«Jetzt blühe ich auf! Ich liebe es, wenn etwas geht», sagt Felix Fischer. In seiner 120 Quadratmeter grossen Wohnung im Zürcher Enge-Quartier herrscht kreatives Treiben. Fürs perfekte Foto werden Möbel geschoben, Pflanzen umplatziert, das Outfit wird gewechselt. «Mein Leben ist Kunst und Ästhetik», sagt der Hairstylist.
Kate Winslet und Cate Blanchett
Über 23 Jahre hat der Mann aus Möriken AG in New York für Shootings, Produktionen oder Glamour-Anlässe Politikerinnen wie Hillary Clinton und Hollywoodstars wie Kate Winslet oder Cate Blanchett frisiert – «beides sehr angenehme, intelligente Personen». Doch Shootings oder grössere Produktionen liegen seit der Pandemie brach. «Ich vermisse den Speed und die Art, wie mein Hirn funktionierte. Ich verlangsame, die Welt geht mir schneller auf die Nerven.» Still stand er dennoch nicht und ist früher als gedacht vom Big Apple nach über zwei Jahrzehnten zurück in die Schweiz gezogen.
Aus New York mitgebracht hat Felix Fischer wenig. Ein beiges Sofa, das er satinblau überziehen liess. Eine geschenkte Lampe aus dem Olympic Tower an der Fifth Avenue, die im Schlafzimmer steht. Einen Holztisch im Midcentury-Stil, der farblich nicht zum Parkettboden in Zürich passte und die Einrichtung «wie in der Praxis eines Tropenarztes» hätte erscheinen lassen. Ein Alfredo-Esstisch von Designer Alfredo Häberli steht nun im lichtdurchfluteten Saal. Darauf steht eine schwarze Vase, die er im Cabinet Store in Zürich ergattert hat – Blumen sind seine Leidenschaft.
«Ich möchte mich in der Schweiz wieder richtig zu Hause fühlen, ich will es schön haben», sagt Fischer, der fast durch die Räume schwebt. «Ich weiss genau, was mir gefällt.» Dass er auf der Suche nach Schweizer Einrichtung die Marke De Sede für sich entdeckte, hat ihn dann überrascht. «Ich assoziierte dieses Label eigentlich nur mit coolen Möbeln aus den Siebzigern», sagt er. «Doch nun bin ich nicht nur ästhetisch, sondern auch freundschaftlich mit dem Label verbunden.» Im Schlafzimmer kann er auf der Terrazza-Couch unter seinem Bananenbaum entspannen.
Beendete Ballettkarriere
Im Wohnzimmer ist das Herzstück das Caterpillar-Sofa – für ihn speziell mit einem Stoff von Raf Simons, dem heutigen Co-Designer von Prada, bezogen. Auch im Salon, in dem er irgendwann seine Kunden begrüssen möchte, stehen exquisite Sitzgelegenheiten.
Aktuell empfängt Felix Fischer seine Kundschaft im Savoy Hotel Baur en Ville in Zürich. Seine Mutter wünschte früh, dass der Sohn Coiffeur wird. «Denn in den 50ern durfte sie selber nicht Coiffeuse werden, da der Beruf das Image einer Prostituierten hatte.» Erst als Felix Fischers Ballettkarriere durch ein gebrochenes Bein beendet wurde, schlug er beruflich die stylistische Richtung ein. «In einer anderen, eigenen Welt lebte ich aber schon als Kind, besuchte als einziger Junge die Nähschule.»
An der Arbeit mit der Haarpracht gefällt ihm, dass diese nicht fassbar ist. «Jedes Haar ist anders, je nach Gemüt, Körper oder Verfassung», sagt er. «Und perfektes Haar gibt es nicht, nur perfekte Frisuren. So mache ich aus dem Gout jedes Haar perfekt.» Felix Fischer selber schneidet sich seit Jahren die immer gleiche «Beatles-ähnliche» Frisur. Aber eigentlich beinhalte sein Job nur «bitzeli Haar, alles andere ist Psychologie. In umso höhere Sphären du gelangst, desto mehr erwartet die Kundschaft, dass du sie hofierst.»
Zu viel «fake bullshit»
Kundinnen wie Mariah Carey oder Jennifer Lopez, die ständig im Stress sind, wollen umsorgt sein. Irgendwann hatte er jedoch genug von «fake bullshit». «Im Business kann ich Falschheit ertragen, aber privat ist für mich Authentizität das Wichtigste.» Als immer mehr Personen in seinem Umfeld an Krebs starben oder krankheitsbedingt von ihm die Haare abrasieren oder Perücken anfertigen liessen, rief er das Non-Profit-Projekt «V for Victory» ins Leben. Mit Kreativität und Stil will er gegen Krebs ankämpfen.
«Zou bisou bisou», singt Gillian Hills. Felix Fischer lässt sich aufs Sofa fallen. Beruhigende gute Musik, die nicht lahm macht, liebt er. «‹Chli› Swing, aber nicht zu schnell.» Und ein bisschen retro – so wie seine eigene Welt.