Die Vorfreude auf den speziellen Tag ist gross. Der achtjährige Enes Jaberg trägt sogar extra eine neue Frisur – samt einrasiertem Blitz über seinem rechten Ohr. Nun ist es endlich so weit: Der Nachwuchskicker trifft sein Idol – YB-Spieler und neuer Botschafter der Laureus Stiftung Schweiz Christian Fassnacht. Vor lauter Ehrfurcht verschlägt es Enes fast die Sprache, als Fassnacht auf dem Trainingsgelände des FC Weissenstein in Bern auftaucht. Dann flüstert er seinem Kollegen zu: «Seine Frisur sieht ganz anders aus als auf dem Foto.» Doch als Fassnacht den Ball nimmt und auf dem Rasen loslegt, blühen Enes und seine Teamkollegen auf. Dribbeln, sprinten, Pässe üben. Und dann spielen sie, wie von den Kids gewünscht, «alle gegen Fasi».
Das Integrationsprojekt hat die Winterhilfe gemeinsam mit der Roger Federer Foundation aufgebaut. Es ermöglicht und finanziert armutsbetroffenen Kindern in der Schweiz eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung. Die Laureus Stiftung Schweiz unterstützt das Projekt im Sportbereich finanziell.
Am Spielfeldrand schaut Enes’ Vater Sokol Jaberg, 42, zu. Er ist mindestens so glücklich wie sein Sohn. Denn dass Enes – und auch sein kleiner Bruder Benjamin – überhaupt im Verein Fussball spielen können, hat die Familie auch der Zusammenarbeit der Laureus Stiftung mit der Winterhilfe Schweiz zu verdanken. Laureus unterstützt seit 2020 das Projekt «Empowerment Kinder und Jugendliche» der Winterhilfe, welches die Vereinsmitgliedschaft und einen Beitrag an die Ausrüstung für Enes und seinen Bruder bezahlt. «Selber könnten wir uns das nicht leisten», sagt Jaberg, der im Kosovo geboren ist und im Krieg nach Albanien und dann vor 20 Jahren in die Schweiz geflüchtet ist.
Obwohl er 100 Prozent als Fahrzeugreiniger arbeitet – im Schichtbetrieb ab und an auch an Wochenenden und nachts –, ist das Budget knapp. Weil auch seine Frau Vollzeit engagiert ist – sie absolviert eine Ausbildung zur Fachfrau Kinderbetreuung –, müssen die Kinder fünf Tage die Woche fremdbetreut werden. Das geht ins Geld. «Ich bin sehr dankbar für diese Unterstützung», sagt Jaberg. Durch das geregelte Fussballtraining im Verein habe Enes viele Kollegen gefunden und sei selbstständiger geworden. «Er geht immer mit dem Velo und hat noch kein einziges Training verpasst! Und das Wichtigste: Er hat grosse Freude daran.»
Das beobachtet auch Fassnacht im gemeinsamen Training: «Es ist schön zu sehen, wie motiviert und engagiert die Kinder sind. Es berührt mich, das hautnah zu erleben.» Das sieht man auch. Fassnacht hat keine Berührungsängste, bindet Enes die Schuhe oder antwortet auf die Frage «Wie höch chasch du tschutte?» mit vollem Einsatz. Nach eineinhalb Stunden Vollgas ist das Training vorbei. Enes spricht nach wie vor nicht viel. Seine strahlenden Augen sagen mehr als genug.
Christian Fassnacht, wenn Sie sich an Ihre Kindheit zurückerinnern: Welche Rolle spielte der Fussball?
Ich kann mich noch sehr gut erinnern. Ich liebte das Fussballspielen schon immer. Früher, weil ich mich austoben konnte. Ich hatte fast unbändige Energie, rannte hin und her, rauf und runter. Der Sport war also ein super Ausgleich für mich. Zudem konnte ich viele Freundschaften schliessen.
Mit dem Engagement als Laureus-Botschafter helfen Sie mit, anderen Kindern das Sporttreiben zu ermöglichen. Was ist Ihre Motivation?
Ich schätze mich glücklich, dass ich früher alles ausprobieren und machen konnte. Meine Eltern konnten mir das ermöglichen. Ich weiss aber, dass das nicht selbstverständlich ist. Für mich ist es nun umso schöner, dass ich etwas zurückgeben kann.
Welche Fähigkeiten, die Sie im Sport gelernt haben, helfen Ihnen heute im Leben?
Da Fussball ein Teamsport ist, vor allem Teamgeist. Als Egoist kommst du nicht weit! Und: mich durchzubeissen. Mein Weg zum Fussballprofi war alles andere als gradlinig. Der Sport hat mir gezeigt: Es lohnt sich zu kämpfen. Er half mir, an mich und meine Stärken zu glauben, meinen Weg zu gehen.