Dieses fantastische Stück beginnt mit einer Geschichte aus dem Leben. Sie wurzelt im tiefsten Oberbayern, an einer Hochzeit, auf der Forstgrün vorherrschte und das Nachschenken kein Ende fand, auch wenn das Glas längst übergeschwappt war. Auf der man auf Bierbänken tanzte und viel grölte. Bevor man wusste, wie eng man taumelnd (eigentlich tanzend) zusammenrücken würde, war es kalt. Auf den Bergen lag Schnee, unten regnete es, alles war irgendwie klamm. Da hautfarbene Strumpfhosen optisch Tod und Verderben bedeuten, fragte man sich: Was tragen unterm Dirndl? Im Schrank bei den Eltern mottete die eierschalenfarbene Angora-Skiunterwäsche von früher. Sie rettete mein Leben. Ich trug sie also bis zum Knie hochgeschoben und hob, als eine andere fröstelte, vor meinen Freundinnen den Rock. «Sieht gut aus», sagte mein Gegenüber zu meinem Erstaunen. Dass das vielleicht tatsächlich kein Scherz war, führt mir jetzt Kim Kardashian vor Augen.
Was der Reality-Star trägt, ist nicht aus Angora, sondern aus Baumwolle. Es ist keine lange Ski-Unterhose, sondern eine «Thermal Leggings». Und Kim ist nach dem Foto vermutlich auch auf keine Hochzeit mit Aufführung des örtlichen Trachtenvereins gegangen, sondern in einen Raum mit vielen Bildschirmen, um die Aufnahme zu bearbeiten. Aber ich glaube fast, wir haben endlich was gemeinsam. Es ist nicht der Körper, nicht der Kontostand, es ist das Verständnis, dass Wohlfühlen sexy ist. Sogar dann, wenn an der wollweissen Hose der Eingriff ausgebeulter Männerunterhosen angedeutet ist.
Nach der Shape Wear kommt die Ski Wear (ich weiss, es ist keine, klang halt gut). Bequem ist angeblich beides, aber während der erste Drop noch dazu bestimmt war, sämtliche Körper dieser Welt in eine bestimmte Form zu quetschen, ist die «Skims Cotton Collection», die es ab 15. Oktober online zu kaufen gibt, nun einfach zum Lümmeln da. Es gibt T-Shirts, Tank Tops, eben Leggings, BHs, Slips und sogar Boxershorts aus mollig-weichen Naturfäserchen.
Es ist die Unterwäsche meiner Träume. Als Teenager kaufte ich Feinripp-Männerunterhosen im Dreierpack, wann immer ich in der Grosstadt war. Und ich fühlte mich darin gut, auch wenn der Eingriff wegen des fehlenden Penisses vielleicht irgendwie unpraktisch war. Ich fühlte mich so gut, wie ich mich in einem String-Tanga niemals hätte fühlen können. Inzwischen sehe ich ein, dass das nicht funktioniert, wenn man nicht will, dass sich unter gewissen Kleidungsstücken etwas abzeichnet. Aber geht es nur drum, sich sexy zu fühlen – dann ist der String-Tanga raus.
Als sich Carrie Bradshaw in «Sex and the City» mit Aiden in Feinripp (mit Eingriff) die Zähne putzte – war das nicht auch irgendwie ikonisch? Trotz labbrigem Stoff? Weil Vertrautheit sexy ist?
Wie auch immer: Kim Kardashian baut mit «Skims» die Männerunterhose nach. Und bastelt alles aussenrum, was dazu passt. In Materialien, die nicht zwicken. Damit wir potenziellen Kundinnen unseren Körper mehr geniessen können. Manche Boys mögen erst mal ächzen. Meine stark geliebte, verwaschene Frottee-Unterhose, die vom Oberschenkel bis zum Bauchnabel reicht, wurde noch nie für gut befunden. Vielleicht liegts am Grauschleier, vielleicht auch an der Tatsache, dass ... keine Ahnung eigentlich. Je fröhlicher das Weib herumturnt, umso besser, müsste man meinen. Happy wife, happy life und so.
Ebenso wenig wird in langer Unterhose demnächst gejammert. Bald kommt nämlich die Glühwein-Saison. Sexy ist mehr als ein nackter Arsch mit Gänsehaut. Und Kim Kardashian hat nicht nur selbigen in sehr gross sehr erstrebenswert gemacht, sondern auch Jogging- und Radlerhosen. In diesem Sinne: ein Prosit der Gemütlichkeit, Kim!