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Mittelklasse

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Es gibt einen neuen Blog auf SI Online – von einer alten Bloggerin. Beziehungsweise ist Sandra C. altermässig erst im Mittelfeld, aber sie ist als jahrelange Schreiberin des Familienblogs eine erfahrene SI-Bloggerin. Auf den «Ganz normalen Wahnsinn» des Familienlebens folgt, sozusagen naturgemäss, die «Mittelklasse», das Leben im mittleren Alter. Wir wünschen viel Vergnügen.

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Sandra Casalini Blog der ganz normale Wahnsinn

Die Kinder sind erwachsen – bleiben noch Küche und Karriere. Und es kommen neue Dinge dazu im Leben – zum Beispiel Wechseljahre. Und Katzen.

Lucia Hunziker

Vielleicht kennt ihr mich von meiner vorherigen Kolumne «Der ganz normale Wahnsinn». Aber auch dann kennt ihr nur eine Seite von mir: die Mutter. Nun, da meine Kinder zwar noch bei mir wohnen, aber erwachsen sind, ist es an der Zeit, herauszufinden, wer ich sonst noch bin. Nicht nur für euch, sondern auch für mich selbst. Denn ich gestehe, dass ich mich in den vergangenen zwanzig Jahren öfter mal ein bisschen verloren habe in der Mama-Rolle. Allerhöchste Zeit, mich zu finden.

Ich stelle mich euch also erst mal vor. Zuerst das Wichtigste: Ich bin 48 Jahre alt. Das Alter, in dem man beim Blick in den Spiegel nicht mehr «Klasse» denkt, sondern halt nur noch so «Mittelklasse». Mit der bröckelnden Fassade werden die inneren Werte wichtiger – wenn man nur wüsste, welche. Zuverlässig sei man im mittleren Alter, hab ich mir sagen lassen, vielseitig, und man verpuffe nicht mehr ganz so viel Energie. Eben wie ein guter Mittelklasse-Wagen. Sagen wirs mal so: Ich arbeite dran. Fakt ist: Wenn ich in meinem zuverlässigen, vielseitigen Hyundai auf der Autobahn hinter all den Mit-hundert-km/h-auf-der-linken-Spur-Fahrern daherschleiche, verpufft mein Auto definitiv weniger Energie als ich beim Mich-Aufregen.

«Ich plante, das Singleleben niemals aufzugeben, und mir irgendwann, wenn die Kinder ausgezogen sind und mir das Daten zu doof geworden ist, einen hübschen Hund zur Gesellschaft zuzulegen.»

Weitere Eckdaten über mich: Zum körperlichen Zerfall gesellen sich die Wechseljahre, mit denen ich – und mein Umfeld – mal besser, mal schlechter zuerchtkommen. Es gibt Tage, an denen ich das Gefühl habe, ich blute aus, solche, an denen ich fast aus meiner Haut platze, und solche, an denen mir Knochen und Gelenke weh tun, von denen ich nicht mal wusste, dass sie existieren (diese verbuche ich auf der positiven Seite unter «anatomische Weiterbildung»). Aber es gibt auch Tage, an denen mir nichts weh tut – nicht mal der Hallux valgus am linken grossen Zeh. Dieser steht seit geraumer Zeit schief, was wohl aufs zu häufige Tragen von hohen Hacken in jungen Jahren zurückzuführen ist, was heute etwas vom Wenigen ist, das ich bereue im Leben. Das, und dass ich als junge Frau, vor allem aber als junge Mutter, nicht mehr für mich selbst eingestanden bin, in jeder Hinsicht.

Neue Liebe, Katzen inklusive

Seit fünf Jahren bin ich nach zwanzig Jahren Beziehung vom Vater meiner Kinder getrennt. Die Trennung war, um im Autojargon zu bleiben, ein Totalschaden für mich. Emotional und finanziell. Ich leide immer noch, auf beiden Ebenen, aber ganz langsam bin ich auch wahnsinnig stolz auf mich und darauf, was ich in den letzten Jahren allein gestemmt habe. Drei Jahre lang habe ich «gedatet» – vielleicht erzähle ich euch dann mal die eine oder andere Anekdote aus dieser Zeit –, und fand das Singleleben grossartig. Ich plante, dieses niemals aufzugeben, und mir irgendwann, wenn die Kinder ausgezogen sind und mir das Daten zu doof geworden ist, einen hübschen Hund zur Gesellschaft zuzulegen.

Und dann passierte etwas, womit ich in keiner Art und Weise gerechnet habe: Vor zwei Jahren habe ich mich neu verliebt. Einfach so. Mit dem neuen Mann in meinem Leben musste ich den Hund begraben – also den Traum davon –, da er stolzer Besitzer von zwei Katzen ist. Ich wurde also von der katzenfreien Frau mit Kindern zur Frau mit Teilzeit-Kindern und Teilzeit-Katzen. Soweit der Stand der Dinge. Ich würde mich freuen, wenn ihr euch ab und zu updaten mögt, was so läuft in der «Mittelklasse».

Familienbloggerin Sandra C.
Sandra CasaliniMehr erfahren
Von Sandra Casalini am 29. September 2024 - 07:30 Uhr