Es war ein fröhlicher Mitsummsong, der Caroline Chevin, 38, landesweit bekannt machte. Mit «Back In The Days» hielt sich die Sängerin aus Weggis LU 80 Wochen in den Airplay-Charts. Und zur Krönung bescherte ihr der Song 2011 einen Swiss Music Award. Sie war damals verliebt und soeben mit ihrem Freund in Affoltern am Albis ZH zusammengezogen. Dann der grosse Bruch: die Trennung von ihrem Freund. «Wir waren zwei Jahre zusammen. Irgendwann hat es einfach nicht mehr gepasst.» Und in derselben Zeit der Abschied von ihrem Vater, der mit knapp 80 Jahren gestorben ist. In der Zeit, in der sie ihn bis zu seinem Tod begleitete, hat sie erfahren, wie tröstend Musik wirken kann. Wenn sie sich mit der Gitarre hinsetzte, ihre Gefühle und Gedanken niederschrieb. Ganz allein, im abgelegenen Haus der Eltern einer Freundin oberhalb von Walenstadt SG. «Ich bin jemand, der vieles am liebsten mit sich selber ausmacht.» Das sei typisch für ihr Sternzeichen Krebs: «Ich bin sensibel, und wenns mir nicht so gut geht, ziehe ich mich zurück.» Sich allein durchzuschlagen, hat sie ausserdem auf Reisen gelernt. Etwa als sie drei Monate durch Australien trampte.
Trotzdem: In schwierigen Zeiten besinnt sie sich auf ihre Herkunft. «Ich bin verwurzelt in Weggis, da habe ich meine Freunde und meine Familie.» Und da kann sie «bödele», immer wieder Boden unter den Füssen fassen. «In Weggis bin ich für alle ganz die Alte, und die Leute können sich mit mir über meinen Erfolg freuen.»
Schon während ihrer KV-Lehre auf der Bank tourt Caroline Chevin von Weggis aus mit diversen Coverbands durch die Zentralschweiz. Nach der Lehre arbeitet sie nur ein Jahr Vollzeit bei der Bank, nachher reduziert sie ihr Pensum, träumt davon, ganz von der Musik zu leben. Der Gedanke setzt sich in ihr fest, bis sie sich 2002 ein Herz fasst. Am Morgen, als sie es ihrem Chef mitteilen will, fragt dieser als erstes: «Du willst aber nicht etwa künden?»
Sie will. Und sie gibt sich ein bis zwei Jahre, um als Berufsmusikerin Fuss zu fassen. Singt zeitweise in acht Bands zugleich. Anfangs hilft sie noch sporadisch in der Bank aus. Ab 2006 kann sie schliesslich ganz von ihrer Stimme leben. Indem sie auch Radio-Jingles singt und Werbespots spricht.
Einen Schritt weiter geht sie 2007, als sie die weibliche Hauptrolle im Musical «Ewigi Liebi» spielt. Abends ist Caroline Chevin im Theater engagiert, tagsüber schreibt sie Songs. Ihre ersten eigenen Songs! Und nimmt nach fast zwei Jahrzehnten auf der Bühne ihr erstes Soloalbum auf: «Feel Real». Zwei Jahre später gelingt ihr der Durchbruch mit «Back In The Days». Und nun die Weiterentwicklung mit «Hey World».
Die besten Songs entstehen, wenns einem nicht so gut geht, «das sagen alle grossen Songwriter, und das kann ich jetzt bestätigen», sagt Caroline Chevin. «Wenns einen so richtig durchschüttelt, bietet die Musik ein Ventil für die Emotionen.»
Sie freut sich, nach der langen Arbeit im stillen Kämmerlein nun auf die Bühne zurückzukehren. Auch wenn sie weiss, dass dann all die Emotionen vom Abschied wieder hochkommen werden. «Musik ist immer an Emotionen geknüpft. Es ist wie bei einem schönen Feriensong: Wann immer er erklingt, bringt er einem die Ferien zurück.» Und wann immer Caroline Chevin singt, sind Emotionen garantiert.