«Wenn ich an meine Rente denke, muss ich fast lachen. Meine Altersvorsorge habe ich gebraucht, um die Rechnungen vom ersten Lockdown zu zahlen, und jetzt sind wieder neue offen! Ich bin komplett blank und schlafe kaum noch, weil ich mich dauernd frage, wie ich die Familienwohnung bezahlen soll.»
«Immerhin wurde jetzt der Zugang zu den Härtefallgeldern erleichtert, aber sollten die Beiträge erst Ende Februar ankommen, muss ich in Konkurs gehen! Am besten schreibe ich schon mal Bettelbriefe an meine Gläubiger. Im ersten Lockdown bekam ich den Kredit innerhalb von 24 Stunden, das muss jetzt auch passieren.»
«In den letzten Jahren gingen in Kerns schon zwei Restaurants ein. Wenn es uns nicht mehr gibt, verlieren Büezer ihren Mittagstisch, Grossväter ihren Stammtisch – und Kerns eine Musigstubete. Jeden ersten Sonntag im Monat kamen unsere Gäste mit Schwyzerörgeli, Kontrabass oder sonst einem Instrument und musizierten. Das war immer ein Chäferfäscht! Jetzt ist das Restaurant leer.»
«Nur ich und meine Familie kommen täglich, um die übrigen Lebensmittel zu essen, damit das nicht auch noch kaputtgeht. Und das geht jetzt noch bis Ende Februar so weiter. Ich habe keine Lust mehr! Aber mir bleibt nichts anderes übrig, als weiterzumachen. Ich wüsste gar nicht, was ich ohne das Restaurant tun soll.»
«Zwei meiner Mitarbeiterinnen arbeiten schon ein halbes Leben lang für mich. Hamdije, 38, seit 20 Jahren und Jasmina, 56, seit 27 Jahren. Ebenso lange führe ich jetzt schon das ‹Bahnhöfli›. Ich dachte, wir hätten mit Hochzeiten, Scheidungen und Geburten schon alles gemeinsam durchgemacht. Aber so einen Krampf wie jetzt hatten wir noch nie.»
«Meine Mitarbeiterinnen können sich nicht mal mehr einen Familienausflug leisten. Nicole, 26, und Natascha, 43, sind alleinerziehende Mütter, und Hamdije ist mit dem dritten Kind hochschwanger. Alle sind in Kurzarbeit und bekommen nur 80 Prozent Lohn, der in der Gastronomie sowieso schon tief ist. Bis Dezember habe ich die fehlenden 20 Prozent aus meinem Sack bezahlt, das geht jetzt auch nicht mehr.»
«Mir ist einfach das Geld ausgegangen. Ich begleiche die offenen Rechnungen mit meinem Ersparten, an die Rente mag ich nicht denken. Wenn jetzt keine Unterstützung kommt, muss ich ihnen in ein, zwei Monaten kündigen.»
«Ausser der Kurzarbeitsentschädigung habe ich bisher keinen Franken gesehen. Weil mein Umsatzverlust weniger als 40 Prozent beträgt, habe ich keine Härtefallgelder bekommen. Es ist sicher ein Lichtblick, dass der Bundesrat am Mittwoch angekündigt hat, den Zugang zu erleichtern. Die Frage ist jetzt, wie schnell und unbürokratisch das Geld ankommt.»
«Ich habe mich jetzt auf eine Putz-stelle beworben. Irgendwie muss ich ja schauen, dass ich meine Miete, Versicherungen und alles, was ansteht, zahlen kann. Mein Erspartes ist fast aufgebraucht, und still sitzen ist nicht so mein Ding. Zum Glück unterstützen mich meine treuen Gäste: Sie füttern ab und an mein Konto mit dem Sackgeld, das sie sonst bei mir im Bistro ausgeben.»
«Ich habe 2019 wegen Lungenkrebs einen Lungenlappen entfernen müssen, letztes Jahr kam noch Schilddrüsenkrebs dazu. Nach meiner Krebserkrankung startete ich im ersten Lockdown einen Spendenaufruf, ich bekam von meinen Gästen insgesamt 18 000 Franken. Das berührte mich unheimlich, mir kommt fast schon wieder das Augenwasser.»
«Solche Gesten ermutigen mich weiterzumachen. Mein Bistro ist für viele meiner Gäste ein zweites Zuhause und für mich ein Kraftort. Der Laden hält mich auf Trab. Zweimal in der Woche veranstalte ich Konzerte, Lesungen und Ausstellungen. Ich habe noch so viele Pläne, die ich umsetzen möchte. Deshalb will ich so schnell wie möglich wieder öffnen!»
«Leider müssen wir jetzt noch bis Ende Februar warten. Ich hoffe, dass die versprochenen À-fonds-perdu-Beiträge schnell ankommen und die Zeit der leeren Versprechungen vorbei ist. Sonst muss ich rasch schauen, wo ich einsparen kann. Im schlimmsten Fall trifft es die Mitarbeiter. Das ist doch brutal!»
«19 Jahre wirten wir nun schon auf unserer ‹Truube›. Doch so eine Katastrophe haben wir noch nie erlebt. Es ist traurig, jeden Tag in die leere Gaststube blicken zu müssen, viele Gäste schreiben uns aufmunternde Worte, das tut gut.»
«Uns geht es an die finanzielle Substanz. Mein Mann hat für uns beide einen Antrag auf Erwerbsersatz gestellt. Hoffnungen machen wir uns keine. Denn die Reglemente sind so konstruiert, dass der Staat so wenig zahlen muss wie nötig. Reden wir mit österreichischen Berufskollegen, lachen sie uns aus – von ihrem Staat bekommen sie richtig gute Hilfe.»
«In unserer Branche, befürchte ich, springen viele gute Berufsleute ab. Kein Wunder, wenn man sieht, wie wir verarscht werden. Die Schweiz erlebt ein politisches Desaster. So viele Widersprüche! Ich hoffe, dass unsere Stammlieferanten die Krise überleben. Mit den zwei Lehrlingen mache ich regelmässig Probekochen, der eine hat im Mai Lehrabschlussprüfungen, er muss sich darauf vorbereiten. Der Lockdown raubt ihnen Know-how und Sicherheit.»
«Doch die Pandemie hat auch ihr Gutes. Nun haben wir Zeit, mit unseren Kindern ‹Dog› und ‹Monopoly› zu spielen, am Sonntag gemeinsam Zmittag zu essen. Mein Mann und ich sind täglich auf dem Velo oder auf der Langlaufloipe hier in Gääs. Das ist das beste Rezept, diesen nervenzehrenden Wahnsinn durchzustehen.»
Laeris führten zwölf Jahre das Hotel Heinrüti-Rank in Widen AG.
«Seit 64 Jahren ist das Hotel Heinrüti-Rank in Familienbesitz. Von der Terrasse aus sieht man in mein ehemaliges Kinderzimmer. Ich und mein Mann haben den Gasthof samt Hotel in der dritten Generation zwölf Jahre lang geführt. Wir wollten eigentlich erst in zwei Jahren aufhören, aber mit Corona kam der Sinneswandel.»
«Wir haben im ersten Lockdown ungefähr 400 000 Franken verloren, weil alle Hochzeiten, Taufen und Caterings abgesagt wurden. Dazu belasteten uns noch hohe Fixkosten. Noch mal wollten wir das nicht erleben. Nach dem ersten Lockdown haben wir uns entschlossen, im November 2020 endgültig Feierabend zu machen.»
«Wenn ich jetzt die Situation im Gastgewerbe anschaue, muss ich sagen: Wir haben zur richtigen Zeit die Notbremse gezogen! Wir arbeiten nicht jahrelang, um dann in eine Schuldenfalle zu geraten. Dafür haben wir nicht so hart gearbeitet. Der Gasthof war mein Baby – mein Lebensinhalt. Aber so macht es einfach keinen Sinn weiterzumachen.»
«Es war ein Vernunftsentscheid, weh tut es trotzdem. Wir setzen jetzt auf das Immobiliengeschäft und bauen mehrere Wohnungen in der Gemeinde Widen, die wir dann verkaufen. Auch aus dem ‹Heinrüti-Rank› entstehen bald vier Wohnungen. Beim Abriss will ich aber nicht zuschauen, ich verstecke mich dann irgendwo.»