Mehr als drei Jahrzehnte lang prägte Endo Anaconda und seine Band Stiller Has die Schweizer Musiklandschaft. Nun ist der Musiker in der Nacht auf Mittwoch, den 2. Februar 2022, im Alter von 66 Jahren, überraschend gestorben. Die Schweizer Illustrierte erreichte diese Statement: «Endo Anaconda ist nach kurzer Krankheit am 1. Februar 2022 an den Folgen von Lungenkrebs für uns alle unerwartet schnell verstorben. Wir vermissen Dich.»
Sogar für sein engstes Umfeld kommt der Tod überraschend. «Wir sind total überrumpelt und brauchen erst einmal Zeit zum verarbeiten», sagt Stiller-Has-Komponist, Produzent und Pianist Roman Wyss.
Endo Anaconda war bekennender Genussmensch, doch als ihn die Schweizer Illustrierte vor knapp zwei Jahren in seinem Haus im hintersten Emmental, ohne Heizung und WLAN besuchte, hatte er dem Alkohol abgeschworen. «Man muss Dinge ändern, um schlechte Gewohnheiten aufzugeben», sagte Endo Anaconda damals. Besonders dann, wenn zu den schlechten Gewohnheiten der Konsum einer ganzen Flasche Gin pro Tag gehört. «Es ist nicht so, dass es ohne Alkohol nicht gegangen wäre. Sondern dass es mit Alkohol nicht mehr ging», sagt der Musiker, Autor und Kolumnist. «Ich kam an einen Punkt, wo ich im Alltag nicht mehr klarkam. Ich sagte Sachen, die ich im Nachhinein bereute, konnte mich an andere nicht mehr erinnern. Da wusste ich: jetzt. Oder nie mehr.»
«Was zählt, ist Zufriedenheit.»
Endo Anaconda, 2020 in der Schweizer Illustrierte
Das sein Lebensstil lange Zeit nicht gerade der gesündeste war, wusste Endo Anaconda genau. In einem Interview 2018 sagte er: «Ich habe womöglich nicht mehr allzu lange Zeit. Das Alter, der Lebensstil ... An meinen inneren Organen wurde herumgeschnippelt, dass ich bald als Hologramm auftreten könnte.» Doch dann gab er den Alkohol auf und begann sogar Sport zu treiben.
Im Gespräch mit der Schweizer Illustrierten zeigte er sich vor zwei Jahren gut 15 Kilo leichter, fit und glücklich. «Glück ist eine Momentaufnahme», relativiert Andreas Flückiger, wie Endo Anaconda mit richtigem Namen hiess. «Was zählt, ist Zufriedenheit.»
Endo Anaconda hinterlässt drei Kinder, zu denen er einen engen Kontakt pflegte. Die drei besuchten ihren Papa gern in seinem Haus im Emmental. «Wir schauen Filme und diskutieren viel», sagte der Sänger damals. Jeweils an Weihnachten waren die drei, die alle verschiedene Mütter haben, gemeinsam in seinem Haus. Ob eins seiner Kinder in die Fussstapfen des Vaters treten will? «Um Himmels willen», meinte dieser. «Kinder, die das machen, was ihre Eltern machen, werden nichts. Es ist nicht die Aufgabe meiner Kinder, so zu sein wie ich. Sie müssen ihr eigenes Ding machen, ihre eigenen Werte entwickeln. Ich kann sie nur zum Denken anregen.»
Die letzten Jahre lebte Endo Anaconda zurückgezogen in seiner «Hasenhöhle», seinem «Chüngelbau», wie er sein Häuschen auch nannte und schrieb unentwegt. Songs, Texte, Bücher. «Ich hatte eigentlich eine Frühpension im Kopf. Aber was soll man machen, wenn einem da noch so viele Songs im Kopf herumschwirren.» Sagte er, setzte sich an seinen Schreibtisch und griff zur Feder.
Er sei ein Geschichtenerzähler und könne als solcher nicht einfach aufhören, Geschichten zu erzählen. Seine eigene war damals beim Besuch der Schweizer Illustrierte gerade an einem guten Punkt angekommen. Hier, in seiner «Höhle» mit dem heimelig knarrenden Holzboden, zuhinterst im Emmental – da, wo sich Has und Has Gute Nacht sagen.
Nun nimmt die Schweiz Abschied von einem grossen Künstler, der ebenso grosse Geschichten und Musik hinterlässt.