Als mein Mann Matthias und ich vor zwanzig Jahren in dieses alte Winterthurer Fabrikgebäude zogen, haben wir uns bewusst für einen offenen Grundriss entschieden. In der unteren Etage befinden sich das Wohn- und Schlafzimmer. Die meiste Zeit verbringen wir in der Küche, welche den ganzen oberen Stock einnimmt. Hier ist es wunderschön hell, und im Sommer ist die Schiebetür zur Terrasse meistens offen. Dann wohnen wir quasi im Grünen. Ich liebe alte Gegenstände. So wie den originalen Parkettboden, von dem wir zum Glück einen Teil retten konnten, ehe die Bauarbeiter beim Umbau alles auf die Mulde warfen. Klar, das Holz knirscht, und im Winter zieht es sich zusammen – aber genau das macht unsere Wohnung aus. Bei uns hat alles eine Geschichte. Wie das grosse Buffet, das ich einst in einem Brockenhaus entdeckt habe. Obwohl wir damals noch in einer viel kleineren Wohnung lebten, kaufte ich es einfach. Jetzt passt es perfekt in unsere Küche. So geht es mir auch
mit den kleinen Dingen.
«Klar, der Parkettboden knirscht, und im Winter zieht sich das Holz zusammen – aber genau das macht unsere Wohnung aus. Alles hat eine Geschichte.»
Karin Keller Müller
Nur dass dann mit den Jahren meistens eine Sammlung daraus entsteht – irgendwie kommt immer wieder ein Stück dazu. Wie bei den Porzellandosen, welche ich von meinen Reisen durch Asien nach Hause brachte. Oder den antiken Nagelpolierer mit dem schönen silberen Griff sowie den geschnitzten Berner Bären.
Ein bestimmtes Einrichtungskonzept habe ich nicht. Ich kombiniere gern Stücke, die auf den ersten Blick nicht zusammenpassen. Zum Beispiel einen ausrangierten Strassenwegweiser mit dem Baccarat-Kronleuchter meiner Grossmutter. Oft restauriere ich auch Dinge, welche ich im Brockenhaus oder am Strassenrand finde. Am liebsten Stühle. Diese Leidenschaft habe ich zu meinem Beruf gemacht, als ich vor zehn Jahren eine Polsterwerkstatt eröffnete. Ich muss ganz genau hinhören, um Kundenwünsche richtig zu interpretieren – Geschmack ist individuell. Man muss dabei seinem Bauch vertrauen. Was meiner Meinung nach beim Einrichten nicht geht, sind Kompromisse. Zum Glück gefällt meinem Mann, was ich nach Hause bringe. Zweimal im Jahr miste ich aus und verkaufe selber
am Flohmi – aber nur Kleider. Meine Trouvaillen sind mir heilig.