Dass weniger mehr ist, beweist uns die Modebranche jede Saison aufs Neue. Gerade sind ultrakurze Röcke das Nonplusultra und auch Cut-Outs geben nach wie vor den Ton an. Jeremy Scott hat uns an der Mailänder Fashion Week just die Cut-Out-2.0-Variante auf dem Laufsteg präsentiert: Ein Jupe, der den Blick nicht etwa auf die Schultern oder den Bauch, sondern auf den blanken Hintern freigibt. Das fehlende Stück Stoff inszeniert ihn geradezu.
Wie alltagstauglich der Look ist (oder auch nicht) beweist Anitta. Die brasilianische Sängerin ist die Erste, die mit dem schwarzen Po-Rock in Paris abgelichtet wurde. Absicht oder nicht: Mit ihren kniehohen Stiefeln, die ihr Beine verdecken, lenkt die Brünette unsere Blicke zusätzlich auf ihre beiden Backen. Auf Insta wird sie mit Komplimenten überhäuft und auch wir sind auf den Po gekommen...
Besser gut ausgezogen als schlecht angezogen
Wenn sich der Bauarbeiter nämlich bückt und seine Poritze zeigt, empfinden wir nichts. Fremdscham vielleicht, aber die ist schnell wieder vergessen. Wenn Rihanna ihren (viel schöneren) Po zeigt, dann schlägt das Wellen. Das ist einerseits gut, weil der Sache Relevanz zugesprochen wird. Aber man unterstellt ihr damit Geltungssucht und Obszönität. Nun hat die Sängerin aber niemanden sexuell belästigt oder zu irgendwas verführt, sondern nur den weiblichen Körper gezeigt. Und der ist – wie der männliche – nichts weiter als ein gut gepflegtes Gefäss, auf das Rihanna völlig zu Recht stolz ist. Das tief ausgeschnittene Rückendekolleté und Po-Cut-Outs mögen ein seltsamer Trend sein, sind aber auch die ultimative Essenz der sexuellen Befreiung.
Nachdem Popstar Rihanna 2014 in einem komplett durchsichtigen Kleid zu den CDFA Awards in New York erschien, sagte der amerikanische Designer über seinen Hauch von nichts: «Wir wollten definitiv einen kleinen Skandal. Das Kleid besteht nur aus Fischnetz, Kristallen und ein paar gedrückten Daumen. Aber in der Mode geht es in erster Linie um Schönheit – und der Körper ist ein Teil davon.» Riris nackter Körper funkelte wie ein virtuos geschliffener Diamant. Sie trug ein ebenso schimmerndes Kopftuch und eine Pelzstola. Aber man sah ihre Brüste. Man sah ihren Po. Na und?
Auch «Charmed»-Star Rose McGowan machte von sich reden, nach dem sie 1998 lediglich in feine Ketten gelegt auf dem roten Teppich der MTV Video Music Awards aufschlug. Den Wirbel um ihre Person kommentierte die Schauspielerin folgendermassen: «Oh Hollywood, ihr wollt einen Körper, den ihr benutzen und dann wegwerfen könnt? Dann hab ich hier einen für euch.» Wir lesen Ironie. Wir spüren eine Arsch-lecken-Haltung. Die braucht man, um ein Po-Dekolleté zu tragen. Und die ist gut so. In welch guter Gesellschaft Anitta, Rihanna und Rose McGowan sind, seht ihr hier:
Was hat uns die Pop-Po-Silhouette also gelehrt?
Dass, egal wie unverschämt oder scheinbar geschmacklos ein Modestatement sein mag, es immer eine unterschwellige Botschaft zu enthüllen gibt. Die Selbstdarstellung selbst, die die traditionellen Grenzen der patriarchalischen und gesellschaftlichen Erwartungen überschreitet, ist immer auch ein Befreiungsschlag. Ob man das nun für stilsicher halten mag oder nicht: Ihren Platz in der historischen Entwicklung der Mode haben sich das tiefe Rücken-Dekolleté und Gesäss-Cut-Outs zu Recht verdient.
Und jetzt: schönes Wochenende & a doPo!