Seit einer kritischen Äusserung im Zuge der «Black-Lives-Matter»-Demonstration vom 13. Juni 2020 in Zürich ist Mirjam «Mimi» Jäger mit Rassismus-Vorwürfen konfrontiert. Im Internet schlug der Influencerin tagelang eine riesige Hasswelle entgegen. In der Folge haben sich auch Unternehmen wie etwa IKEA von ihr als Markenbotschafterin abgewandt. Vergangene Woche liess schweizer-illustrierte.ch den Shitstorm um die Influencerin von PR-Experte Ferris Bühler analysieren. Der Geschäftsführer und Inhaber von Ferris Bühler Communications schlug im Interview eine Schritt-für-Schritt-Strategie vor, wie Jäger aus der Negativ-Spirale rauskommt.
«Zuerst ist es nun wichtig, sich von keinen Emotionen mehr leiten zu lassen. Auch wenn es Mirjam bei all dem Druck schwerfällt und für sie als Betroffene die Versuchung riesig ist, sich nochmal in die Diskussion reinzugeben, sie muss jetzt cool bleiben», riet Ferris Bühler. «In einem zweiten Schritt geht es darum, mit allen ihren Kooperationspartnern das persönliche Gespräch zu suchen. Sie muss ihren aktuellen sowie potenziellen Auftraggebern aufzeigen: ‹Ich bin nicht so, wie ich wahrgenommen werde.› In einem dritten Schritt könnte sie sich gemeinsam mit einem Auftraggeber Gedanken dazu machen, wie sie sich auf eine sympathische Art und Weise für «Black-Lives-Matter»-Anliegen stark machen kann, um eben zu zeigen: ‹Hey, ich bin nicht gegen euer Anliegen.›», so die Strategie des PR-Experten. Wir haben bei Mirjam Jäger nachgefragt, was sie dazu sagt.
«Der Lösungsansatz von Ferris ist sehr gut. Die Haters werden immer wieder irgendetwas finden, was ihnen nicht passt, darum ist Ferris Punkt, sich aus den Diskussionen rauszuhalten, wenn schon alles gesagt wurde, absolut richtig», sagt Mirjam.
Seit ihrer Äusserung auf Instagram, die den Shitstorm losgetreten hat, sind zweieinhalb Wochen vergangen. Nach den ausführlichen Interviews bei Tele Züri und im «Blick» glaubt die Influencerin, dass sie den Sachverhalt bei vielen Menschen richtig stellen konnte und ihre Botschaft in den Köpfen angekommen ist: «Dass ich nicht gegen das ‹Black-Lives-Matter›-Anliegen bin, sollten mittlerweile wohl die meisten wissen. Die, die mich kennen, wissen, wie gross mein Gerechtigkeitssinn auf allen verschiedenen Ebenen ist, da gehört auch Diskriminierung und Rassismus dazu», sagt Jäger.
Trotz der Shitstorm-Erfahrung will Mirjam inskünftig auch bei sensiblen Themen nicht schweigen. PR-Experte Ferris Bühler riet in diesem Zusammenhang: «Das Sprichwort ‹Reden ist Silber, Schweigen ist Gold› kann hier als Wegleitung genommen werden. Besonders bei sensiblen Themen wie etwa LGBTQ+, Klimaschutz, Rassismus oder auch Genderfragen ist es ratsam, sich nicht oder nur sehr überlegt und fundiert zu äussern.» Dazu sagt Jäger: «Dieses Sprichwort ist natürlich passend, gerade wenn es um politische oder heikle Äusserungen geht. Ich finde aber dennoch, man darf und sollte seine Meinung teilen können.» Sie bleibt eine Verfechterin des Rechts auf freie Meinungsäusserung und Meinungsfreiheit: «Unterschiedliche Meinungen sollten akzeptiert und respektiert werden.»
Für sie ist noch heute unverständlich, wie sie aufgrund von zwei Sätzen «Danke, ihr lieben Demonstranten, unsere Pläne in der Stadt habt ihr ziemlich durcheinandergebracht. Jetzt habt ihr dann langsam genug demonstriert» als Rassistin angeprangert werden konnte. «Wenn aus einer Aussage wie meiner ein Shitstorm dieser Grösse entsteht, wo die Menschen mich, meine Familie sogar meine wirtschaftliche Existenz angreifen und bedrohen, und das sogar noch lustig finden, dann frage ich mich wirklich, wo wir angekommen sind», so Mirjam nachdenklich.
Nach dem medialen Sturm ist inzwischen wieder etwas Ruhe bei ihr eingekehrt. Die Influencerin hat die vergangenen Tage das Gespräch mit ihren Kooperationspartnern gesucht und konnte ihre Sichtweise des Sachverhalts darlegen, bestätigt sie. «Ja, wir konnten mit den Firmen, welche in den Shitstorm mitreingezogen wurden, sprechen.» Viele Unternehmen, mit welchen sie schon länger arbeite, wüssten, wo ihre Werte liegen und das sei ihr sehr wichtig. «Diese werden auch weiterhin mit mir zusammenarbeiten», stellt sie klar.
Neben der wirtschaftlichen Situation hat sie die vergangenen Wochen aber auch über einen anderen Aspekt des Shitstorms sinniert. Für Jäger steht nach wie vor fest, dass sie die Hasswelle, die über sie hereingebrochen ist, nicht einfach hinnehmen wird. «Ein anderer wichtiger Punkt ist, dass gegen die Hasser und Hetzer Strafanzeige wegen Drohung und Verleumdung eingereicht wird. Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein.» Für die 37-Jährige ist klar: Nicht jeder Mensch hat die Kraft, mit solch einer unangenehmen Situation umzugehen. «Nächstes Mal trifft das Mobbing vielleicht einen Teenager, der dem Hass nicht so gut standhält wie ich. Das darf nicht sein und muss verurteilt werden.»