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Caroline Fux

«Manchmal passt Schokolade besser als Sex»

Keine weiss besser, was bei Herrn und Frau Schweizer im Schlafzimmer läuft. Die «Blick»-Sexberaterin Caroline Fux über Verkehr nach Agenda, Windelfetische und Lustlosigkeit.

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Dario, 16, schreibt: «Meine Mutter denkt, ich sei schwul.» Myriam, 30, möchte wissen, warum ihr Mann sie nicht mehr anfasst. Psychologin Caroline Fux, 32, ist seit einem Jahr Sexberaterin beim «Blick». «Den Job hab ich nur bekommen, weil Fux und Sex so gut miteinander klingen», scherzt sie. «Fux über Sex» hat täglich über eine halbe Million Leserinnen und Leser. Und schocken kann die Zugerin eigentlich nichts mehr.

Schweizer Illustrierte: Frau Fux, zuerst mal, werden die Fragen wirklich von Lesern gestellt?
Caroline Fux: Ja, die Fragen sind tatsächlich alle echt. Da ist nichts erfunden.

Die landen so in Ihrer Mailbox?
Nein, nicht ganz. Ich bekomme lange E-Mails, was für mich ganz gut ist. Besonders bei Beziehungsfragen brauche ich ja Details. Ich erlaube mir auch mal, aus einem Mail mehrere Fragen zu machen.

Was nimmt denn die Leser am meisten wunder zum Thema Sex?
Im Kern wollen die Leute einfach wissen, ob sie normal ticken. Im Bett, in der Beziehung.

Vor Kurzem gestand Ihnen ein Leser, dass er sich gerne von seiner Freundin wickeln lässt. Ist das zum Beispiel normal?
Normalität ist natürlich auf verschiedene Weisen definierbar. Beim Fetisch im psychologischen Sinn ist das Problem, dass die Leute keine andere Sexualität mehr leben können ohne ihren Fetisch. Und der wird oft immer spezifischer, man kann auch sagen, immer krasser. Wer aber eine Vorliebe in sein Leben, seine Partnerschaft integrieren kann und keine Not oder Schaden anrichtet, der soll das ausleben dürfen, finde ich.

Welche Fragen beantworten Sie am liebsten?
Der Mix machts aus. Ich mag Beziehungsfragen, aber auch wenn sich jemand traut, einfach mal zu fragen, wie etwas funktioniert.

Zum Beispiel?
Der Klassiker? Wenn jemand neugierig ist, Analsex auszuprobieren. Das kann - das Wortspiel drängt sich auf - sehr «hinne usegah». Aber wenn man zwei, drei Dinge beachtet, kann das sehr bereichernd werden für die Sexualität.

Wozu raten Sie denn?
Man kann nicht zu viel Gleitmittel benutzen. Und den Moment sollte man wirklich zusammen gestalten, damit beginnt man ja nicht einfach so (Pause). Ah ja, Hygiene ist auch sehr wichtig!

Das Sexleben einer Sexberaterin stellt man sich sehr experimentell vor.
Ich finde es schön, wenn man über Sex spricht. Aber ich finde nicht, dass man mit der gesamten Welt über den eigenen Sex sprechen muss. Es ist kein Zufall, dass ich nicht über meine Sexualität spreche. Ich rate sogar ab, uneingeschränkt mit der besten Freundin darüber zu sprechen.

Warum das?
Weil Sex etwas Privates ist.

Ein Tabu?
Ja natürlich, selbst der ganz brave Blümchensex in der Missionarsstellung ist noch immer ein Tabu. Aber ein Tabu ist doch erst dann ein Problem, wenn es einen zurückhält, das zu finden und zu leben, was man eigentlich gerne möchte.

Was fasziniert Sie so am Thema Sex?
Sex ist ein Teil vom Leben - von uns allen. Wir sind alle daraus entstanden. Es ist eine Quelle von Befriedigung - im wahrsten Sinne des Wortes.

Gibt es Leserfragen, die Sie noch schockieren können?
Ich wundere mich immer wieder. Und ärgere mich manchmal auch, wenn sich jemand in eine Beziehung verstrickt hat, wo man wirklich denkt: «Jesses, da ist einiges schiefgelaufen.» Aber schockiert, sodass ich keinen Rat weiss, das bin zum Glück sehr selten.

Wie hat Ihre Familie reagiert, als Sie Sex-Beraterin beim «Blick» wurden?
In meinem Umfeld haben alle gesagt: «Doch, da passt du hin.» Meinem Grosi habe ich es vor ihrem Haus gesagt. Der Nachbarsbub - er ist mittlerweile auch schon über vierzig - war auch da. Sie meinte zu ihm: «Gell, Stefan, das lesen wir dann. Also für dich ist es spannender. Für mich ist das Thema abgeschlossen.»

Wie wurden Sie aufgeklärt?
Meine Eltern und überhaupt die ganze Familie waren sehr entspannt, was das Thema betraf. Ich konnte immer alles fragen, was mich interessierte.

Heute klären sich Jugendliche im Internet auf. Ist Youporn.com das neue Aufklärungsbuch?
Youporn ist ums Himmels willen keine Aufklärung! Zuverlässige Studien zeigen, dass Pornografie für Jugendliche vor allem dann problematisch ist, wenn sie der erste Kanal ist, über den sie mit Sexualität in Kontakt kommen. Das ist, wie wenn ich in einem geschlossenen Raum wohne und man mir Zeichnungen von der Welt zeigt. Die Welt ist nicht gezeichnet, sie schaut anders aus.

Was empfehlen Sie zur Aufklärung?
Ich bin ein grosser Fan des Buchs «Make Love». Als ich es zum ersten Mal geöffnet habe, landete ich natürlich gleich einen Treffer. Auf der Seite war ein Foto eines erigierten Penis abgebildet. «Oh, hallo!» Es ist explizit. Aber das ist doch gerade das, was man als Teenager will.

Wie reagieren die Arbeitskollegen in der Redaktion auf Sie?
Ich meine mich zu erinnern, dass es vielleicht am Anfang ein Stigma war, mit mir einen Kaffee zu trinken. Ich kann aber sehr wohl über andere Dinge sprechen als über Sex (lacht).

Haben Sie einen Schoggi-Job?
Nicht nur, nein. Ich habe mit Problemen und Schicksalen zu tun. Ich nehme jedes Mail absolut ernst und hinterfrage intensiv, bevor ich einen Rat weiss.

Bei Paaren, die keine Erotik mehr teilen, raten Sie zum Beispiel zu Sex nach Agenda.
Ja, wir nehmen uns Zeit für Sport, für die beste Freundin, haben einen Termin in der Autogarage, beim Arzt oder in der Massage. Aber für Sex nehmen wir uns nie explizit Zeit. Schade, nicht?

Und was, wenn das der Lust auch nicht auf die Sprünge hilft?
Lustlosigkeit? Das ist leider total tabu. Dabei gibt es Phasen im Leben, wo alles andere wichtiger ist als Sex. Das ist völlig okay. Da muss keiner «Trauma, Trauma!» schreien. Manchmal passt Schokolade einfach besser als Sex.

Wie oft pro Woche springen Schweizerinnen und Schweizer in die Kiste?
Halt! Da kommen wir zu Studien, denen ich nicht traue. Es wird unglaublich viel gelogen, was dieses Thema anbelangt. Wer blufft da nicht alles mit seinen fünf Mal pro Woche! Die Frequenz spielt doch gar keine Rolle. Wichtig ist, dass es für beide stimmt.

Wirkt Ihr Job eigentlich an- oder abtörnend auf Sie?
(Studiert.) Ich glaube, ich muss so lange überlegen, weil er weder das eine noch das andere ist. Für mich ist das ein ganz normaler Job… meistens schön, oft auch anstrengend. Dann ist mein Job insofern abtörnend, als dass ich manchmal kaputt heimgehe und nicht die Laken stürme (lacht).

Von Yvonne Zurbrügg am 1. November 2013 - 16:11 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 18:11 Uhr