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SI-Stammtisch

Von wegen Röstigraben!

Gipfel der Kulturen. Am SI-Stammtisch in Freiburg unterhalten sich Bundes­präsident Guy Parmelin, Stiftungsgründerin Sonja Dinner und Eishockeystar Slawa Bykow über Integration, Covid und die Zweisprachigkeit. «Die Schweiz hat uns mit offenen Armen empfangen», sagt der gebürtige Russe Bykow.

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SI Stammtisch Fribourg, G.Parmelin, S.Bykov, J.Steiert, S.Dinner, W.d.Schepper, J.Spengler, L.Willener, A.Marchand, SI 43/2021

Illustre Runde: Guy Parmelin (hinten Mitte), Slawa Bykow (l.), Lisa Willener, Werner De Schepper, Jakob Spengler, Anic Marchand, Jean-François Steiert und Sonja Dinner treffen sich im Vallée du Gottéron.

Kurt Reichenbach

Die «Pinte des Trois Canards» liegt im Galterntal mitten im Röstigraben. Der Legende nach schläft hier der Drache, der dem Hockey Club Gottéron das Feuer der Leidenschaft eingeflösst hat. Am SI-Stammtisch: Bundespräsident Guy Parmelin, 61, Hockeylegende Slawa Bykow, 61, der Freiburger Regierungspräsident Jean-François Steiert, 60, Sonja Dinner, 58, von Dear Foundation-Solidarité Suisse, Geschichtsstudent Jakob Spengler, 25, aus Freiburg sowie die Studentinnen der Medien- und Kommunikationswissenschaft Lisa Willener, 19, aus Homberg BE und Anic Marchand, 21, aus Villars-sur-Glâne FR. SI-Co-Chefredaktor Werner De Schepper moderiert bilingue und bittet augenzwin- kernd Staatsrat Steiert aus Düdingen, verständlichkeitshalber nicht «Seislertütsch» zu sprechen.

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«Gelebte Solidarität»: Bundespräsident Parmelin und Philanthropin Dinner wollen das Gleiche.

Kurt Reichenbach

Monsieur Parmelin, was haben Sie heute Morgen gemacht?
Guy Parmelin: Ich bin von zu Hause in Bursins nach Bern gefahren. Wir hatten die gewohnte Morgensitzung, an der wir aufs Wochenende zurück- und auf die Woche vorausblicken. Dann folgte eine Sitzung des Bundesamts für Landwirtschaft und das erste Vorbereitungsmeeting für die Bundesratssitzung vom Mittwoch. Gibt es aktuell ein Dossier, das die Studierenden am Tisch betrifft? Nicht direkt, aber Themen, die relevant sind für ihre Zukunft. Zum Beispiel Sozialversicherungen. Und natürlich Covid. Eine Sitzung ohne dieses Thema gabs wohl seit zwei Jahren nicht mehr! Im Moment geht es um die Impffrage.

Slawa Bykow: Als gebürtiger Russe habe ich mich für die Impfung mit Sputnik entschieden, weil es kein eigenes Schweizer Produkt gibt.

Jean-François Steiert (nickt): Weil die Basler Pharmaindustrie leider die eigene Impfdivision verkauft hat.

Bykow: Es wäre schön, wenn Sputnik in der Schweiz bald zugelassen würde.

Parmelin: In der Schweiz akzeptieren wir nur Impfstoffe, die von der Europäischen Arzneimittel-Agentur zugelassen sind.

Bykow: Russland war bei der Impfstoffentwicklung stets führend. Seit ich ein Kind war, habe ich viele Impfungen erhalten – und hatte nie ein Problem da-mit. Schade, wird ausgerechnet in dieser Krise Politik über Gesundheit gestellt.

Steiert: Ich habe mich wie alle Mitglieder der Freiburger Regierung impfen lassen, weil wir nur so aus der Krise kommen. Mein Credo ist: möglichst wenig Zwang und möglichst viele Gelegenheiten zum sozialen Austausch.

Anic Marchand: Ich habe Mühe mit dem sozialen Druck. Dieser kommt nicht vom Bundesrat, sondern bei uns in Freiburg von der Uni und vom persönlichen Umfeld. Wenn ich den Freiraum hätte, mich zu entscheiden, wär ich vermutlich schon geimpft. So warte ich noch ab.

Jakob Spengler: Ich liess mich schon im Februar impfen, weil ich neben dem Studium im Altersheim arbeite und niemanden gefährden will. So stellt sich die Frage nach dem Freiraum nicht gleich wie bei Anic. Für mich eröffnete die Impfung neue Freiräume.

Lisa Willener: Bei mir ists wie bei Anic. Ich habe Mühe, wenn Druck aufgebaut wird und man zu etwas gedrängt wird, von dem man nicht überzeugt ist.

Steiert: Viele Junge sind in der Pandemie depressiv geworden. Wenn man die Kommilitonen nicht treffen kann, fühlen sich viele allein gelassen. Wir werden noch lange mit Long Covid zu kämpfen haben – vor allem mit den psychischen Folgen. Aber zurück zur Impfung: Wir haben die Richtlinien immer so zu legen versucht, dass man sich testen lassen kann, wenn man die Impfung nicht will. 

SI Stammtisch Fribourg, G.Parmelin, S.Bykov, J.Steiert, S.Dinner, W.d.Schepper, J.Spengler, L.Willener, A.Marchand, SI 43/2021

«Im Sport gibts kein Homeoffice. Der Sport und das Eishockey funktionieren im Kollektiv»: Slawa Bykow.

Kurt Reichenbach
«Kultur und Gastro werden sich aber nie ganz erholen»

Sonja Dinner, Sie warnten hier früh vor den Folgen der Pandemie …
Ich bin geprägt von meinen Erfahrungen meiner internationalen Arbeit in der Entwicklungshilfe mit Seuchen wie Dengue-Fieber, Ebola oder Malaria: Pandemien halten sich nicht an Parteiprogramme. Diese eine Pandemie Covid hat Tausende Gesichter, je nach dem, wo die Menschen stehen: medizinisch, wirtschaftlich, altersmässig, mental. Meine Sorge war es, dass sich die Schweiz lange nicht erholen wird. Ganz so schlimm ist es nicht gekommen, viele Branchen wie zum Beispiel der Tourismus haben sich punktuell erholt. Die Verlagerung auf Ferien im Inland tut der Branche gut. Andere Branchen wie zum Beispiel Gastro und Kultur werden sich aber nie ganz erholen. Dabei hatten wir noch nie so viel Geld in der Schweiz wie jetzt.

Parmelin: Gewisse Branchen muss man intensiver begleiten als andere. Und die Jungen darf man nicht allein lassen. Doch die Wirtschaft wird nach Covid nicht mehr die gleiche sein wie vorher. Nehmen wir das Beispiel der Gastronomie. Weil viele Firmen auf Homeoffice setzten, werden die Menschen am Mittag nicht mehr fünfmal pro Woche im Restaurant essen. Wir müssen lernen, mit der neuen Situation umzugehen.

SI Stammtisch Fribourg, G.Parmelin, S.Bykov, J.Steiert, S.Dinner, W.d.Schepper, J.Spengler, L.Willener, A.Marchand, SI 43/2021

«Mir hat die Pandemie einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich wollte an die Ballettschule»: Anic Marchand.

Kurt Reichenbach
«Für den Mannschaftssport wars traurig»

Slawa Bykow, was hat die Pandemie mit den Jungen im Sport gemacht?
Für Mannschaftssportler wars traurig. Das Geschäftsleben kann man digital organisieren. Sport funktioniert meist nur im Kollektiv – gemeinsam kommt man ans Ziel. Sport ist eine positive Droge. Durch das Eishockey habe ich hier meine zweite Heimat gefunden. Ich bin dankbar, hat mich die Schweiz mit offenen Armen empfangen.

Willener: Auch für mich ist der Sport sehr wichtig. Ich spiele Unihockey.

Bykow: Das ist grossartig – fast so gut wie Eishockey (lacht). Willener: Als wir während der Pandemie plötzlich nicht mehr gemeinsam trainieren konnten, fehlte das Wichtigste. Ich vermisste meine Teamkolleginnen.

Text: Thomas Renggli am 29. Oktober 2021 - 17:52 Uhr