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Ein Sommertag mit dem Ski-Star

Wendy Holdener schwelgt mit Freund Nico im Glück

Skirennfahrerin Wendy Holdener kehrt zurück an den Ort ihrer grössten Erfolge: mit Freund Nico Caprez brettert sie auf dem Mountainbike die WM-Piste in St. Moritz hinunter. Statt Gold gibts Liebe.

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Wendy Holdener und Freund Nico Caprez beim Biken. Corviglia, St. Moritz. Foto: Bernard van Dierendonck

Endlich Zeit: Wendy Holdener und Freund Nico Caprez bei einer Bike-Pause im Engadin. Seit neun Jahren sind sie ein Paar, auch wenn sie sich selten sehen.

bernard van dierendonck

«Willst du vorausfahren?» Kaum hat Wendy Holdener den Satz ausgesprochen, ist Nico Caprez auch schon losgeprescht mit dem Bike, den Trail hinunter, Wendy hinterher. Treibt das Paar zusammen Sport, endet das meistens in einem Plausch-Wettkampf; eine kleine Provokation da, ein bisschen Necken dort, viel Lachen. Zwei Sportlerherzen, eine Liebe.

Nun sitzen sie Bike an Bike auf einer Anhöhe, Wendy stützt sich auf dem Oberschenkel ihrer Jugendliebe ab, sie blicken ins Tal bis hinunter zum Silvaplanersee. «Irgendwie ist es hier zu steil», sagt die 26-Jährige, meint damit aber nicht den WM-Flowtrail. Sie sucht die Stelle, an der sie vor zwei Jahren zum ersten Mal Weltmeisterin in der alpinen Kombination wurde. Und danach auch noch Silber im Slalom holte.

«Immer, wenn ich hier hochkomme, entflammt dieses Feuer wieder»

Einen Sessellift weiter findet sie schliesslich die richtige WM-Piste. «In meinem Kopf ist das noch nicht zweieinhalb Jahre her, ist diese Zeit viel präsenter», stellt Holdener fest. Bereits vor dem grossen Ski-Fest hat sie im Engadin viel erlebt, etwa in Trainingslagern. «Immer, wenn ich hier hochkomme, entflammt dieses Feuer wieder, das ich im Februar 2017 spürte.» Die Berge rund um St. Moritz boten ihr damals die grosse Bühne. Weltmeisterin an der Heim-WM, ein Traum!

Obwohl die Schwyzerin mit ihrer Heimat rund um das Skigebiet Hoch-Ybrig eng verbunden ist, schätzt sie auch die Natur im Engadin sehr. Nicht zuletzt, weil es das Daheim ihres Freundes ist. Nico, 28, ist in Silvaplana am Fuss des Juliers aufgewachsen.

Wendy Holdener und Freund Nicol Caprez beim Biken. Corviglia, St. Moritz. Foto: Bernard van Dierendonck

Mittagspause: In der Quattro-Bar auf der Corviglia gibts Flammkuchen für Nico, Wendy und deren Bruder Kevin, 29 (v. l.).

bernard van dierendonck
Nach den Älplermagronen kam es zum ersten Kuss

Vor gut neun Jahren lernten sich die beiden kennen, Wendy hat die Geschichte schon oft erzählt, «weil meine kleinen Cousinen immer danach fragen». Sie hatte sich 2010 für die Junioren-Ski-WM in Frankreich qualifiziert, auch ihr älterer Bruder Kevin war am Start. Als sie im Hotel bei ihm an der Tür klopfte, öffnete sein Zimmernachbar – Nico. Wendy war von seinen blauen Augen begeistert. In den folgenden Wochen schrieben sie sich, und als die Schweizer Meisterschaften dann in Wendys Heimat-Skigebiet stattfanden, lud sie ihn ein, im Voraus mit ihrer Familie Älplermagronen zu essen. Am Rande der Rennen kam es dann etwas abseits der Piste zum ersten Kuss.

Wendy Holdener und Freund Nico Caprez beim Biken. Auf dem WM Flow Trail. Corviglia, St. Moritz. Foto: Bernard van Dierendonck

Hauptsache bergab: Wendy und Nico lieben das Tempo auch im Sommer. Hier auf dem «WM-Flowtrail» hoch über dem Silvaplanersee.

bernard van dierendonck
Neun Jahre Beziehung, aber nur ein Jahr gemeinsame Zeit

Neun Jahre sind eine lange Zeit. «Ich schätze es sehr, dass Wendy trotz aller Erfolge dieselbe geblieben ist», sagt Nico. Obwohl sie beide Sternzeichen Stier sind und einen eigenen Kopf haben, («das merkt man schon e bitzeli»), ergänzen sie sich gut. Alltagsprobleme? Nö. Zusammengerechnet hätten sie sich wohl kaum ein Jahr lang gesehen, witzeln sie.

«Natürlich haben auch wir Hochs und Tiefs, aber die Beziehung ist schon nicht vergleichbar mit jenen unserer Kollegen», sagt Wendy. Denn nicht nur sie reist den Pisten dieser Welt nach, auch Nico ist oft unterwegs. Nachdem er vor sechs Jahren seine eigene Skikarriere beendet hatte, wurde er Unternehmensberater und weilte dafür immer wieder ein paar Monate im Ausland – Abu Dhabi, New York, London. Im August beginnt er nun einen zweijährigen MBA-Studiengang in der englischen Hauptstadt. Viel ändert damit nicht: Die gemeinsame Zeit planen sie per Agenda – und geniessen sie umso mehr.

Wendy Holdener und Freund Nico Caprez beim Biken. Bei der Station Chanterella. Corviglia, St. Moritz. Foto: Bernard van Dierendonck

Schöne Aussicht: Blick von Chantarella über St. Moritz. Es ist Nicos Heimat, er ist in Silvaplana aufgewachsen.

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In den vergangenen Wochen arbeitete Holdener in Magglingen BE an ihrer Kraft und Ausdauer, die Wochenenden verbrachte sie oft mit Nico im Engadin oder zu Hause in Unteriberg SZ. Da muss jeweils ein guter Kompromiss gefunden werden – Wendy soll sich erholen, Nico hat nach einer Büro-Woche das Reissen nach Bewegung. Die Flowtrails ab der Corviglia sind ein perfektes Zwischending: Man kann mit der Bahn hoch und so den Energieverbrauch dosieren.

Candle-Light-Dinner ist nicht so ihr Ding

Eine richtige Draufgängerin ist Holdener auf dem Mountainbike nicht: «Ich fahre immer nur so, dass ich mich wohlfühle.» So ganz kann die Skirennfahrerin dem Tempo aber nicht widerstehen und jagt mit Selbstvertrauen in die Kurven. Auf dem Bike ist Nico schneller; suchen sie eine ausgeglichene Sportart, ist Tennis angesagt. Immer nur Action? Nein, auch die beiden können gemeinsam entspannen, aber ein romantisches Candle-Light-Dinner muss nicht sein. Und wenn, dann ist es Wendy, die «verschätzelet» sei. Beim Stand-up-Paddeln auf dem See am Vortag war sie es, die gesagt hat: So, raus jetzt und gemütlich ans Ufer sitzen. «Nico gibts zwar nicht gerne zu, aber es gefällt ihm dann doch immer», sagt Wendy und lächelt ihn an.

Für die zweifache Weltmeisterin beginnt bereits nächste Woche das Schneetraining, in Italien auf dem Stelvio-Pass und in Zermatt. «Ich liebe den Sommer», sagt die Wasserratte, während sie mitten auf einer Bergwiese eine Pause macht. «Aber in den vergangenen Tagen war es mir dann doch zu heiss.»

Wendy Holdener und Freund Nico Caprez beim Biken. Auf dem WM Flow Trail. Corviglia, St. Moritz. Foto: Bernard van Dierendonck

Auszeit: Wenn sie sich sehen, sind sie meistens in Bewegung. Biken, Tennis und Stand-up-Paddeln sind ihre Favoriten.

bernard van dierendonck

Hier oben auf über 2000 Metern sind die Temperaturen angenehm. Wendy pflückt ein Margritli und beginnt mit dem altbekannten «Er liebt mich ...» – und endet mit «er liebt mich nicht». «Stimmt doch gar nicht», sagt Nico, das Gelbe in der Mitte zähle man nicht dazu! Er liebt sie also doch. Das Margritli hätte es nun wirklich nicht gebraucht, um das zu merken.

Von Eva Breitenstein am 4. Juli 2019 - 18:00 Uhr