Rücksprache mit ihrer Familie allesamt ausgeschlagen hat. Dies, obwohl sie mittlerweile einen Agenten in Paris hat – übrigens denselben, bei dem auch Ursula Meiers Schauspielentdeckung Kacey Mottet Klein (24) («Home», «Gainsbourg») unter Vertrag ist. Für Ursula Meier ist das vollkommen in Ordnung. «Es geht nicht darum, Elli um jeden Preis zu pushen. Auch wenn ich natürlich sehr hoffe, sie irgendwann in einem meiner Filme wiederzusehen.» Bis dahin hat die talentierte Madame Spagnolo sicherlich auch ihre Unterschrift perfektioniert.

Übersetzung: Sandra Casalini

Von Patrick Baumann am 24. Februar 2023 - 12:01 Uhr