In einem dramatischen Schlussgang legte der 25-jährige Joel Wicki nach 13 Minuten seinen Berner Gegner Matthias Aeschbacher auf den Rücken und holte sich am Sonntagabend am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest in Pratteln den Titel des Schwingerkönigs. Obwohl er körperlich «völlig leer war», wie er sagt, wollte er den Sieg unbedingt. «Mein Kopf wollte nicht verlieren», sagt Wicki im ersten Interview nach seinem grössten Erfolg.
Wer ist der Böse aus Sörenberg im Entlebuch? Wir haben Fakten zu Joel Wicki zusammengetragen.
Schwingerkönig Joel Wicki im Sieger-Interview
Körperlich gehört Joel Wicki nicht zu den grössten Schwingern. Mit 1.81 Metern und einem Gewicht von 107 Kilogram ist er verhältnismässig sogar eher zierlich. Sein Finalgegner Matthias Aeschbacher misst 1.91 Metern und bringt 120 Kilo auf die Waage. Christian Stucki, Schwingerkönig 2019, ist im Vergleich zu Wicki ein wahrer Riese: Er ist 1.98 Meter gross und wiegt rund 140 Kilogram. Die eher bescheidene Körpergrösse sieht Joel Wicki nicht als Nachteil. Im Gegenteil, wie er «Blick» sagt: «Ich wäre nicht besser, wenn ich grösser und schwerer wäre. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass es schlechter funktionieren würde. Ich würde im Zweikampf weniger schwungvoll unten reinkommen. Und weil die Hebelwirkung eine ganz andere wäre, wäre ich wahrscheinlich auch anfälliger für Bandscheibenschäden oder Knieprobleme.»
Schaut man weit zurück, ist die Entwicklung von Joel Wicki fast schon eine Sensation, denn als Kind wurde der Schwingerkönig schwer krank. «Joel war im Kindergarten an einem heimtückischen Virus erkrankt. Er hatte wochenlang im Spital gelegen und musste die stärksten Schmerzmittel zu sich nehmen», berichtet Mutter Esthi der Zeitung «Blick». Doch Wicki erholte sich rasant und holte sich bei seinem ersten Schwingfest gleich das Zweigli, den Kranz für Jungschwinger, kurz darauf feiert er in Schafhausen im Emmental seinen ersten Festsieg.
Besonders zwei Menschen sind es, die dem neuen Schwingerkönig mentale Stärke geben: Trainer Dani Hüsler, der gleichzeitig einer seiner besten Freude ist und seine Partnerin. Wer sie ist, will Joel Wicki nicht verraten. Zum «Blick» sagt er nur so viel: «Es ist ihr Wunsch, anonym zu bleiben.» Menschen scheinen im Leben von Joel Wicki eine wichtige Rolle zu spielen, denn unter der Rubrik Hobbys listet er auf seiner Fanseite nebst Jagen, Fischen und Landwirtschaft auch Freunde auf.
Mit seiner Freundin teilt Joel Wicki nicht nur Herz und Bett, die beiden werden bald auch zusammen arbeiten. Der gelernte Baumaschinenmechaniker absolviert derzeit eine Zweitausbildung als Landwirt und wird bald mit seiner Partnerin einen Hof übernehmen. Seine anonyme Herzensdame soll dort bereits schon ab und zu mit der Mistgabel oder dem Traktor unterwegs sein und mithelfen.
«Ob eine Sache gelingt, erfährt man erst dann wenn man es ausprobiert», steht als Credo auf der Website von Joel Wicki. Im Schlussgang in Pratteln probierte er alles und hatte damit Erfolg. «Jeder weiss, dass es manchmal nicht selbstverständlich ist», so seine bescheidene Reaktion nach dem Triumph. Vielleicht haben ihm auch seine zwei Glücksbringer geholfen. Als Talismann trägt Wicki immer einen Hirschzahn in seinem Portemonnaie mit, ein Erinnerungsstück von Club-Kollege Benno Studer, der vor neun Jahren beim Amoklauf in Menznau getötet wurde, verleiht im Stärke.
Vor allem aber hat Joel Wicki Freude an seinem Sport. «Für mich bedeutet der Schwingsport seit meiner Kindheit Kameradschaft, Wettkampf, Fairness und nicht zuletzt Vergnügen», ist auf seiner Website zu lesen. Dort verrät er auch sein Lieblingsessen, welches man ihm nach seinem Riesenerfolg in Pratteln hoffentlich umgehend servierte: Entrcôte mit Kroketten.