Immer grösser, immer spektakulärer – Wessen Marke erfolgreich sein soll, setzt längst nicht nur auf schöne Mode. Auch das Drumherum muss möglichst aussergewöhnlich daher kommen. Pionier dieser Extravaganz war Karl Lagerfeld. Für seine Fendi-Kollektion liess er einst sogar einen Teil der Chinesischen Mauer sperren. Und auch für die Fashion Shows des französischen Traditionslabels Chanel ging es stets hoch hinaus. Schaffte man es auf die sorgfältig kuratierte Gästeliste, sorgte der verstorbene Kreativkopf dafür, einen von Saison zu Saison in neue Sphären zu katapultieren. Die Raumstation inklusive meterhoher Rakete, ein Bonbon-farbener Supermarkt oder ein Flughafenterminal waren nur wenige der vielen Highlights dieser Events.
The sky is the limit
Ein Prinzip, das auch nach Lagerfelds Tod noch Modebegeisterte aus aller Welt an die Chanel-Schauen zieht. Denn auch Virginie Viard, neue Kreativchefin des Hauses, sorgt mit ihren Set Designs für Aufsehen. Mit gigantischer Bibliothek und dem «Chanel»-Hollywood-Sign schaffte es die Französin, zwar den hohen Standard ihres Vorgängers zu halten, ein Übertreffen blieb bis dato aber aus.
Um in der Welt von schnelllebiger Mode etwas Besonderes zu sein, reicht Requisite allein nicht. Denn neben Chanel setzen inzwischen auch andere Brands auf die Idee der prunkvollen Präsentation. Wie man es trotzdem schafft, alle Blicke auf sich zu ziehen? Mit berühmten Models und einem Pferd! Für die Chanel-Haute-Couture-Spring/Summer-Kollektion für 2022 zückte Viard jetzt nämlich gleich zwei Joker: Monegassin Charlotte Casiraghi und Stute Kuskus. Als das Duo die Show zur dramatischen Geigenmusik eröffnete, stockte den Gästen der Atem.
Pferd auf dem Runway – Ekstase oder Entsetzen?
Die Meinungen über den Auftritt sind gespalten. Während sich die einen vor Begeisterung nicht mehr einbekommen, toben die anderen. Wie können es Charlotte Casiraghi, Tochter von Caroline von Hannover und Stefano Casiraghi, und Virginie Viard verantworten, ein lebendiges Pferd über den Laufsteg zu schicken? Schliesslich sind die laut Tierschützer*innen dafür bekannt, durch grosse Menschenmengen gestresst zu sein. Für die Kritiker*innen ein No-Go. So heisst es unter einem Posts des Instagram-Enthüllungs-Accounts Diet Parda etwa: «Absolut grausam. Tieren als Accessoires, Requisiten, Objekte und Produkte zu benutzen, ist unethisch!» und «Armes Pferd. Es sieht so aus, als wären die Zügel so stramm, dass das es nicht mal seinen Hals strecken kann.»
Auf der anderen Seite ernten Casiraghi und Viard aber auch viel Lob für ihre Inszenierung. Vor allem das Who is Who der Influenceri*nnen scheint durch die Bank weg positiv gestimmt zu sein. Immerhin flutet das Video der Monegassin samt Pferd die Insta-Bubble wie kein zweites. Für die Modebegeisterten alles halb so wild. Schliesslich sei Charlotte eine erfahrene Springreiterin und Kuskus ein Turnierpferd, das mit der Präsenz von Publikum umgehen kann.
Welche Meinung man über den speziellen Auftritt auch vertritt, eins bleibt unbestritten: Chanel hat es mit der reitenden Charlotte Casiraghi mal wieder geschafft, in aller Munde zu sein – und das scheint heute ja nunmal die Hauptsache zu sein.