Herr Brack, haben Sie sich Ihren Erfolg selbst erarbeitet?
Roland Brack: Darüber lasse ich andere urteilen. Es stimmt, dass ich in einer einfachen Familie aufgewachsen bin und mit nichts angefangen habe. Aber ich hatte auch viel Glück. Der grösste Teil meines Erfolgs ist auf tolle Mitarbeiter zurückzuführen.
Das klingt jetzt sehr bescheiden. Andere Wirtschaftskapitäne haben ein grösseres Ego als Sie.
Stimmt (lacht).
Und was halten Sie von solchen Typen?
Das lassen wir besser.
Schade.
Ich kann Ihnen aber sagen, wer mein grösstes Vorbild ist: Gerhard Jansen, der ehemalige Chef der Technologiefirma Schleuniger in Thun. Ein gestandener Unternehmer, anständig, nett und nicht überheblich. Von ihm habe ich viel gelernt! Deshalb habe ich ihn damals auch in unseren Verwaltungsrat geholt.
Sie starteten Brack mit dem Verkauf von Computern. Wann haben Sie zuletzt einen aufgeschraubt?
An Weihnachten mit meinem Göttibueb. Er hat Freude daran und wünscht sich jeweils Einzelteile, damit er sie zusammenbauen kann.
Sind Sie ein Nerd?
Ja. Als junger Mann war ich öfter am Computer als im Ausgang. Das war ja auch der Anfang der Firma. Es gab keinen grossen Businessplan – ich hatte einfach Freude daran, die neuesten Computer auszuprobieren.
Auch die Brack-Kundinnen und -Kunden bestellen immer wieder neue Elektronikgeräte. Nicht sehr nachhaltig, oder?
Ja. Deshalb ist uns die Qualität der Artikel wichtig. Wir wollen nicht, dass die Produkte, die man bei uns kauft, gleich wieder kaputtgehen.
Bei insgesamt 250 000 Artikeln im Sortiment können Sie das sowieso nicht überprüfen.
Wir können nicht jedes einzelne Produkt testen, aber wir überwachen die Retourenquote. Dort zeigt sich schnell, wenn etwas nicht gut ist.
Haben Sie keine Mühe mit dieser Materialschlacht?
Wir Schweizer können uns viel leisten und übertreiben es manchmal mit dem Konsum. Auch ich habe einen tollen Akkuschrauber zu Hause und eine Stichsäge und was weiss ich. Das sind Qualitätsmaschinen für Handwerker – habe ich die wirklich oft genug im Einsatz? Gleichzeitig lebt meine Firma vom Verkauf. Ich verbiete den Kunden nicht, etwas zu bestellen, nur weil sie es vielleicht nicht wirklich brauchen.
Als Sie 17 Jahre alt waren, gab Ihr Grossvater Ihnen 30 000 Franken, damit Sie Computer importieren konnten. Nahm Ihre Schwester Ihnen das übel?
Das ist eine gute Frage. Ich stand halt zum richtigen Zeitpunkt mit einer überzeugenden Idee vor ihm. Und es war kein Geschenk, sondern ein Darlehen. Meine Schwester ist sechs Jahre jünger als ich und ebenfalls Unternehmerin. Sie führt ein Zahntechniklabor.
Im TV bei «Die Höhle der Löwen» sind Sie nun in der Rolle Ihres Grossvaters und verteilen Geld.
Das kann man so sagen. Nach 30 Jahren als Unternehmer kann ich gut damit leben, Pässe zuzuspielen, statt selber Tore zu machen. Diese Rolle des Mentors gefällt mir. Aber als Grossvater fühle ich mich deswegen noch nicht.
Der Aargauer ist Gründer der Competec-Gruppe mit dem Online-Shop Brack.ch. Brack hat Elektronik studiert. Er ist geschieden und Vater zweier Kinder, 18 und 15 Jahre alt. Seit 2022 gehört er laut «Bilanz» zu den 300 reichsten Schweizern.
Der Nachwuchs macht Ihnen aber grosse Sorgen. Oder warum wollen Sie in der Aargauer Gemeinde Mägenwil ein Zentrum für Lernende bauen?
Wir werden in Zukunft im Bereich ICT noch viel mehr Fachpersonal brauchen. Also Informatiker, Mediamatiker und sogenannte Entwickler digitales Business. Doch in den vergangenen Jahren haben die Betriebe immer weniger solcher Lehrlinge ausgebildet.
Warum?
Sie kommen mit wenig Vorwissen aus der Schule. Die Firmen müssen viel Zeit investieren, bis die Lehrlinge überhaupt mitarbeiten können. Mägenwil hat sich zum ICT-Ausbildungszentrum entwickelt, und der Verband führt in unseren Räumen auch überbetriebliche Kurse für alle Lernenden durch. Dieses und weitere Angebote reduzieren den Aufwand für andere Lehrbetriebe im Kanton. Ich hoffe, dass unsere Ideen kopiert werden!
In Ihrem Lager werden die Produkte von Robotern aus dem Regal geholt. Wofür brauchts da in Zukunft mehr Lernende?
Es braucht immer Personen, die die Roboter programmieren, installieren und unterhalten. Uns fehlen sowohl Fachpersonen als auch weniger gut ausgebildete Mitarbeitende. Deshalb können wir ganz froh sein, dass Roboter uns im Betrieb helfen. Die Künstliche Intelligenz wird uns da sicher auch in Zukunft unterstützen. Ich verwende sie übrigens auch im privaten Bereich.
Wo denn?
Vor Kurzem musste ich ein Kondolenzschreiben verfassen ...
Wie bitte?
Nun ja, das ist etwas, womit ich – zum Glück – wenig Erfahrung habe. Also habe ich die Künstliche Intelligenz gebeten, mir einen Vorschlag zu schreiben. Natürlich habe ich den nicht eins zu eins übernommen. Aber ich hatte am Schluss ein schnelleres und besseres Resultat, als wenn ich es allein gemacht hätte.
3,9 Millionen
Pakete verschickte die Firma im Jahr 2022. Das sind 10 684 pro Tag.
1,17 Milliarden
Umsatz machte die Competec-Gruppe, zu der Brack gehört, im vergangenen Jahr. Bei Konkurrent Digitec Galaxus war es doppelt so viel.
1250 Mitarbeitende
hat die Competec-Gruppe. Zu ihr gehört neben Brack.ch auch der Grosshändler Alltron.
34 Lernende
sowie Praktikantinnen und Praktikanten starteten letztes Jahr ihre Ausbildung in Bracks Firma.
Sie haben kein Büro mehr bei Brack. Warum eigentlich?
Ich brauchte es nicht mehr oft, und es ist auch besser so, damit der neue CEO Martin Lorenz in Ruhe sein Ding machen kann.
Sie sind seit fünf Jahren nicht mehr CEO, aber noch alleiniger Inhaber der Firma. Haben Sie Ihrem Nachfolger zu oft reingeredet?
Natürlich. Durch die ständige Präsenz war es schwierig, das nicht zu tun – gerade, wenn man so nah dran ist. Ich kannte ja noch so viele Leute und wenn die mich etwas fragten, gab ich eine Antwort. Das führt zu Problemen. Darum ist es für ihn und für mich einfacher, wenn ich nicht immer vor Ort bin. Und wenn ich mit «Die Höhle der Löwen» beschäftigt bin, habe ich auch weniger Zeit, ihm reinzureden.
Früher fuhren Sie Rallye, jetzt sitzen Sie auf dem Beifahrersitz. Haben Sie inzwischen überall das Steuer aus der Hand gegeben?
Moment. Als Beifahrer sagt man bei der Rallye, wo es langgeht. Von daher habe ich das Steuer in die Hand genommen. Ich fuhr gerne selbst, hatte damals aber auch schon Freude an der Navigation. Irgendwann habe ich gemerkt: Beides gleichzeitig geht nicht.
Klingt logisch.
Ja. Und dann habe ich mir eingestanden, dass ich lieber navigiere als fahre. Aber sowieso ist Rallye-Fahren ein Teamsport. Bei der Superkarpata-Trophy fahren sogar mehrere Autos gemeinsam als ein Team. Entweder kommt man miteinander ins Ziel – oder gar nicht.
Sie haben sich selbst schon als zurückhaltend und als Bünzli-Schweizer beschrieben. Gleichzeitig tragen Sie goldene Anzüge und fahren auffällige Autos. Wie passt das zusammen?
Muss denn immer alles zusammenpassen? Ich bin halt ein bunter Bünzli. Bünzli heisst für mich: bodenständige Werte und Verbundenheit mit der Schweiz.
Also sind Sie der Roger Federer unter den Unternehmern?
Das habe ich jetzt noch nie gehört …
Aber es gefällt Ihnen?
Auf jeden Fall – das ist ein riesiges Kompliment!
Und Sie sind nicht zu bescheiden, dieses Kompliment anzunehmen?
Ich kenne Roger Federer nicht persönlich, aber ich glaube, dass wir tatsächlich viele Werte teilen. Und auch wer bescheiden ist, darf doch Freude an bunten Anzügen haben.