Wenn Loredana in ihrem Song «Bonnie & Clyde» rappt: «Ich bin Bonnie, Bonnie, du bist Clyde. Wir wollen nur das Geld, Gangsta’s Paradise …», dann hängen Millionen Jugendlicher zwischen 12 und 20 an den Lippen der Schweizer Rapperin mit kosovarischen Wurzeln. Bis letzte Woche ist die im Luzerner Vorort Emmenbrücke aufgewachsene Musikerin Loredana Zefi, 23, nur in der eingefleischten, von Rap-Musik begeisterten Online-Community berühmt.
Jetzt ist sie auch berüchtigt. Dank Schlagzeilen wie «Loredana zockt Walliser Ehepaar ab» («20 Minuten»), «Rapperin erschien mit Waffe an der Haustür» («Berner Zeitung»), «Festgenommen: Loredana erleichterte Ehepaar um 700 000 Franken» («Blick») kennt inzwischen die ganze Schweiz ihren Namen.
Total unbedarft zeigt sich Loredanas Mutter, als sie vergangenen Dienstag die Tür im neunten Stock des Hochhauses in Emmenbrücke öffnet, wo Loredana mit neun älteren Geschwistern aufgewachsen ist. «Ich hatte länger keinen Kontakt zu ihr», sagt sie verschüchtert.
Dass die Polizei erst eine Woche zuvor bei der Tochter vor der Tür steht, davon will Mutter Zefi nichts mitbekommen haben. Die Beamten halten Loredana einen Durchsuchungsbeschluss unter die Nase. Sie beschlagnahmen Material, nehmen die Rapperin zu einer Befragung mit. Simon Kopp von der Medienstelle der Luzerner Staatsanwaltschaft bestätigt: «Es läuft eine Untersuchung wegen Verdachts auf Betrug.»
Nach der Befragung und der Hausdurchsuchung, bei der auch mögliches Beweismaterial sichergestellt wird, darf Loredana nach Hause. Sie ist schliesslich Mutter einer erst fünf Monate alten Tochter. «Es besteht weder Flucht- noch Verdunkelungsgefahr», sagt Kopp. Bis der Fall abgeschlossen sei, gelte die Unschuldsvermutung. Deshalb darf die Rapperin vergangenes Wochenende auch in den Kosovo reisen, wo sie für Aufnahmen eines neuen Videoclips vor der Kamera steht.
Der Krimi, in den Loredana verstrickt sein soll, beginnt 2016. Da bandelt einer ihrer Brüder laut «20 Minuten» via Online-Singlebörse Badoo mit der Walliserin Patricia H. (Name der Redaktion bekannt) an. Irgendwann gibt die Frau ihrem Internetbekannten Geld für eine angebliche Operation von dessen Mutter. Es kommt, wie es kommen muss: Mehr und mehr Geld sei von der Walliserin an Loredanas Bruder geflossen – und irgendwann habe sich die Musikerin selbst eingeschaltet.
Allerdings nicht als Loredana Zefi, sondern als Anna Landmann, uneheliche Tochter des Zürcher Staranwalts Valentin Landmann. Sie habe der verzweifelten Frau angeboten, bei der Wiederbeschaffung ihres Geldes behilflich zu sein.
Statt zu helfen, soll die vermeintliche Anwaltstochter Patricia H. weiter ausgenommen haben. Bis die Walliserin die wahre Identität von Loredana herausbekommt …
Geboren wird Loredana Zefi am 1. September 1995 in Luzern als jüngstes von zehn Kindern. Die Musikerin mit kosovo-albanischen Wurzeln wächst in einem Hochhaus in Emmenbrücke auf. Böse Zungen nennen das Quartier Emmenbronx. Sogar SVP-Nationalrat Felix Müri hat diesen Slangausdruck schon benutzt. Einer seiner Söhne besuchte mit Loredana von der 1. bis zur 6. Klasse die Primarschule Gersag. Anschliessend habe sie, so Müri, «in eine Werkschule» gewechselt.
Ihre Karriere als Rapperin startet sie auf Instagram – mit einem sogenannten Lip-Sync-Video zum Song «Habibi» des französischen Rappers Maître Gims. Richtig an Fahrt gewinnt ihr Aufstieg im Musikbusiness jedoch mit dem Zutun ihres damaligen Freundes Mozzik. Der zählt zu den bekanntesten Rappern Albaniens, ist heute ihr Ehemann und Vater der gemeinsamen, fünf Monate alten Tochter Hana.
Durch die Decke schiesst der Song «Sonnenbrille», den Loredana im Sommer vergangenen Jahres auf Youtube hochlädt. Innerhalb weniger Tage wird er 13 Millionen Mal aufgerufen, erhält 200 000 Likes. «Die Community der Schweizer Rapperin besteht zum Grossteil aus Deutschen, Russen und der albanischen Community der Schweiz», weiss das Online-Musikmagazin «Rapspion». Trotz diesem fulminanten Start aus dem Nichts ist Loredana nicht bei den Swiss Music Awards nominiert.
Mit Raubtierbaby und Luxusschlitten stellt sich Loredana in Videos nicht einfach als Gangster-Rapper-Anhängsel dar, sondern macht schon mal einen auf dicke Hose. In einem Clip spuckt Loredana auf den Boden, putzt den Rotz gleich selbst weg – mit einem 100-Euro-Schein. Für solche Auftritte erhält die Luzernerin sogar Anerkennung im Ausland, etwa von Skandal-Rapper Farid Bang, der in einer seiner Insta-Storys schreibt: «Die gute Dame hat es drauf, Respekt!» Auch die gebürtige Polin, Ex-Prostituierte und Deutsch-Rapperin Schwesta Ewa zollt der Kollegin aus der Schweiz Achtung.
Die Abzock-Vorwürfe will Loredana nicht auf sich sitzen lassen. In einer eiligst einberufenen Pressekonferenz am Freitag vergangener Woche in Pristina spricht sie vor laufenden Kameras von «einem Missverständnis». Fragen wie die, warum sie sich als Anwältin Anna Landmann ausgegeben hat, lässt sie unbeantwortet. Die albanische Zeitung «Gazeta Express» schreibt anschliessend: «Die Geschichte dahinter ist wie aus einem Gangsterfilm.»
Nicht äussern will sich Opfer Patricia H. gegenüber der Schweizer Illustrierten. Für die Walliserin wurde unterdessen auf der Internet-Crowdfunding-Plattform «wemakeit» ein Spendenaufruf gestartet. «Die Familie braucht dringend Unterstützung, um nicht völlig den Boden unter den Füssen zu verlieren», heisst es.
Und Loredana? Sie versteckt sich hinter ihrer Sonnenbrille. Im gleichnamigen Song rappt sie: «Die Sonnenbrille schützt meine Identität … Die Hände voller Cash, kann nicht ans Handy gehn …»